Auch im gemeinschaftlichen Testament von Eheleuten kommt Bedingungen sowohl im Hinblick auf die gegenseitige Erbeinsetzung als auch hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung große Bedeutung zu. Zu berücksichtigen sind etwa die Fälle des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute, der Ehescheidung, der Wiederverheiratung, der Selbstanfechtung sowie der Geltendmachung des Pflichtteils durch einen Abkömmling des zuerst verstorbenen Ehegatten beim Berliner Testament.

Macht ein Abkömmling beim Tod des zuerst verstorbenen Ehegatten seinen Pflichtteil geltend[1], so kann dies sanktioniert werden, indem entweder dem überlebenden Ehegatten das Recht eingeräumt wird diesen Abkömmling zu enterben, oder aber indem diese Rechtsfolge bereits automatisch aufgrund einer testamentarischen Pflichtteilsstrafklausel eintritt.

Pflichtteilsstrafklauseln sollten so formuliert werden, dass sie vom überlebenden Ehegatten einseitig außer Kraft gesetzt werden können, um den Kindern die Geltendmachung des Pflichtteils und die Ausnutzung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge zu ermöglichen.[2]

 

Formulierungsbeispiele

Abänderungsvorbehalt – alternativ dazu: Pflichtteilsstrafklausel

Verlangt ein Abkömmling beim Tod des zuerst Versterbenden von uns beiden seinen Pflichtteil, so ist der Überlebende von uns beiden berechtigt, ihn allein oder ihn einschließlich seiner Abkömmlinge auf seinen Tod zu enterben. Ein hierdurch wegfallender Erbteil wächst den übrigen Schlusserben anteilig an. Verlangen alle Schlusserben ihre Pflichtteile, so ist der Überlebende von uns beiden in der letztwilligen Verfügung auf seinen Tod frei.

(Oder:

Verlangt ein Schlusserbe beim Tod des zuerst Versterbenden von uns beiden seinen Pflichtteil, so werden er und seine Abkömmlinge nicht Erben des zuletzt Versterbenden von uns beiden. Dies ordnet ein jeder von uns beiden einseitig an; die Anordnung ist nicht wechselbezüglich und somit nicht bindend.)

Nach der vorstehenden Klausel könnte ein Abkömmling nicht nur beim Tod des zuerst verstorbenen Elternteils über den Pflichtteil von dessen Vermögen profitieren, sondern mittelbar erneut über den Pflichtteil beim Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils. Dies vermeidet die sog. Jastrow'sche Klausel[3], die allerdings im Schrifttum nicht zuletzt wegen ihrer Kompliziertheit kritisiert wird.[4]

Probleme in der Praxis entstehen dabei insbesondere aus dem Umstand, dass hierbei eine wertmäßige Ermittlung des Nachlasses des Erstversterbenden auf den zweiten Todesfall erforderlich wird, was dem Sinn und Zweck der Einheitslösung widerspricht.

 

Formulierungsbeispiel

Jastrow'sche Klausel

Verlangt ein Schlusserbe beim Tod des zuerst Versterbenden von uns beiden den Pflichtteil, so werden er und seine Abkömmlinge nicht Erben des Letztversterbenden.

Die anderen Schlusserben, die den Pflichtteil nicht verlangt haben, erhalten aus dem Nachlass des zuerst Versterbenden von uns beiden Geldvermächtnisse in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils auf das Ableben des zuerst Versterbenden von uns beiden, wie wenn dieser beim Tod des länger Lebenden von uns beiden gestorben wäre. Sie berechnen sich aus dem beim Tod des länger Lebenden von uns beiden noch vorhandenen Nachlass des zuerst Versterbenden und fallen mit dem Tod des länger Lebenden an, und zwar nur an zu diesem Zeitpunkt noch lebende Bedachte. Der Überlebende kann diese Enterbung widerrufen, womit dann auch die Vermächtnisse für die anderen Schlusserben entfallen.[5]

[1] Ohne, dass sich diesbezüglich eine Lösung abzeichnet, wird diskutiert, ob es besser ist, auf das "Verlangen", "Erhalten" oder "Durchsetzen" des Pflichtteils abzustellen.
[2] Vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 5. Kapitel Rn. 192.
[3] Vgl. Jastrow, DNotV 1904 S. 424.
[4] Vgl. Fischer, ZEV 2005 S. 189; Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 5. Kapitel Rn. 137 ff. (142); Langenfeld, NJW 1987, S. 1577; J. Mayer, ZEV 1995 S. 136, 137 f.; ders., MittBayNot 2005 S. 286 und MittBayNot 1999 S. 265; Worm, RNotZ 2003 S. 535.
[5] Vgl. auch die erweiterte Jastrow'sche Klausel bei Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 5. Kapitel Rn. 141.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge