Rz. 85
Diese Vorstellung ist zwar unrealistisch. Dessen ungeachtet wird man unterstellen dürfen, dass i.d.R. der Wert eines Vermögensgegenstands seinem Verkehrswert und somit dem Normalverkaufswert[318] entspricht.
Rz. 86
Daher orientiert sich auch die Rechtsprechung i.d.R. an tatsächlich in zeitlicher Nähe zum Erbfall erzielten Verkaufserlösen, sofern ein Nachlassgegenstand relativ bald nach dem Erbfall veräußert wird.[319] Sie sieht diese grundsätzlich als verlässlichste Bewertungsgrundlage an und zieht sie daher jeder Art der Schätzung nach allgemeinen Erfahrungswerten vor.[320] Der BGH geht sogar so weit, im Rahmen eines Versteigerungsverfahrens oder einer Liquidation erzielte Erlöse als maßgeblich anzusehen[321] und begründet dies damit, dass der tatsächlich erzielte Veräußerungserlös bei einer zeitnahen Veräußerung eine relativ gesicherte Ebene darstelle, deren Verlassen im erbrechtlichen Bewertungsrecht grundsätzlich nicht gerechtfertigt sei.[322]
Rz. 87
Eine Ausnahme hiervon gilt aber, wenn der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Pflichtteilsberechtigte Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, nach welchen der Verkaufserlös nicht dem tatsächlichen Verkehrswert im Zeitpunkt des Erbfalls entspricht.[323] Dieselbe Nachweismöglichkeit muss selbstverständlich auch zugunsten des Erben bestehen.
Rz. 88
Im Übrigen ist die Preisentwicklung zwischen dem Zeitpunkt des Erbfalls und dem Zeitpunkt der Realisierung des Veräußerungspreises durch entsprechende Korrekturen zu berücksichtigen.[324] Gleiches gilt auch für etwa vorhandene "individuelle Faktoren", die sich im Preis niedergeschlagen haben können.[325] Angefallene Veräußerungskosten sind von dem Verkaufserlös in Abzug zu bringen.[326] Hierzu zählen z.B. die Maklercourtage bei der Veräußerung eines Grundstücks, die Kosten für die Schaltung von Anzeigen oder auch evtl. erforderlich werdende Beurkundungskosten.
Solche Veräußerungskosten sind nicht nur im Falle der tatsächlichen Veräußerung von Nachlassgegenständen in die Bewertung einzubeziehen. Vielmehr müssen sie auch dann berücksichtigt werden, wenn die Bewertung auf der Grundlage eines fiktiven (Normal-)Verkaufspreises erfolgt. Maßgebend ist allein der fiktive Nettoerlös.[327]
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