Rz. 214

Als Zukunftserfolgswert stellt sich der Unternehmenswert als auf den Bewertungsstichtag diskontierter Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse dar. Im Regelfall ist von einer unbegrenzten Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens auszugehen;[607] bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine nur begrenzte Lebensdauer, ist dies entsprechend zu berücksichtigen.

 

Rz. 215

Bei unterstellter unbegrenzter Lebensdauer des Unternehmens entspricht der Unternehmenswert dem Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen zuzüglich des Barwerts der künftigen finanziellen Überschüsse aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen.[608] Bei nur begrenzter Lebensdauer ist im Rahmen der Barwertermittlung der Zeitpunkt der Aufgabe des Unternehmens zu berücksichtigen; der Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse aus der Unternehmensaufgabe (z.B. der Liquidation) ist dem Barwert der laufenden finanziellen Überschüsse hinzu zu addieren.[609]

 

Rz. 216

Im Hinblick auf die einer zukunftsbezogenen Bewertung immanenten Prognoseunsicherheiten sowie die mit einem unternehmerischen Engagement stets verbundenen Chancen und Risiken, ist beim Abzinsungsfaktor eine Risikoprämie zu berücksichtigen. Insoweit gehen Theorie und Praxis übereinstimmend davon aus, dass die Wirtschaftssubjekte künftige Risiken stärker gewichten als zukünftige Chancen (Risikoaversion).[610] Insoweit kann die sog. Zinszuschlagsmethode derzeit als Standard angesehen werden.[611]

 

Rz. 217

In der Praxis kann die Höhe des Risikozuschlags nur mit vereinfachenden Annahmen festgelegt werden. Hierfür bilden am Markt beobachtete Risikoprämien zumeist eine geeignete Ausgangsgröße, die an der Besonderheiten des jeweiligen Bewertungsfalls anzupassen ist. Eine bloße Übernahme beobachteter Risikoprämien scheidet grundsätzlich aus, da sich das zu bewertende Unternehmen naturgemäß mehr oder weniger stark von den Vergleichsunternehmen unterscheidet, für die Risikoprämien am Markt tatsächlich beobachtet wurden.

 

Rz. 218

Rechnerisch lässt sich der Unternehmenswert entweder direkt (einstufig) durch Nettokapitalisierung ermitteln, indem die um Fremdkapitalkosten verminderten finanziellen Überschüsse in einem Schritt diskontiert werden. Dies ist die Vorgehensweise beim klassischen Ertragswertverfahren sowie im Rahmen des sog. Equity-Ansatzes beim DCF-Verfahren. Der Unternehmenswert lässt sich aber auch indirekt (mehrstufig) durch Bruttokapitalisierung ermitteln, indem einzelne Komponenten der finanziellen Überschüsse mit unterschiedlichen Zinssätzen kapitalisiert werden oder indem nur die finanziellen Überschüsse aus der Geschäftstätigkeit in einem Schritt diskontiert und anschließend um den Marktwert des Fremdkapitals gemindert werden. Diese Überlegung liegt dem Konzept des angepassten Barwerts (Adjusted Present Value – oder auch APV-Ansatz) zugrunde, ebenso auch dem Konzept der gewogenen Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital – oder WACC-Ansatz). Beides sind Varianten des DCF-Verfahrens.[612]

 

Rz. 219

Unabhängig vom konkreten Bewertungsverfahren ist aber auf jeden Fall die Kapitalstruktur des zu bewertenden Unternehmens für die Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes von Bedeutung. Denn mit Erhöhung des Verschuldungsgrades steigt auch das finanzielle Risiko, was bei im Übrigen unveränderten Bedingungen zu höheren Risikozuschlägen beim Kapitalisierungsfaktor führt.

[607] IDW S 1, Tz 85, FN-IDW 2008, 271, 282.
[608] IDW S 1, Tz 86, FN-IDW 2008, 271, 282.
[609] IDW S 1, Tz 87, FN-IDW 2008, 271, 282.
[610] IDW S 1, Tz 88, FN-IDW 2008, 271, 282.
[611] IDW S 1, Tz 90, FN-IDW 2008, 271, 282.
[612] Vgl. IDW S 1, Tz 99, FN-IDW 2008, 271, 283.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge