Rz. 192

Die Vorgaben des IDW[553] zur ordnungsgemäßen Durchführung ertragswertorientierter Unternehmensbewertungen sind nicht allein auf die Ermittlung von Stichtagswerten zugeschnitten. Vielmehr wird zwischen verschiedenen Bewertungsanlässen[554] und verschiedenen Bewertungsperspektiven unterschieden. So ist etwa die Berücksichtigung sog. echter Synergieeffekte[555] nur aus der Sicht eines konkreten Erwerbers sinnvoll, weil nur unter Einbeziehung der bei diesem vorhandenen betrieblichen bzw. unternehmerischen Gegebenheiten die Existenz bzw. die Auswirkung von Synergieeffekten beurteilt werden kann. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich vor diesem Hintergrund auf die Aspekte, die – nach IDW S 1[556] – die Ermittlung objektivierter Stichtagswerte betreffen,[557] wobei auf eine detaillierte Darstellung des Verfahrens verzichtet wird. Die vom IDW aufgestellten Grundsätze sind allgemein akzeptiert[558] und können auch als gerichtsfest angesehen werden.[559]

Nach überwiegender Ansicht in der Betriebswirtschaftslehre sowie nach den berufsständischen Empfehlungen der Wirtschaftsprüfer ist das Ertragswertverfahren (neben der im angloamerikanischen Raum stärker verbreiteten DCF-Methode) derzeit die im Regelfall maßgebliche Bewertungsmethode.[560]

 

Rz. 193

Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens wird der Unternehmenswert durch Diskontierung der den Unternehmenseignern zukünftig zufließenden finanziellen Überschüsse ermittelt. Diese werden grundsätzlich aus den erwarteten, zukünftigen handelsrechtlichen Erfolgen des Unternehmens abgeleitet.[561] Ausgangspunkt der Bewertung sind die den Unternehmenseignern zufließenden Einnahmen/Ausschüttungen.[562]

 

Rz. 194

Diesem Ansatz liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Unternehmen nur so viel wert sein kann, wie sich in der Zukunft an Erträgen aus ihm erwirtschaften lässt.[563] Der "wirkliche" Wert entspricht nach dieser Methode also dem zu erwartenden Zukunftserfolg.[564] Somit kann – jedenfalls theoretisch – der richtige Unternehmenswert als Barwert aller zukünftig erzielbaren, auf den Bewertungsstichtag abgezinsten Unternehmenserfolge (= Einnahmeüberschüsse) ausgedrückt werden.[565]

[553] IDW S 1, FN-IDW 2008, 271 ff.
[554] Vgl. IDW S 1, Tz 8 ff., FN-IDW 2008, 271, 273.
[555] Vgl. IDW S 1, Tz 50, FN-IDW 2008, 271, 278.
[556] FN-IDW 2008, 271 ff.
[557] Zu Bewertungsansätzen im internationalen Kontext vgl. Barthel, DStR 2010, 2003.
[558] Vgl. Fleischer/Hüttemann/Jonas, Unternehmensbewertung, § 3 Rn 22.
[559] Vgl. Rohde, DStR 2016, 1566.
[560] Vgl. IDW S 1, FN-IDW, 2008, 271 ff.; ebenso bereits IDW, St/HFA 2/1983, 468, 469; WP-Handbuch 1973 S. 1092, 1106; IDW, WP-Handbuch 1985/86, S. 1064; IDW, WP-Handbuch 1992, S. 14; Piltz, Unternehmensbewertung, S. 16. J. Mayer, ZEV 1994, 331, 335; Riedel, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 15 Rn 46; Reimann, ZEV 1994, 7, 8; Barthel, DB 1990, 1145, 1146; Braunhofer, S. 238 f.; Staudinger/Haas [2006], § 2311 Rn 81; MüKo/Lange, § 2311 Rn 39.
[561] IDW S 1, Tz 102 f., FN-IDW 2008, 271, 284.
[562] IDW S 1, Tz 24, FN-IDW 2008, 271, 276.
[563] Bratke, Abfindungsklauseln, S. 11.
[564] BeckOGK/Blum, § 2311 Rn 191; IDW S 1, Tz 5, 7, FN-IDW 2008, 271, 274; Großfeld/Egger/Tönnes, Unternehmensbewertung, Rn 127; Piltz, Unternehmensbewertung, S. 35; Helbling, Unternehmensbewertung, S. 177 f.; Peemöller, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 33.
[565] IDW S 1, Tz 102, FN-IDW 2008, 271, 284; Großfeld/Egger/Tönnes, Unternehmensbewertung, Rn 128; OLG Zweibrücken AG 1995, 421 ff.

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