Rz. 110

Bereits das RG[399] vertrat die Auffassung, dass der Wert einer lebenslänglichen Rente nach versicherungsmathematischen Grundsätzen durch Schätzung zu ermitteln sei; hierbei müsse i.R.d. Kapitalisierung des ermittelten Jahresbetrages nicht notwendigerweise der gesetzliche Zinsfuß zugrunde gelegt werden, vielmehr sei der anzuwendende Zinsfuß unter Berücksichtigung der zeitlich und örtlich verschiedenen Verhältnisse zu bestimmen. Aus heutiger Sicht sind diejenigen wiederkehrenden Leistungen, für deren Bewertung sich im geschäftlichen Verkehr bestimmte Grundsätze herausgebildet haben, nach eben diesen Grundsätzen zu bewerten (z.B. Leibrenten, bei deren Bewertung die Sätze der Versicherungsunternehmen einen Anhalt bieten können). Lässt sich ein einem Marktpreis vergleichbarer Wert nicht feststellen, muss die Kapitalisierung zu einem Zinsfuß erfolgen, der auf den gegenwärtigen Geldmarktverhältnissen bzw. der derzeitigen Ertragsfähigkeit des mit den wiederkehrenden Leistungen belasteten Vermögens beruht. Wenn die Laufzeit der wiederkehrenden Leistungen von nicht exakt planbaren Ereignissen, z.B. dem Todeszeitpunkt des Berechtigten, abhängt, bietet sich zwar zunächst der Rückgriff auf die amtlichen Sterbetafeln des statistischen Bundesamtes an. Besonderheiten in der Person des Berechtigten (z.B. eine im Zeitpunkt der Bewertung bereits bekannte schwere Erkrankung, die auf eine wesentlich kürzere Lebenserwartung schließen lässt) müssen aber gesondert berücksichtigt werden.[400] Zur Bestimmung des anzuwendenden Kapitalisierungszinsfußes kann auf die bewertungsrechtlichen Vorschriften der §§ 1316 BewG (nebst den dazu erlassenen Anlagen bzw. ab 2009 den jährlich herausgegebenen BMF-Schreiben)[401] zurückgegriffen werden. Auch hier kann jedoch in Einzelfällen eine Anpassung an die besonderen Umstände des Einzelfalls geboten sein.[402]

[399] RGZ 72, 379, 382.
[400] Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 7 Rn 62.
[401] Für 2009: BStBl I 2009, 270; für 2010: BStBl I 2009, 1168; für 2011: BStBl I 2010, 1288; für 2012: BStBl I 2011, 834; für 2013 bis 2015: BStBl I 2012, 950, BStBl I 2013, 1609 sowie BStBl I 2014, 1576; für 2016 bis 2018: BStBl I 2015, 954, ZEV 2017, 116 und BStBl I 2017, 1526; für 2019: BStBl I 2018, 1306.
[402] BGHZ 14, 369, 376 f.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge