Rz. 11

Der Pflichtteilsanspruch ist ein grundsätzlich zur Bedarfsdeckung geeigneter Anspruch, der auf den Sozialleistungsträger übergehen oder von diesem eingezogen werden kann.[25] Bezieht der Pflichtteilsberechtigte Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem SGB II, geht sein Pflichtteilsanspruch im Wege der Legalzession auf den Sozialhilfeträger über.[26] Der Sozialhilfeträger kann bei der Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII den Pflichtteilsanspruch nach § 93 SGB XII auf sich überleiten.[27] Der Pflichtteilsanspruch kann, wenn er auf den Sozialhilfeträger übergeleitet worden ist, von diesem auch geltend gemacht werden, ohne dass es insoweit auf eine Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten selbst ankäme.[28] Bei der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen trifft den Sozialhilfeträger die gleiche Darlegungslast wie den Pflichtteilsberechtigten selbst.[29] Im Rahmen von Behindertentestamenten ist zu beachten, dass in Fällen, in denen das behinderte Kind infolge einer Verwirkungsklausel bei Geltendmachung des Pflichtteils seiner Erbeinsetzung für den Schlusserbfall verlustig geht, der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch dennoch auf sich überleiten kann, wenn sich durch Auslegung ermitteln lässt, dass in diesen Fällen die Verwirkungsklausel nicht greift und das behinderte Kind infolgedessen im zweiten Erbfall nicht benachteiligt ist.[30] Der Pflichtteilsanspruch ist nach Abs. 1 bereits mit dem Erbfall als Vollrecht begründet. Nach Auffassung des BSG zählt der Pflichtteilsanspruch daher zum Vermögen nach § 12 SGB II.[31] Die Zuwendung eines Pflichtteils zählt zum Vermögen, wenn der Erbfall vor der Beantragung von Leistungen eingetreten ist. Ist die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs im Zeitraum nach der Stellung eines Antrages auf Leistungen nach dem SGB II erfolgt, stellt der Zufluss des Geldbetrags Einkommen dar.[32]

[25] Doering-Striening/Horn, Der Übergang von Pflichtteilsansprüchen von Sozialhilfebeziehern, NJW 2013, 1276 f.
[26] Doering-Striening/Horn, NJW 2013, 1276, 1277.
[27] BGH ZEV 2006, 76; OLG Hamm BeckRS 2016, 110649.
[28] BGH ZEV 2005, 117–119.

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