Rz. 8

Eine Abfindung für einen Erbverzicht ist, soweit sie in der Höhe der Erberwartung entspricht, keine unentgeltliche Zuwendung und löst daher keine Pflichtteilergänzungsansprüche nach § 2325 BGB aus;[3] bei einem reinen Pflichtteilsverzicht ist dies umstritten, nach hier vertretener Ansicht aber grundsätzlich ebenso zu sehen.

Der BGH hatte im Jahr 1991 über eine Anfechtung nach dem AnfG zu entscheiden.[4] Ein Pflichtteilsverzicht wurde in diesem Zusammenhang nicht als "Gegenleistung für die Übertragung wertvollen Grundbesitzes" gesehen. Mit der erbrechtlichen Problematik setzte sich der BGH aber nicht auseinander. In einem Urteil aus dem Jahr 1985 hatte der BGH noch auf das uneinige Schrifttum verwiesen und die Frage ausdrücklich offengelassen.[5] Im Jahr 2008 entschied der BGH, dass ein Entgelt bzw. eine angemessene Abfindung für einen Erbverzicht nicht der Pflichtteilsergänzung unterliegt.[6] Dies bestätigte er im Jahr 2015 für einen Erb- und Pflichtteilsverzicht.[7] Dabei muss die Abfindung in etwa der Erberwartung entsprechen.

 

Rz. 9

Ob dies auch auf den Pflichtteilsverzicht übertragen werden kann, ist auch nach der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2015, in der nicht näher differenziert wurde, fraglich.[8] Nach hier vertretener Ansicht ist das nicht möglich. Wirtschaftlich gibt der Pflichtteilsberechtigte seine Teilhabe am Nachlass regelmäßig auf, da der Erblasser meist beabsichtigen wird, ihn zu enterben. Jedenfalls wenn die Abfindung dem Wert des Pflichtteilsanspruchs entspricht, sollte sie daher keinen Anspruch nach § 2325 BGB auslösen. Das kann allerdings nur gelten, wenn die Parteien tatsächlich eine Entgeltlichkeit wollten, also die Gegenleistung nicht nur zur Minderung des Nachlasswertes in den Vertrag aufnahmen, sondern zumindest beabsichtigt war, den Verzichtenden auch von der Erbfolge auszuschließen. Das könnte aus den im Zusammenhang mit dem Verzicht errichteten letztwilligen Verfügungen geschlossen werden.[9]

[4] BGHZ 131, 383 = NJW 1991, 1610; dem folgend: FG Nürnberg – 5 K 239/16, BeckRS 2018, 24693 Rn 57.
[7] BGH NJW 2016, 324; vgl. auch Streßig, ErbR 2016, 2.
[8] Vgl. auch: v. Proff zu Irnich, NJW 2016, 539; Reul, MittRhNotK 1997, 373, 380; Mauch, BWNotZ 1995, 88; Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 124; zur ähnlichen Problemlage bei der Erbausschlagung gegen Entgelt: Reimann, ZEV 2018, 198, 201.
[9] So auch LG Landshut – 54 O 2287/12, ErbR 2016, 349.

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