Rz. 1

Gem. § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB besteht der Pflichtteil in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Die Art und Weise der Berechnung ist in §§ 23102316 BGB geregelt. Grundsätzlich richtet sich der Pflichtteil nach der sich entsprechend den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, §§ 1924 ff. BGB, ergebenden Erbquote. Auch § 2310 BGB ändert an den allg. erbrechtlichen Grundsätzen nichts.[1] Der Gesetzgeber stellt jedoch in S. 1 klar, dass anstatt der konkreten Erbquote (zwingend)[2] eine abstrakte Quote maßgeblich sein soll,[3] so als ob die gesetzliche Erbfolge eingetreten wäre.[4]

 

Rz. 2

Bei der Bestimmung dieser abstrakten Erbquote ist jeder gesetzliche Erbanwärter mitzuzählen,[5] der nicht bereits vor dem Tod des Erblassers einen Erbverzicht erklärt hat.[6] Enterbung, Ausschlagung und Erbunwürdigkeitserklärung wirken sich auf die Quotenberechnung nicht aus.[7]

 

Rz. 3

Dies hat zur Folge, dass der (spätere) Wegfall eines Pflichtteilsberechtigten den Anspruch der übrigen nicht erhöht, sondern stattdessen den Erben entlastet.[8] Außerdem wird auf diese Weise sichergestellt, dass die Höhe der jeweiligen Pflichtteilsansprüche sowohl den Dispositionen des Erblassers als auch des bzw. der Erben bzw. anderen Pflichtteilsberechtigten entzogen ist.[9]

 

Rz. 4

Einfluss auf die Quotenberechnung hat allein der Erbverzicht, S. 2.[10] Er wirkt sich für die übrigen Pflichtteilsberechtigten quotenerhöhend aus. Dem liegt die Überlegung des Gesetzgebers zu Grunde, dass ein Erbverzicht nur in Ausnahmefällen nicht gegen Abfindung erklärt wird. Die Abfindung führt aber ohnehin bereits zu einer Schmälerung des Nachlasses[11] und daher – mittelbar – zu einer Reduzierung der Pflichtteilsansprüche. Würde nun der Verzichtende bei der Berechnung mitgezählt, könnte es auf diese Weise zu einer doppelten Benachteiligung des Pflichtteilsberechtigten kommen.[12] Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Quotenverschiebung nicht von der Frage, ob tatsächlich eine Abfindung gezahlt wurde, oder von deren konkreter Höhe abhängig zu machen,[13] dient in erster Linie der Vereinfachung des Berechnungsverfahrens.[14]

[1] Soergel/Dieckmann, § 2310 Rn 4.
[2] BeckOGK/Szalai, § 2310 Rn 2; Staudinger/Otte [2015], § 2310 Rn 2; MüKo/Lange, § 2310 Rn 1.
[3] BeckOGK/Szalai, § 2310 Rn 1; Burandt/Rojahn/Horn, Erbrecht, § 2310 Rn 1; Soergel/Dieckmann, § 2310 Rn 1; MüKo/Lange, § 2310 Rn 1; Staudinger/Otte [2015], § 2310 Rn 1.
[4] BGH NJW 2002, 672, 673; Staudinger/Otte [2015], § 2310 Rn 1, 2.
[5] BeckOGK/Szalai, § 2310 Rn 3.
[6] Oder bereits (vor)verstorben ist, vgl. Burandt/Rojahn/Horn, Erbrecht, § 2310 Rn 4 unter Hinweis auf OLG Schleswig ZEV 2015, 350.
[7] MüKo/Lange, § 2310 Rn 1.
[8] Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 3 Rn 59; Staudinger/Otte [2015], § 2310 Rn 2; BeckOGK/Szalai, § 2310 Rn 6 ff.
[9] Mot. V, S. 404; MüKo/Lange, § 2310 Rn 1; BeckOGK/Szalai, § 2310 Rn 2; Staudinger/Haas [2006], § 2310 Rn 2; Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 3 Rn 59.
[10] MüKo/Lange, § 2310 Rn 2; BeckOGK/Szalai, § 2310 Rn 13 ff.; Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 3 Rn 95.
[11] Vgl. OLG Hamm ZEV 2000, 277, 278.
[12] Prot. V, S. 611 ff.; Kipp/Coing, § 9 II 1b; Schramm, BWNotZ 1977, 88, 89; Staudinger/Otte [2015], § 2310 Rn 14.
[13] BeckOGK/Szalai, § 2310 Rn 13; Staudinger/Otte [2015], § 2310 Rn 14.
[14] Prot. V, S. 611 ff.; Soergel/Dieckmann, § 2310 Rn 3; MüKo/Lange, § 2310 Rn 2; Staudinger/Otte [2015], § 2310 Rn 14.

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