Rz. 24

Hat eine Schenkung des Erblassers einen Vertragserben beeinträchtigt, so steht diesem gegenüber dem Beschenkten bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rückforderungsanspruch gem. § 2287 BGB zu. Ist der Vertragserbe gleichzeitig pflichtteilsberechtigt, so kann sich der Beschenkte daneben dem Anspruch aus § 2329 BGB ausgesetzt sehen. Beide Ansprüche stehen grundsätzlich selbstständig nebeneinander.[56] Nach der Rspr. des BGH tritt der Anspruch aus § 2329 BGB hinter den aus § 2287 BGB zurück, soweit Vertragserbe und Pflichtteilsergänzungsberechtigter identisch sind.[57] Das wird in der Lit. kritisch gesehen, da der Erbe seine Wahlmöglichkeit verliert.[58] Da, wie oben erwähnt, beide Ansprüche selbstständig nebeneinander stehen, kann dies bei Personenverschiedenheit von Vertragserben und Pflichtteilsergänzungsberechtigten, je nachdem, wer seinen Anspruch zuerst durchsetzt, zu unterschiedlichen Situationen führen, wenn der Erbe zur Zahlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen nicht verpflichtet ist: Setzt der Vertragserbe seinen Anspruch zuerst durch, kann der Beschenkte gegenüber dem Pflichtteilsergänzungsberechtigten den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB erheben mit der Folge, dass die Haftung des Beschenkten entfällt.[59] Der Pflichtteilsberechtigte hat gegen den Erben einen eigenen Anspruch aus § 2329 BGB. Zu beachten ist jedoch, dass der Vertragserbe vom Beschenkten die Geschenkherausgabe nach § 2287 BGB nur insoweit verlangen kann, als die Schenkung ihn in seiner Erberwartung tatsächlich beeinträchtigt hat. Als Erbe ist er verpflichtet, den ordentlichen Pflichtteil zu zahlen. Grundlage für die Ermittlung des ordentlichen Pflichtteils wäre auch das Schenkungsobjekt gewesen, so dass der Herausgabeanspruch nach § 2287 BGB entsprechend zu kürzen ist. Hinsichtlich dieses Kürzungsbetrags haftet der Beschenkte nach § 2329 BGB für den Pflichtteilsergänzungsanspruch.[60]

 

Rz. 25

Setzt der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch aus § 2329 BGB zuerst durch und macht der Beschenkte von der Abwendungsbefugnis nach Abs. 2 Gebrauch, kann der Vertragserbe die Herausgabe des Geschenkes gegen Erstattung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs vom Beschenkten verlangen.[61] Wurde das Geschenk in der Zwangsvollstreckung verwertet, so hat der Vertragserbe Anspruch auf einen über den Pflichtteil hinausgehenden Mehrerlös.

[56] MüKo/Lange, § 2329 Rn 37; Soergel/Dieckmann, § 2329 Rn 30.
[57] BGHZ NJW 1990, 2063.
[58] MüKo/Lange, § 2329 Rn 27; Soergel/Dieckmann, § 2329 Rn 2.
[59] MüKo/Lange, § 2329 Rn 27; Staudinger/Olshausen, § 2329 Rn 52.
[60] Muscheler, FamRZ 1994, 1361, 1366/4. Fall.
[61] Burandt/Rojahn/Horn, § 2329 Rn 26.

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