Rz. 45

Die Fälligkeit der Auskunftserteilung ergibt sich aus § 271 BGB (§ 1994 BGB ist insoweit nicht maßgeblich).[212] Eine Fristsetzung gegenüber dem Erben ist nicht erforderlich.[213] Soweit er die Auskunft nicht sofort erteilen kann, ist er baldmöglichst zur Erfüllung des Anspruchs verpflichtet. Erkennt er den Auskunftsanspruch nicht sofort an, kann der Pflichtteilsberechtigte etwaige Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe als Verzugsschaden geltend machen.[214] Ein Annahmeverzug des Pflichtteilsberechtigten vor Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist ausgeschlossen, selbst wenn ihm die Leistung des Pflichtteils angeboten wird.[215] Eine eidesstattliche Versicherung kann nicht vor erfolgter Auskunftserteilung verlangt werden.[216] Schließlich ist Gegenstand der Versicherung der konkrete Inhalt der Auskunft. Zweifel an dessen Richtigkeit bzw. an der bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses aufgewendeten Sorgfalt können daher erst nach Vorlage des Verzeichnisses beurteilt und geltend gemacht werden.

 

Rz. 46

Nicht vollständig geklärt ist, ob dem Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) zusteht, wenn letzterer selbst auskunftspflichtig ist, z.B. wenn er ausgleichungspflichtige oder auf den Pflichtteil anzurechnende Zuwendungen erhalten hat.[217] Im Hinblick darauf, dass sich die gegenseitigen Auskunftsansprüche in dieser Situation auf dasselbe rechtliche Verhältnis gründen und eine vorrangige Verpflichtung des Erben nicht erkennbar ist, wird eine Anwendung von § 273 BGB hier für möglich gehalten.[218] Dem ist indes nicht zu folgen,[219] da ein Zurückbehaltungsrecht durch die besondere Natur des Auskunftsanspruchs ausgeschlossen wird.[220] Der Auskunftsschuldner hätte andernfalls die Möglichkeit, durch Zurückbehaltung der Auskunft die Anspruchsgeltendmachung (hinsichtlich des Hauptanspruchs) auf unabsehbare Zeit zu verzögern. Dies ist nicht akzeptabel.

[212] Vgl. Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 87.
[213] Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 87.
[215] BGH FamRZ 1958, 23; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 87; Staudinger/Herzog (2015), § 2317 Rn 52.
[216] Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 90.
[217] Vgl. hierzu auch OLG München NJW 2013, 2690, das eine Auskunftspflicht des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Alleinerben grundsätzlich verneint.
[218] Staudinger/Haas (2006), § 2314 Rn 51.
[219] Bittler, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 64; Tanck, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 14 Rn 167; Horn, ZEV 2013, 178; Horn, in: Scherer, MAH Erbrecht, § 29 Rn 368. A.A.: Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 94; Staudinger/Haas (2006), § 2314 Rn 51; Egner, Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten, S. 90 ff.; Ruby/Schindler, ZEV 2014, 27, 29; Ruby/Schindler, NJW-Spezial 2013, 488.
[220] OLG Jena NJW-RR 1997, 578; OLG Stuttgart FamRZ 1984, 273, 275 (beide zum Zugewinnausgleich).

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