Rz. 69

Da höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde, ob bei Erb- und Pflichtteilsverträgen eine Inhaltskontrolle überhaupt möglich ist, ist es auch nicht sicher, ob und ggf. wie vorbeugend gestaltet werden sollte.

Gleichwohl wird eine Anpassung der Vertragsgestaltung schon empfohlen.[106] Es werden sogar detaillierte Aufklärungs- und Formulierungsvorschläge angeboten. Ob diese im Einzelfall praktisch umgesetzt werden können oder die Anforderungen an den Berater überspannen und daher in Belehrungspflichten umzuinterpretieren sind, ist das eine sich ergebende Problem.

 

Rz. 70

Welche Gestaltung wirklich notwendig und empfehlenswert ist, ist das andere ohne Vorgaben der Rechtsprechung nicht befriedigend zu lösendes Problem.

Nach hier vertretener Ansicht dürfen die Anforderungen an die Rechtsberater nicht übertrieben werden. Der Notar hat sicher Aufklärungspflichten, insbesondere bei Situationen, in denen ein Missverhältnis der Leistungen oder ein ungleiches Kräfteverhältnis zwischen den Parteien offenkundig ist. Zu Letzterem kann auf die Grundsätze bei Eheverträgen verwiesen werden. Ein Missverhältnis der Leistungen kann vorliegen, wenn insbesondere bei einem großen Vermögen des potentiellen Erblassers der Verzichtende keine Abfindung erhält. Es sollte aber bei einer Aufklärung belassen werden, denn niemand ist verpflichtet, auf sein Pflichtteilsrecht zu bestehen. Möchte der Verzichtende den Wert des Vermögens nicht wissen oder verzichtet er auf Informationen, ist dies nach hier vertretener Ansicht ebenfalls zulässig und unbedenklich. Sinnvoll kann noch der Hinweis an den Verzichtenden sein, dass bei einem Verzicht, der nach Angaben des potentiellen Erblassers zum Schutz des überlebenden Ehegatten abgegeben werden soll, seine eigenen Interessen nur mit einem Erbvertrag (auch wiederum in Grenzen) gesichert werden.

 

Rz. 71

Der Rechtsanwalt darf nur eine Seite beraten: Wird der potentielle Erblasser vertreten, ist er zu einer Aufklärung des Verzichtenden in dessen Interesse nicht verpflichtet, im Gegenteil. Unter Umständen kann ein gewisses Maß an Aufklärung – ob nun im vorbereitenden Schriftverkehr oder bei der Beurkundung – aber im Interesse des potentiellen Erblassers sein, um eine spätere Inhaltskontrolle zu vermeiden. Grundsätzlich sollten nach hier vertretener Auffassung Urkunden möglichst weitgehend ohne Erklärungen zu Motiven verfasst werden, schon um nicht unnötig Anfechtungsgründe zu dokumentieren.

[106] Theiss/Boger, ZEV 2006, 143, 145.

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