Rz. 9

Die Überschuldung wird entsprechend den Regelungen der §§ 11, 19 Abs. 2, 320, 322 InsO als die Situation definiert, in der die Verbindlichkeiten das Aktivvermögen übersteigen.[31] Maßgeblich ist ausschließlich die Höhe der Schulden, nicht aber ihre Art bzw. Herkunft.[32] Auch wenn die Definition des Überschuldungsbegriffs nach insolvenzrechtlichen Maßstäben erfolgt, bilden allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Pflichtteilsberechtigten noch kein zwingendes Indiz für das Vorliegen einer Überschuldung.[33] Denn bei natürlichen Personen stellt nicht die Überschuldung sondern vielmehr die Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 InsO den maßgeblichen Insolvenzgrund dar.[34] Darüber hinaus ist festzuhalten, dass allein ein hoher Schuldenstand bzw. eine aktuelle Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne nicht zwingend eine Gefährdung des späteren Erwerbs vermuten lässt. Dieckmann verweist insoweit zu Recht auf das Beispiel des mit hohen Schulden in das Erwerbsleben startenden Berufsanfängers, der sich berechtigte Chancen auf beträchtliche zukünftige Gewinne ausrechnen kann.[35] Die Überschuldung muss im Zeitpunkt der Anordnung der Pflichtteilsbeschränkung konkret vorliegen; dass sie droht, genügt nicht.[36]

 

Rz. 10

Voraussetzung für eine Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht ist das Vorliegen der Überschuldung in der Person des Pflichtteilsberechtigten. Eine Überschuldung seiner Angehörigen, insbesondere seines Ehegatten, genügt nicht.[37] Das gilt auch für den Fall des Bestehens einer Gütergemeinschaft, soweit keine persönliche Schuld des Abkömmlings vorliegt und der Erblasser die Möglichkeit hat, eine Anordnung nach § 1418 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Zuordnung zum Vorbehaltsgut) zu treffen.[38]

[31] MüKo/Lange, § 2338 Rn 7; Burandt/Rojahn/Horn, Erbrecht, § 2338 Rn 10; Soergel/Dieckmann, § 2338 Rn 5; Hölscher/J. Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 8 Rn 111.
[32] MüKo/Lange, § 2338 Rn 7; Soergel/Dieckmann, § 2338 Rn 6.
[33] OLG Dresden ZEV 2011, 310; Staudinger/Olshausen [2015], § 2338 Rn 10; BeckOGK/Rudy, § 2338 Rn 10.
[34] OLG Düsseldorf ZEV 2011, 310, 311; Staudinger/Olshausen [2015], § 2338 Rn 10; MüKo/Lange, § 2338 Rn 7; Hölscher/J. Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 8 Rn 111.
[35] Soergel/Dieckmann, § 2338 Rn 6.
[36] OLG Düsseldorf ZEV 2011, 310, 312; BeckOGK/Rudy, § 2338 Rn 10.
[37] MüKo/Lange, § § 2338 Rn 7; BeckOGK/Rudy, § 2338 Rn 10.
[38] BeckOGK/Rudy, § 2338 Rn 10; MüKo/Lange, § § 2338 Rn 7.

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