Rz. 188

Der Liquidations- oder auch Zerschlagungswert[544] ist der Betrag, der nach Abschluss einer Liquidation des Unternehmens für dessen Eigner verbleibt. Er setzt sich aus drei Komponenten zusammen: dem Zerschlagungswert des Vermögens, dem Betrag der bei Zerschlagung noch zu bedienenden Schulden und den Liquidationskosten.[545]

 

Rz. 189

Die Vermögensgegenstände des Aktivvermögens sind mit ihren jeweiligen – im Rahmen einer Liquidation erzielbaren – Veräußerungserlösen anzusetzen.[546] Bei unveräußerlichen Gegenständen ist deren Schrottwert, ggf. sogar der (negative) Betrag der zu erwartenden Entsorgungskosten maßgeblich.[547] Grundsätzlich ist das (kosten)günstigste Verwertungs- und Liquidationskonzept zugrunde zu legen.[548]

 

Rz. 190

Die Posten der Passivseite sind nur insoweit anzusetzen, als die Verbindlichkeiten tatsächlich getilgt werden müssen. Insbesondere Rückstellungen, die wegen der Zerschlagung des Unternehmens nicht mehr benötigt werden (z.B. Instandhaltungs- oder Jubiläumsrückstellungen) sind aufzulösen. Die zu deckenden Schulden werden mit den jeweiligen Rückzahlungsbeträgen bewertet.[549] Zu den Liquidationskosten zählen beispielsweise Aufwendungen aus Sozialplänen oder auch die bei der Aufdeckung stiller Reserven anfallenden Ertragsteuern.[550]

 

Rz. 191

Übersteigt der Liquidationswert eines Unternehmens den Wert der bei Fortführung zu erwartenden Erträge bzw. der den Unternehmenseignern zufließenden Zahlungsströme, besteht die wirtschaftlich sinnvollste Handlungsalternative in der Durchführung der Liquidation. Vor diesem Hintergrund wird der Zerschlagungswert oftmals als Wertuntergrenze im Rahmen der Unternehmensbewertung (gerade bei kleinen und mittleren Betrieben) angesehen.[551]

Soweit die Liquidation nicht tatsächlich durchgeführt wird, ist die Bestimmung des Zerschlagungswerts recht problematisch, da die Zerschlagungssituation nur schwer vorhergesehen werden kann.[552]

[544] Vgl. Fleischer/Schneider, DStR 2013, 1736.
[545] Sieben/Maltry, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 674.
[546] Mandl/Rabel, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 85 f.
[547] Piltz, Unternehmensbewertung, S. 188; Sieben/Maltry, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 675.
[548] Vgl. WP-Handbuch Band II, 2014, Abschnitt A, Rn 197.
[549] Vgl. WP-Handbuch Band II, 2014, Abschnitt A, Rn 196.
[550] Piltz, Unternehmensbewertung, S. 188; WP-Handbuch Band II, 2014, Abschnitt A, Rn 199.
[551] BeckOGK/Blum, § 2311 Rn 194; Mandl/Rabel, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 89; Großfeld,/Egger/Tönnes Unternehmensbewertung, Rn 129; Piltz, Unternehmensbewertung, S. 189; Abweichungen von diesem Grundsatz und ihre Voraussetzungen werden in der Rspr. kontrovers diskutiert: BGH WM 1978, 401, 405 f.; BGH DB 1973, 563, 564; BGH FamRZ 1986, 776, 778 f.; OLG Düsseldorf AG 2009, 907; zum Pflichtteilsrecht vgl. Riedel, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 15 Rn 44.
[552] Mandl/Rabel, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 86; Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, S. 103.

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