Sofern ein gesetzlich geschütztes, übergeordnetes öffentliches Interesse testamentarischen Begünstigungen entgegensteht, so sind diese gem. § 134 BGB nichtig. Zu diesen Verbotsgesetzen gehören insbesondere die Vorschriften des Heimgesetzes (HeimG)[1]. Namentlich untersagt § 14 Abs. 1 HeimG letztwillige Verfügungen mit Vermögenswert von Heimbewohnern oder Bewerbern um einen Heimplatz zugunsten des Heimträgers oder dessen Fördereinrichtungen[2], aber auch zugunsten von Angehörigen von Heimbediensteten[3] und ehrenamtlichen Mitarbeitenden[17].

Wenn der Heimträger eine Kapitalgesellschaft ist, so gilt § 14 Abs. 1 HeimG auch für die für die Kapitalgesellschaft handelnden Personen, sofern sie nicht bereits zu den in § 14 Abs. 5 HeimG genannten Personen gehören.[5]

Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG sind die Länder für die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Heimrechts zuständig.Baden-Württemberg[6], Bayern[7], Berlin [8], Brandenburg[9], Bremen [10], Hamburg[11], Hessen [12] Mecklenburg-Vorpommern [13], Niedersachsen [14], Nordrhein-Westfalen[15], Rheinland-Pfalz [16], das Saarland[17], Sachsen[18], Sachsen-Anhalt[19], Schleswig-Holstein[20] und Thüringen[21] haben landesgesetzliche Sondervorschriften erlassen. Gemäß dieser gesetzgeberischen Zielsetzung hat die Rechtsprechung das Verbot über den Gesetzeswortlaut hinaus auch auf entsprechende Verfügungen von Angehörigen der Heimbewohner – etwa Eltern eines im Heim untergebrachten behinderten Kindes – ausgedehnt, die sich ansonsten ebenfalls unter Druck gesetzt fühlen könnten, Wohlverhalten des Heimpersonals durch letztwillige Verfügungen zu erwirken.

Besitzt allerdings der Heimträger von seiner Nacherbeneinsetzung durch den Heimbewohner bis zum Eintritt des Erbfalls keine Kenntnis (sog. "stilles" Testament), so unterliegt dies nach dem BGH[22]

nicht dem Verbot aus §§ 14 HeimG, 134 BGB. Positive Voraussetzung für eine Sittenwidrigkeit nach § 134 BGB ist also, dass der Bedachte um die Zuwendung weiß und sich auch der Erblasser seinerseits dieses Wissens bewusst ist.

[1] Heimgesetz in der Fassung v. 5.11.2001 (BGBl. I, S. 2970), zuletzt geändert durch Art. 3 Satz 2 des Gesetzes v. 29.7.2009 (BGBl I, S. 2319).
[2] Str., vgl. VG Würzburg, Urteil v. 3.6.2008, W 1 K 08.638, ZEV 2008 S. 601 ff., das den Auftritt von Heimträger und einem juristisch selbstständigen Erben in der Öffentlichkeit für die analoge Anwendung des § 14 Abs. 1 HeimG genügen lässt; a. A. OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.12.2022, 20 W 301/18, das die Erbeinsetzung eines Vereins für zulässig hält, der zwar in dieselbe hierarchische Organisation wie die Pflegeeinrichtung eingebunden, aber juristisch von der Pflegeeinrichtung unabhängig ist.
[3] Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.7.1997, 3 Wx 250/97, ZEV 1997 S. 459; BayObLG, Beschluss v. 9.2.2000, 1Z BR 149/99, NJW 2000 S. 1875; dies gilt nach OLG Frankfurt, Beschluss v. 29.1.2001, 20 W 71/99, NJW 2001 S. 1504 f., jedenfalls, solange nicht bewiesen ist, dass die Erbeinsetzung und die Mitarbeiterstellung in keinem Zusammenhang stehen.
[17] Vgl. BayObLG, Beschluss v. 13.9.2000, 1 Z BR 69/00, Rn. 22 zitiert nach juris.
[5] Vgl. BayObLG, Beschluss v. 9.2.2000, 1 Z BR 149/99, NJW 2000 S. 1875.
[6] Gesetz für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz – WTPG) v. 20.5.2014.
[7] Gesetz zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (PfleWoqG) v 8.7.2008, Bayerisches GVBl. 2008 S. 346, zuletzt geändert durch Art. 32a Abs. 14 des Gesetzes v. 10.5.2022 (GVBl. 2022 S. 182).
[8] Gesetz über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen (Wohnteilhabegesetz – WTG) v. 4.5.2021 (GVBl. 2021 S. 417).
[9] Gesetz über das Wohnen mit Pflege und Betreuung des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Pflege- und Betreuungswohngesetz – BbgPBWoG) v. 8.7.2009 (GVBl.I/09 S. 298).
[10] Bremisches Wohn- und Betreuungsgesetz (BremWoBeG) v. 12.12.2017, Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen 2017 S. 730.
[11] Hamburgisches Gesetz zur Förderung der Wohn- und Betreuungsqualität älterer, behinderter und auf Betreuung angewiesener Menschen (Hamburgisches Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz – HmbWBG) v. 15.12.2009, HmbGVBl. 2009 S. 494, aktuell in der Fassung v. 4.10.2018 (HmbGVBl. 2018 S. 336).
[12] Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) v. 7.3.2012 (GVBl. 2012 S. 34), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes v. 19.12.2016 (GVBl. 2016 S. 322).
[13] Gesetz zur Förderung der Qualität in Einrichtungen für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen sowie zur Stärkung ihrer Selbstbestimmung und Teilhabe (Einrichtungenqualitätsgesetz – EQG M-V) v. 17.5.2010 (GVOBl.M-V 2010 S. 241), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 16.12.2019 (GVOBl.M-V 2019, S. 796 (802).
[14] Niedersächsisches Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG) v. 29.6.2011 (Nds. GVBl. 2011 S. 196), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes v. 15.7.2020 (Nds. GVBl. 2020, S. 244).
[15] Gesetz zur Weiterentwicklung des ...

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