Rz. 173

Bei Gewerbe- und Handelsbetrieben wird im Regelfall auf die Ertragswertmethode zurückgegriffen. Das Ertragswertverfahren ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH[1] im Regelfall auch geeignet, um zur Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu gelangen.

 

Rz. 174

Bezüglich der Bewertung einer freiberuflichen Praxis im Rahmen des Zugewinnausgleichs hat der BGH[2] sich nunmehr festgelegt, dass die Bewertung nach zwei Komponenten erfolgen soll (modifiziertes Ertragswertverfahren). Maßgeblich sind demnach der Substanzwert sowie der Goodwill. Zunächst ist der Substanzwert festzustellen. Er ist mit dem Wert zu bemessen, der im Falle eines Praxisverkaufs auf den Rechtsnachfolger übergeht. Daneben ist aber insbesondere auch der Goodwill zu berücksichtigen. Mit dem Goodwill werden die immateriellen Faktoren der freiberuflichen Praxis wie Standort, Art und Zusammensetzung der Mandanten/Patienten, Konkurrenzsituationen und ähnliche Faktoren erfasst, soweit sie auf einen Nachfolger übertragbar sind. Bei freiberuflichen Praxen ist dieser Goodwill aus dem bereinigten Ertrag der letzten 3 bis 5 Jahren zu ermitteln. Von dem so ermittelten Ausgangswert sind dann der subjektive Unternehmerlohn sowie die latenten Steuern in Abzug zu bringen. Der subjektive Unternehmerlohn ist in jedem Einzelfall zu ermitteln. Hintergrund hierfür ist, dass der Wert ausgenommen werden soll, der auf dem persönlichen Einsatz des Inhabers beruht und nicht auf einen Übernehmer der Praxis übertragbar ist. Ausgangswert ist der Tariflohn angestellter Freiberufler, erhöht um einen Arbeitgeberzuschlag für die Lohnnebenkosten sowie ggf. erhöht wegen der besonderen Fähigkeiten bzw. des besonderen Rufes des einzelnen Inhabers. Der BGH hat in dieser Entscheidung endgültig bekräftigt, dass latente Veräußerungssteuern abzuziehen sind, unabhängig davon, ob in dem konkreten Fall die Praxis verkauft wird oder auch nur werden soll.

 

Rz. 175

Diese Rechtsprechung des BGH ist auf andere freiberufliche Praxen, insbesondere Rechtsanwaltskanzleien, Patentanwaltskanzleien, Steuerberater- und Wirtschaftsprüferpraxen, Arztpraxen, übertragbar.

 

Rz. 176

Bei Handwerksbetrieben wird in der Regel auch zunächst der Sachwert ermittelt. Allerdings können Handwerksbetriebe auch einen sogenannten Goodwill haben – dies setzt aber voraus, dass derartige Betriebe überhaupt in nennenswertem Umfang veräußert werden und dann bei einer entsprechenden Veräußerung Preise erzielt werden, die über den reinen Sachwert der Einrichtung hinausgehen. Davon ist bei kleinen Handwerksbetrieben, die im Wesentlichen aus ihrem Inhaber und einigen wenigen Angestellten bestehen, nicht auszugehen – bei Mittel- und Handwerksbetrieben mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern kann dies aber bereits anders aussehen.

 

Rz. 177

Für die Bewertung eines Land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist auf die Sonderregelung des § 1376 Abs. 4 BGB hinzuweisen. Der Begriff "landwirtschaftlicher Betrieb" des § 1376 Abs. 4 BGB entspricht dem u. a. in §§ 3212, 2049 BGB verwendeten Begriff des "Landgutes", wobei es sich nach h. M. um eine Besitzung handelt, die eine zum selbstständigen Betrieb der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht oder der Forstwirtschaft geeignete und bestimmte Wirtschaftseinheit darstellt und die mit den nötigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden verbunden ist.[3] Nach § 1376 Abs. 4 BGB gilt für einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb, den der Ehegatte oder ein Abkömmling weiterführt, der Ertragswert. Nach der Legaldefinition des § 2049 Abs. 2 BGB ist der Ertragswert der Reinertrag, den das Landgut nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann. Der Reinertrag definiert sich dabei als Rohertrag abzüglich des betrieblichen Aufwandes.

 

Rz. 178

Bei der Handelsvertretung sind die Ausführungen unter dem Punkt "Versicherungsagentur" zu beachten.

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