Rz. 45

§ 1379 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz BGB gibt jedem Ehegatten außerdem das Recht, dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Dieses Recht auf Wertermittlung ist ein zusätzlicher, neben der Forderung auf Auskunft bestehender besonderer Anspruch bezüglich des Trennungs-, Anfangs- und Endvermögens

In der Praxis wird dieser Anspruch selten gesondert geltend gemacht. Er hilft dem Auskunftsberechtigten in der Regel auch nur bedingt weiter, denn der Anspruch unterliegt nach der Rechtsprechung beachtlichen Grenzen. So muss der auf Wertermittlung in Anspruch genommene Ehegatte zwar den Wert der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zuverlässig ermitteln und angeben, dies allerdings nur soweit, als er dazu imstande ist.[1] Der Auskunftspflichtige muss in Ausgestaltung des Wertermittlungsanspruchs durch die Rechtsprechung die erforderlichen Unterlagen vorlegen, eine Besichtigung des zu begutachtenden Gegenstandes durch den Sachverständigen dulden und in sonstiger Weise an der Bewertung mitwirken, damit der Auskunftsberechtigte die Vermögensgegenstände und die Verbindlichkeiten selbst bewerten kann. Der Wertermittlungsanspruch befreit den Auskunftsberechtigten aber nicht von dem regelmäßig größten Problem: der Kostenlast. Dem Auskunftspflichtigen kann nämlich nicht die Pflicht auferlegt werden, die Vermögensgegenstände auf seine Kosten begutachten zu lassen. Dies gilt insbesondere für Grundeigentum.[2] Begründet wird dies damit, dass den Interessen des auskunftsberechtigten Ehegatten nicht ausreichend gedient sei, wenn der Auskunftspflichtige einen Sachverständigen bestellt, bezahlt und dann dessen Gutachten übermittelt, da der Berechtigte dem vom Schuldner beauftragten Sachverständigen nicht in gleicher Weise vertrauen würde wie einem selbst ausgewählten Sachverständigen.[3] Ferner würde der Schuldner über Gebühr belastet werden, wenn er auf seine Kosten Sachverständigengutachten beibringen müsste.

 

Empfehlung:

Hier liegt in der Praxis oftmals das Problem: Der Auskunftspflichtige hat zwar die Auskunft erteilt und auch entsprechende Belege beigebracht, der Wert einzelner Positionen ist jedoch völlig unklar.

Beispiel:

Der Ehemann verfügt über zwei vermietete Immobilien in Norddeutschland und ist zu 70 % an der X-GmbH beteiligt. Für die GmbH legt er die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre, die dem Stichtag vorausgegangen sind, vor. Auch bezüglich der Immobilien nennt er sämtliche wertbildenden Faktoren.

In einer derartigen Situation sind in der Regel weder der Auskunftsempfänger noch sein Rechtsanwalt in der Lage, den Wert der Immobilien und der GmbH-Beteiligung richtig zu ermitteln. In der Folge kann der Zugewinn des Gegners und damit die Zugewinnausgleichforderung nicht berechnet werden, was die Frage nach der weiteren Vorgehensweise aufwirft.

In derartigen Konstellationen bietet es sich an, nicht etwa vorrangig auf Schätzungen oder Privatgutachten, sondern auf das selbstständige Beweisverfahren gemäß § 485 ZPO zurückzugreifen.[4] Nach dieser Vorschrift kann außerhalb eines Rechtsstreits jede Partei die Einholung eines Sachverständigengutachtens verlangen, falls sie den Wert der Sache feststellen lassen will. Die Partei muss lediglich ein rechtliches Interesse nach § 485 Abs. 2 Nrn. 1 – 3 BGB haben, welches bereits dann anzunehmen ist, falls die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreites dienen kann.

Wird ein solches Vorgehen ins Kalkül gezogen, muss darauf geachtet werden, dass kein Hauptsacheverfahren anhängig ist, d. h. der Zugewinnausgleich nicht bereits im Scheidungsverbund oder im Rahmen eines gesonderten Verfahrens geltend gemacht wird. In diesem Fall wäre das selbstständige Beweisverfahren nicht zulässig, weil die Voraussetzung "außerhalb eines Rechtsstreits" nicht vorliegen würde. Ein reines Auskunftsverfahren ist hingegen unschädlich.

Die Vorteile des selbstständigen Beweisverfahrens liegen insbesondere darin, dass die noch fehlenden Werte relativ zügig verbindlich ermittelt werden können und die Kosten des Verfahrens im Rahmen des Hauptsacheverfahrens festgesetzt werden können.

Der Streitwert für ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren, das im Vorfeld eines Zugewinnausgleichsverfahrens eingeleitet wird, orientiert sich in der Regel am Streitwert des güterechtlichen Verfahrens[5].

Der Antrag könnte im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens wie folgt formuliert werden:

Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantragen wir, im Wege der Beweissicherung ohne mündliche Verhandlung das schriftliche Gutachten eines Immobilien-Sachverständigen über folgende Fragen einzuholen:

1. Welchen Verkehrswert hatte das im Grundbuch von..., Amtsgericht..., Blatt ..., eingetragene Erbbaurecht auf den Grundstücken Gemarkung ..., Flur ..., Flurstücke ..., nebst aufstehender Gebäude (Grundstücksanschrift ...) zum (genaues Datum des Stichtages angeben)?

2. Welchen Verkehrswert hatten die im Grundbuch von..., Amtsgericht..., Blatt ..., eingetragenen Grundstücke, Gemarkung ..., Fl...

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