Der Denkmalschutz ist sowohl Objekt- als auch Umgebungsschutz insofern, als eine Beeinträchtigung eines Baudenkmals nicht nur dann vorliegt, wenn dessen Substanz verändert wird, sondern auch bei einer Veränderung der Umgebung des Baudenkmals, die sich negativ auf die Bedeutung des Denkmals auswirkt.[1]

Deshalb sind in den Bundesländern Veränderungen in der Umgebung eines Baudenkmals durch bauliche Anlagen (so in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz), durch bauliche und sonstige Anlagen etwa garten- und landschaftsgestalterischer Art (so in Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen) oder durch bauliche und sonstige Anlagen sowie in anderer Weise (so in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein) genehmigungspflichtig. In Baden-Württemberg besteht eine Genehmigungspflicht nur bei eingetragenen Kulturdenkmalen von besonderer Bedeutung (§ 12 DSchG BW).

Nach Auffassung des VGH Mannheim ist die Umgebung eines Kulturdenkmals für dessen Erscheinungsbild von Bedeutung, wenn die Ausstrahlungskraft des Kulturdenkmals wesentlich von der Gestaltung seiner Umgebung abhängt. Das ist nach Auffassung des Gerichts beispielsweise dann anzunehmen, wenn die Umgebung die Wirkung des Kulturdenkmals wegen des architektonischen Konzepts oder der topografischen Situation prägt.[2] Es genügt aber nicht, so das Gericht, dass (nur) ein gewichtiges öffentliches Interesse an der unveränderten Erhaltung des überlieferten Erscheinungsbildes von Kulturdenkmal und nicht unmittelbar geschützter Umgebung besteht.

In die gleiche Richtung geht die Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz, wenn es ausführt, dass die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung eines Gebäudes in unmittelbarer Nähe eines Einzelbaudenkmals dann nicht genehmigungspflichtig ist, wenn es an einem architektonischen, funktionalen oder von der besonderen topografischen Situation geprägten Zusammenhang mit diesem Denkmal fehlt.[3]

Auch das OVG Münster rechnet zur Substanz eines Denkmals aus dessen Umgebung nur die Flächen, die durch gestalterische Elemente einbezogen sind und dadurch an der spezifischen Aussage des Denkmals in geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Hinsicht teilhaben. Deshalb zählen nach Auffassung des Gerichts zur Substanz des Denkmals nicht die Flächen seiner Umgebung, deren Bedeutung für das Denkmal lediglich darin besteht, dass sie von einer Bebauung oder sonstigen Veränderung frei bleiben, um das Erscheinungsbild des Denkmals nicht zu beeinträchtigen.[4]

Voraussetzung der Genehmigungspflicht ist weiterhin, dass die Veränderung in der Umgebung "vom Betrachter als belastend" empfunden wird.[5] Es genügt also nicht jede nachteilige Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes, vielmehr muss diese schon in negativer Weise ins Auge fallen. Bejaht wurde dies etwa für eine etwa 4 m hohe beleuchtete Multifunktions-Werbeanlage (Prismen-Wendeanlage mit wechselnden Motiven) in der Umgebung eines Einzelbaudenkmals, weil die Blickbeziehung zum Denkmal gestört und dessen Ausstrahlungskraft beeinträchtigt werde.[6]

 
Wichtig

Drittschützende Wirkung zugunsten des Eigentümers eines Baudenkmals

Das BVerwG hat 2009 entschieden,[7] dass der Umgebungsschutz für Kulturdenkmäler nicht nur dem kulturstaatlichen Allgemeininteresse dient, sondern auch dem Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals einen Anspruch auf Schutz vor Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit seines Denkmals durch Vorhaben in dessen Umgebung einräumt.[8]

Eigentumsgarantie

Es ist mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren, wenn dem Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals von vornherein kein Anspruch auf Schutz vor Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit seiner Immobilie durch Vorhaben in deren Umgebung zugestanden würde. Insofern sei es verfassungsrechtlich geboten, dem Denkmaleigentümer ein Abwehrrecht gegen erhebliche Beeinträchtigungen seines Denkmals durch Bau- oder sonstige Vorhaben in dessen Umgebung zuzubilligen.

Erheblichkeitsschwelle

Allerdings kann sich der Denkmaleigentümer nicht gegen jede Beeinträchtigung auch unterhalb der Schwelle einer erheblichen Beeinträchtigung zur Wehr setzen. Abwehrbar sind nach Auffassung des Gerichts nur Beeinträchtigungen oberhalb dieser Schwelle. Wann demnach eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds eines Baudenkmals anzunehmen ist, lässt sich allerdings nicht allgemeingültig bestimmen, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von dem Denkmalwert und der Intensität des Eingriffs, ab.

  • Je höher der Wert des Denkmals einzuschätzen ist, desto eher kann eine erhebliche Beeinträchtigung von dessen Erscheinungsbild anzunehmen sein.
  • Je schwerwiegender das Erscheinungsbild betroffen ist, desto eher kann die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten sein.

Grundsätzlich gilt, dass hinzutretende bauliche Anlagen in der Umgebung eines Kulturdenkmals sich an dem Maßstab messen lassen müssen, den das Denkmal ge...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge