Rz. 18

Die Annahme des Vermächtnisses (ohne Pflichtteilsvorbehalt) bewirkt, dass der Pflichtteilsberechtigte dieses endgültig erwirbt und gleichzeitig seinen Pflichtteilsanspruch – soweit er durch das Vermächtnis gedeckt ist – (wirtschaftlich) verliert.[70] Der Vermächtnisanspruch unterliegt den allg. Regeln über Vermächtnisse. Besonderheiten aufgrund von § 2307 BGB ergeben sich nicht.[71] Die Verjährung des Anspruchs unterliegt somit § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB; im Insolvenzfalle steht das Vermächtnis gleichrangig neben dem Pflichtteilsanspruch, soweit es diesen nicht übersteigt, § 327 Abs. 2 S. 1 InsO,[72] wobei jedoch im Gegensatz zum Pflichtteil kein Pfändungsschutz nach § 852 ZPO oder einer entsprechenden Regelung besteht.[73] Erweist sich der Vermächtnisanspruch gegen den Beschwerten im Nachhinein – aus welchen Gründen auch immer – als nicht werthaltig, ändert dies an der Annahme und den damit verbundenen Wirkungen nichts, insbesondere ist eine nachträgliche Ausschlagung, wie oben erwähnt, ausgeschlossen.[74]

 

Rz. 19

Problematisch sind in diesem Zusammenhang vor allem die Fälle, in denen die Vermächtnisanordnung auflösend bedingt ist und die Bedingung an die Geltendmachung des Pflichtteils anknüpft. Soweit derartige Anordnungen dahingehend auszulegen sind, dass das Vermächtnis anstelle des Pflichtteils zugewendet werden sollte (Regelfall),[75] führt der Bedingungseintritt nach Annahme des Vermächtnisses für den Pflichtteilsberechtigten u.U. zu einem vollständigen Verlust seiner Rechte. Das Vermächtnis entfällt aufgrund des Bedingungseintritts, ist aber wegen des Verweises in § 2307 BGB auf § 2306 BGB in voller Höhe auf den Pflichtteil anzurechnen,[76] so dass i.d.H. des Werts des Vermächtnisses alle Ansprüche entfallen sind. Folgert man aus der Ausgestaltung der Vermächtnisanordnung weiter, dass mit der Annahme automatisch ein Verzicht auf den – weitergehenden – Pflichtteil verbunden ist, besteht nicht einmal mehr der Pflichtteilsrestanspruch.[77] Vor dem Hintergrund, dass der Pflichtteilsberechtigte ohne weiteres die Möglichkeit hat, seinen Pflichtteil durch die Ausschlagung des Vermächtnisses zu sichern, bestehen gegen die Zulässigkeit derartiger Vermächtnisse keine Bedenken.[78]

[70] Staudinger/Haas [2006], § 2307 Rn 16.
[71] MüKo/Lange, § 2307 Rn 14; BeckOGK/Obergfell, § 2307 Rn 11.
[72] BeckOGK/Obergfell, § 2307 Rn 11; Staudinger/Haas [2006], § 2307 Rn 17; Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 4 Rn 25.
[73] BayObLG OLGE 16, 41 f.; J. Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler/Wälzholz, HB Pflichtteilsrecht (3. Auflage), § 4 Rn 25.
[74] Staudinger/Haas [2006], § 2307 Rn 17.
[75] Vgl. Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 4 Rn 29.
[76] Staudinger/Haas [2006], § 2307 Rn 23; Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 3 Rn 31; a.A. Soergel/Dieckmann, § 2307 Rn 7.
[77] Hölscher/Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 4 Rn 31.
[78] BeckOGK/Obergfell, § 2307 Rn 11; Staudinger/Haas [2006], § 2307 Rn 22 f.; zustimmend auch OLG Braunschweig OLGE 21, 343, 344 für eine aufschiebende Bedingung entsprechenden Inhalts; a.A. Soergel/Loritz, § 2075 Rn 17.

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