Rz. 2

Dem Verkäufer verbleiben

ein nach dem Vertragsabschluss angefallener Erbteil aufgrund einer Nacherbfolge (§§ 2100 ff. BGB), Wegfalls eines Miterben bei gesetzlicher (§ 1935 BGB) oder gewillkürter Erbfolge (§§ 2094, 2096 BGB). Beide Auslegungsregeln gelten nur für Erbanfälle nach dem Abschluss des Kaufvertrags. Bei Anfall vor Vertragsabschluss entscheidet der ggf. durch freie Auslegung zu ermittelnde Parteiwille darüber, ob der Verkauf sich auch auf diesen zusätzlichen Erbteil erstreckt. Hierbei ist die Höhe des Kaufpreises zu berücksichtigen oder sonstige Umstände, etwa die Höhe des zusätzlichen Erbteils im Verhältnis zu dem ausdrücklich verkauften Erbteil.[2]
ein dem Verkäufer zugewandtes Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB). Hierunter ist diejenige Quote zu verstehen, welche die Erbengemeinschaft an den Verkäufer zu leisten hätte. Zwar haftet der Verkäufer nach § 2376 BGB dem Käufer dafür, dass ein solches Vermächtnis nicht besteht, diese Haftung entfällt jedoch, wenn der Käufer das Vorausvermächtnis kannte, § 439 Abs. 1 BGB.[3] Als Vorausvermächtnis wird auch der Voraus nach § 1932 BGB angesehen.[4] Rechte und Pflichten aus einer Teilungsanordnung gehen auf den Käufer über.[5]
"Familienpapiere" und "Familienbilder" werden im Zweifel aus dem Verkauf ausgenommen. Diese Begriffe sind weit auszulegen und umfassen Urkunden rechtlicher Art, Familiennotizen, Tagebücher, Briefe, Korrespondenzen oder Personenstandsatteste.[6] Sie gelten als nicht mitverkauft, auch wenn sie erheblichen Vermögenswert haben.[7] Allerdings können Umstände des Einzelfalles eine gegenteilige Auslegung rechtfertigen, wobei wiederum die Höhe des Kaufpreises für die unter Umständen ohne die Bilder wertlose Erbschaft auf der einen und der Wert der Bilder oder der für Urkundensammler möglicherweise begehrenswerten Familienurkunden einer durch bedeutsame Mitglieder ausgezeichneten Familie auf der anderen Seite maßgeblich sein können.[8] Die Auslegungsregel des S. 2 gilt beim Verkauf sowohl einer Alleinerbschaft als auch eines Erbteils. Kommt es dem Erbschaftskäufer gerade auf die Familienpapiere und/oder -bilder an, so wird es unerlässlich sein, diese in dem Kaufvertrag explizit aufzuführen. Ansonsten wird der Käufer den Zweifel daran, dass die Familienpapiere und/oder Dokumente mitverkauft sind, nur dann erschüttern können, wenn der Kaufpreis zu dem übrigen Nachlass nur mit den Familienunterlagen in einem adäquaten Verhältnis steht.
 

Rz. 3

Die Beweislast trifft denjenigen, der einen von den Auslegungsregeln des § 2373 BGB abweichenden Inhalt des Kaufvertrags behauptet, in aller Regel also den Käufer; die Situation, dass ein Erbteil eines überschuldeten Nachlasses verkauft wird, dürfte kaum vorkommen.

Insofern hat der Beweispflichtige Tatsachen vorzutragen und bei Bestreiten zu beweisen.[9] Es handelt sich um eine Beweisführungslast.[10] Eine "non liquet"-Entscheidung scheidet aus, weil bei Unaufklärbarkeit der Tatsachen im Zweifel die Auslegungsregeln des § 2373 BGB zur Anwendung kommen.[11]

[2] Staudinger/Olshausen, § 2373 Rn 2.
[3] Staudinger/Olshausen, § 2373 Rn 3.
[4] Staudinger/Olshausen, § 2373 Rn 3; Bamberger/Roth/Mayer, § 2373 Rn 1.
[5] Benk, MittRhNotK 1979, 53, 57; Bamberger/Roth/Mayer, § 2373 Rn 1.
[6] Staudinger/Olshausen, § 2373 Rn 4; Bamberger/Roth/Mayer, § 2373 Rn 1; MüKo/Musielak, § 2373 Rn 5.
[7] Palandt/Weidlich, § 2373 Rn 1; Staudinger/Olshausen, § 2373 Rn 4; Bamberger/Roth/Mayer, § 2373 Rn 1.
[8] Staudinger/Olshausen, § 2373 Rn 4.
[9] MüKo/Musielak, § 2373 Rn 6; Bamberger/Roth/Mayer, § 2373 Rn 2.
[10] Subjektive Beweislast; Musielak, Grundlagen der Beweislast im Zivilprozess, S. 36 ff.
[11] MüKo/Musielak, § 2373 Rn 6; Bamberger/Roth/Mayer, § 2373 Rn 2.

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