Wenn der Erblasser dem Erben die Substanz und einem Dritten (in Betracht kommen natürliche und juristische Personen) die Nutzung seines Vermögens letztwillig zuwenden will, so bietet sich das Nießbrauchsvermächtnis an. Klarzustellen ist dabei zunächst, ob ein beschränkt dingliches Nießbrauchsrecht oder nur ein schuldrechtliches Nutzungsrecht[1] gewährt wird.

Der Nießbraucher kann die Nutzungen (Früchte und Gebrauchsvorteile) des mit dem Nießbrauch belasteten Gegenstands ziehen, muss diesen allerdings auch erhalten und ordnungsgemäß bewirtschaften und trägt deshalb – anders als etwa der Rentenberechtigte – ein wirtschaftliches Risiko und die Verwaltungslasten. Der Nießbraucher ist berechtigt die vermachte Sache in Besitz zu nehmen. Gemäß § 1067 Abs. 1 BGB wird der Nießbraucher sogar Eigentümer der Sache, sofern Gegenstand des Nießbrauchs verbrauchbare Sachen sind.

Um ältere Nießbraucher von Lastentragungspflichten zu entbinden, kann ihnen der Erblasser ergänzend vermächtnisweise ein Rentenwahlrecht einräumen.[2] Der Nießbrauch kann sowohl an beweglichen und unbeweglichen Sachen als auch an einer Sachgesamtheit und an Rechten bestellt werden. Er ist grundsätzlich ein unvererbliches und grundsätzlich nicht übertragbares dingliches Recht und kann beschränkt werden, indem er nur an einem Bruchteil eines Gegenstands oder nur zur anteiligen Nutzung eines Gegenstands bestellt wird. Zudem können einzelne Nutzungen ausgeschlossen werden (§ 1030 Abs. 2 BGB). Da ein Nießbraucher hinsichtlich des betreffenden Gegenstands nicht verfügungsbefugt ist, eignet sich das Nießbrauchsvermächtnis – anders als die Einsetzung eines Vorerben – eher weniger zur Verwaltung eines größeren Nachlasses.[3] Der Nießbrauch am Nachlass kann etwa in Betracht kommen, wenn ein Ehegatte Abkömmlinge aus einer früheren Ehe zu Erben einsetzt, wobei diese lediglich Erben ihres Elternteils werden, während er dem Ehegatten, der ebenfalls Kinder aus einer früheren Beziehung hat, den Nießbrauch an seinem Vermögen oder aber auch an einzelnen Vermögensgegenständen vermacht.

Sinnvoller ist die Beschränkung auf bestimmte, zum Nachlass gehörende Gegenstände, etwa ein Hausgrundstück, eine Wohnung oder ein Mietshaus, dagegen nicht an Gegenständen eines Betriebsvermögens oder am Unternehmen[4].

Zur Versorgung des Ehegatten besser geeignet ist der Ertragsnießbrauch.[5]

 

Formulierungsbeispiel

Grundstücksnießbrauch

Die Ehefrau erhält, wenn sie den Ehemann überlebt, den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an dem im Eigentum des Ehemannes stehenden Hausgrundstück (Beschreibung nach dem Grundbuch), und zwar mit dem Inhalt, dass sie auch die Lasten zu tragen hat, die nach dem Gesetz der Eigentümer zu tragen hätte. Sie ist berechtigt, den Nießbrauch jederzeit einseitig aufzugeben. Zur Bestellung des Nießbrauchs wird sie hiermit auf den Todesfall unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB unwiderruflich bevollmächtigt. Sie erhält zudem das gesamte Inventar des Hauses einschließlich der persönlichen Gebrauchsgegenstände des Ehemannes als Vermächtnis zu unbeschränktem Eigentum.

Zudem kann angeordnet werden, dass der Nießbrauch zugunsten der Witwe bei deren Wiederverheiratung oder Tod erlischt. Die Stellung des Nießbrauchers kann verstärkt werden, indem er zum Testamentsvollstrecker eingesetzt wird.

Um Komplikationen bei der Bestellung des Nießbrauchs nach dem Erbfall vorzubeugen kann der Erblasser seine Einigungserklärung nach § 873 BGB sowie weitere erforderliche Grundbucherklärungen bereits in seiner letztwilligen Verfügung abgeben und dem Nießbrauchsnehmer eine entsprechende postmortale Vollmacht[6] erteilen.

[1] Vgl. Herrler in Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, Übbl. 2 v. § 1018; steuerrechtlich bestehen aber grundsätzlich keine Unterschiede.
[2] Vgl. Langenfeld, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 3. Kapitel Rn. 204 ff. mit diversen Formulierungsbeispielen.
[3] So auch Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 3. Kapitel Rn. 197.
[4] Vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 7. Kapitel Rn. 121 f. Die Verwendung von Betriebsvermögen führt zu steuerpflichtigen Entnahmen und zur Schwächung des Betriebs; vgl. auch BFH, Urteil v. 18.10.1990, IV R 36/90, FamRZ 1991 S. 568.
[5] Vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 7. Kapitel Rn. 123 mit Musterformulierung.
[6] Vgl. zum nicht unproblematischen Verhältnis von postmortaler Vollmacht und einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung und den entsprechenden Auslegungserfordernissen sowohl der Vollmachtsurkunde als auch der letztwilligen Verfügung BGH, Beschluss v. 14.9.2022, IV ZB 34/21, NJW 2022, 3436 f.

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