Leitsatz

  1. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf ordnungsgemäße Verwaltung ist grundsätzlich unverjährbar
  2. Allerdings ist Vorbefassung durch die Eigentümerversammlung geboten
 

Normenkette

§ 21 Abs. 4 WEG; § 194 BGB

 

Kommentar

  1. Aufgrund der Trennung ihrer beiden Wohnungen verfügte eine der beiden klägerischen Wohnungen nicht mehr über einen zweiten Rettungsweg. Nach Beanstandung des Bauaufsichtsamts und Genehmigung des Baus einer Außenspindeltreppe wurde von der Gemeinschaft auf Antrag der Kläger das geplante Vorhaben (Errichtung einer Feuertreppe) mehrheitlich abgelehnt. Die Kläger fochten diesen Beschluss an und beantragten, die Beklagten zur Zustimmung zu verurteilen. Im Laufe des Verfahrens kamen die Kläger zur Auffassung, dass die genaue Ausgestaltung des Rettungswegs Sache der Gemeinschaft sei; daraufhin beantragten sie hilfsweise, die Beklagten zu verurteilen, dem Antrag zuzustimmen, dass die Eigentümergemeinschaft einen fachgerechten Rettungsweg anbringe.

    Während das Amtsgericht dem Hilfsantrag statt gab, ging eine beklagte Eigentümerin in die Berufung und erhob die Einrede der Verjährung; diese wurde vom Landgericht zurückgewiesen; in der zugelassenen Revision verfolgte sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

  2. Die Revision wurde vom BGH als begründet erachtet und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Rechtsfehlerhaft habe das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Hilfsantrags der Kläger bejaht.

    Die Kläger hätten hier im Fall der Mitwirkung der übrigen Eigentümer an einer ordnungsgemäßen Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 4 WEG vorher die Eigentümerversammlung mit dem Antrag befassen müssen, was Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Leistungsklage sei. Primär zuständig für die Beschlussfassung ist die Versammlung der Eigentümer, um die sich die Kläger hätten bemühen müssen, da ihnen andernfalls das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Von anfänglicher Klageberechtigung wäre nur ausnahmsweise dann auszugehen, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststünde, dass ein Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden werde, sodass die Vorbefassung der Versammlung eine unnötige Förmelei sei (BGH, Urteil v. 15.1.2010, V ZR 114/09). Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen eine solche Ausnahme-Annahme nicht, dass hier mit entsprechender Beschlussfassung nicht zu rechnen gewesen sei. Zu Unrecht wurde hier vom Berufungsgericht eine generelle Ablehnung der Schaffung eines zweiten Rettungswegs durch die Gemeinschaft unterstellt.

  3. Sollte das Berufungsgericht neuerlich zu dem Ergebnis gelangen, dass vorliegend ausnahmsweise eine Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit dem Hilfsantrag der Kläger nicht erforderlich war, weist der Senat auf Folgendes hin: Die Einhaltung der Brandschutzvorschriften entspricht stets ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Anspruch eines Eigentümers hierauf ist grundsätzlich unverjährbar. Ist eine Maßnahme hier notwendig, erfordert diese ständig ihre Durchführung. Eine solche gleichsam ständig neu entstehende Dauerverpflichtung kann nicht verjähren (Schmid, WuM 2010, S. 655/657; Schmid in DWE 2009, S. 2/3). Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften. Eine Verjährung soll einen Schuldner davor schützen, wegen länger zurückliegender Vorgänge in Anspruch genommen zu werden, die er nicht mehr aufklären kann, weil ihm Beweismittel für etwa begründete Einwendungen abhandengekommen oder Zeugen nicht mehr auffindbar sind (h.M.; auch ständige Rechtsprechung des BGH). Solche Erwägungen treffen – ebenso wenig wie auf den unverjährbaren Mängelbeseitigungsanspruch eines Mieters – auf den Anspruch der Wohnungseigentümer auf ordnungsgemäße Verwaltung nicht zu. Beweisnot der in Anspruch genommenen Eigentümer ist auszuschließen. Ein einzelner Eigentümer will mit der Durchsetzung des Anspruchs nach § 21 Abs. 4 WEG eine ordnungsgemäße Verwaltung für die Zukunft sicherstellen (ebenso Merle in Bärmann, WEG 11. Aufl., § 21 Rn. 48).
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 27.4.2012, V ZR 177/11

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