Ein Bauwerk ist nur dann ein Baudenkmal, wenn aus einem oder mehreren der oben erläuterten Schutzgründe ein öffentliches Interesse an seiner Erhaltung besteht. Dieses zusätzliche und ebenfalls gerichtlich überprüfbare Tatbestandsmerkmal setzt nach allgemeiner Ansicht voraus, dass die Denkmaleigenschaft eines Bauwerks und die Notwendigkeit seiner Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung oder zumindest eines Kreises von Sachverständigen eingegangen ist. Es reicht nicht aus, wenn lediglich ein eng begrenzter Kreis von Einzelpersonen auf die Erhaltung der Sache Wert legt.[1]

Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Erhaltungsinteresses erfüllt mit Rücksicht auf die weitgefassten und dem Laien nicht ohne weiteres zugänglichen Tatbestandsvoraussetzungen der Denkmalfähigkeit eine Korrektivfunktion[2] und dient der Ausgrenzung denkmalpflegerisch unbedeutender oder nur aufgrund individueller Vorlieben für denkmalwürdig gehaltener Bauwerke. Anders ausgedrückt soll mit dem Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Erhaltungsinteresses aus dem weiten Kreis der denkmalfähigen ein harter Kern der denkmalwürdigen Bauwerke ermittelt werden. Mit dieser Eingrenzung soll verhindert werden, dass sich der Denkmalschutz ins Uferlose ausdehnt und die betroffenen Grundeigentümer sowie die Allgemeinheit für die Erhaltung von Bauwerken aufkommen müssen, an denen lediglich eine kleine Anzahl von Spezialisten und Liebhabern interessiert ist.[3]

Wenn damit auch deutlich wird, warum die Denkmalschutzgesetze ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Bauwerks als Baudenkmal verlangen, so kann im Einzelfall doch sehr fraglich sein, ob ein solches öffentliches Interesse im konkreten Fall vorliegt.

Seltenheitswert eines Bauwerks

Bei der im konkreten Fall vorzunehmenden Bewertung der für und gegen das öffentliche Erhaltungsinteresse sprechenden Gründe wird naturgemäß in erster Linie der Seltenheitswert eines Bauwerks zu berücksichtigen sein, der es rechtfertigen kann, aus einer Vielzahl vergleichbarer Objekte bestimmte Bauwerke als erhaltungswürdig herauszuheben.[4] Andererseits ist der Seltenheitswert eines Gebäudes nur einer von mehreren denkmalpflegerischen Belangen, der bei der Abwägung, ob an seiner Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht, zu berücksichtigen ist. Denn die Denkmalpflege ist nicht auf die Erhaltung lauter letzter Exemplare beschränkt.[5] Die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes kann daher vom Eigentümer grundsätzlich nicht mit dem Argument der fehlenden Seltenheit bestritten werden. Möglich ist das aber dann, wenn die Denkmalschutzbehörde sich zur Begründung der Denkmaleigenschaft eines Bauwerks allein auf dessen Seltenheit beruft und keine weiteren Umstände benennen kann, die für dessen Denkmalfähigkeit sprechen.[6]

Künstlerische Bedeutung eines Bauwerks

Im Fall der künstlerischen Bedeutung ist der denkmalrechtliche Bedarf eines Korrektivs vergleichsweise gering, weil bereits die Feststellung der künstlerischen Bedeutung eines Bauwerks dessen Erhaltungswürdigkeit indiziert.[7]

Erhaltungszustand

Der Erhaltungszustand eines Bauwerks ist für die Abwägung nur insoweit von Belang, als das öffentliche Erhaltungsinteresse regelmäßig entfallen wird, wenn das Objekt nicht unter Wahrung seiner Identität erhalten, sondern – sozusagen als Kopie des Originals – nur noch rekonstruiert werden könnte oder sein Verfall schon so weit fortgeschritten ist, dass eine Erhaltung schlechterdings ausscheidet.[8] Mit anderen Worten entfällt das an der Erhaltung eines Bauwerks bestehende öffentliche Interesse erst dann, wenn die Eingriffe in dessen Substanz so erheblich sind, dass der Kernbestand des Denkmals angegriffen ist.[9] Eine teilweise Beschädigung oder Veränderung des Objekts steht dagegen seiner Denkmalfähigkeit nicht entgegen. Vielmehr erlauben die Regelungen der Denkmalschutzgesetze auch ein Hinwirken auf die Beseitigung früherer "Bausünden".[10] Das folgt aus der Überlegung, dass für einen wirksamen Denkmalschutz praktisch kein Raum bliebe, wenn er immer in den Fällen zurückstehen müsste, bei denen in früheren Zeiten aus wirtschaftlichen, ästhetischen oder Praktikabilitätsgründen Teile des Denkmals deutlich sichtbar verändert wurden.

Andererseits ist ein Gebäude umso denkmalwürdiger, je höher der Anteil seiner noch vorhandenen Originalsubstanz ist.

[1] Vgl. Hamburgisches OVG, Urteil v. 3.5.2017, 3 Bf 98/15; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 10.5.1988, 1 S 1949/87, DVBl 1988, 1219; OVG Berlin, Urteil v. 23.6.1989, OVG 2 B 45/87, NJW 1990, 2019; BayObLG, Beschluss v. 9.4.1992, 3 ObOWi 13/92, BayVBl 1992, 634; OVG Berlin, Urteil v. 6.3.1997, 2 B 33/91, NVwZ-RR 1997, 591.
[2] Vgl. OVG Berlin, Urteil v. 3.1.1997, 2 B 10.93, BauR 1998, 773.
[3] So Hammer, DÖV 1995, 358, 363.
[6] So VGH Mannheim, Urteil v. 13.12.1994, 1 S 2952/93, NVwZ-RR 1995, 315.
[7] Vgl. OVG Berlin, Urteil v. 23.6.1989, OV...

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