Rz. 10

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Anstands- oder Pflichtschenkung vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Schenkung bzw. des Schenkungsvollzugs abzustellen und nicht auf den Zeitpunkt des Erbfalls.[22] Hierbei ist maßgeblich auf die Sichtweise abzustellen, die der Erblasser im Zeitpunkt der Schenkung bei einer vorausschauenden Betrachtung haben musste, welche sämtliche Umstände in Erwägung zieht, die seiner Kenntnisnahme auch nur möglicherweise zugänglich waren.[23] Es kann insbesondere bei Schenkungen zur Sicherung der Altersversorgung nicht darauf ankommen, ob der Beschenkte im Zeitpunkt des Erbfalls auch ohne sie ausreichend versorgt wäre. Vielmehr ist zu überprüfen, ob sie im Zeitpunkt ihres Vollzugs zur Sicherung der Altersversorgung des Bedachten erforderlich waren. Andernfalls würden u.U. vom Zufall abhängige, nachträgliche Änderungen der wirtschaftlichen Situation zu großes Gewicht erhalten. Im Übrigen benötigt der Erblasser eine gewisse Sicherheit für seine Nachfolgeplanung insoweit, als pflichtteilsergänzungsfeste Zuwendungen auch solche bleiben.[24]

 

Rz. 11

Soweit eine Schenkung das vom Anstand bzw. von sittlicher Pflicht gebotene Maß übersteigt, unterliegt nur dieses Übermaß der Pflichtteilsergänzung.[25]

[22] Soergel/Dieckmann, § 2330 Rn 5; MüKo/Lange, § 2330 Rn 6.
[24] Soergel/Dieckmann, § 2330 Rn 5.

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