Rz. 2

Durch den Aufhebungsvertrag kann der gesamte Erbvertrag, aber auch nur einzelne vertragsmäßige Verfügungen[1] aufgehoben werden, Abs. 1. Der Aufhebungsvertrag kann ausdrücklich als solcher geschlossen werden, er kann aber auch konkludent in dem Abschluss eines neuen Erbvertrages zwischen denselben Vertragsschließenden enthalten sein;[2] der Erbvertrag unter Ehegatten kann auch durch gemeinschaftliches Testament aufgehoben werden, § 2292 BGB. Betrifft die vertragsmäßige Verfügung ein Vermächtnis, eine Auflage oder eine Rechtswahl, dann kann die Aufhebung der entsprechenden Verfügung unter den Voraussetzungen des § 2291 BGB durch Testament aufgehoben werden. Soll die vertragsmäßige Verfügung wiederhergestellt werden, damit eine zwischenzeitliche Verfügung von Todes wegen zugunsten eines Dritten nach § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam bleibt, dann kann der Aufhebungsvertrag wieder aufgehoben werden. Für diese Aufhebung gelten dann aber die (strengeren) §§ 2274 ff. BGB, nicht § 2290 BGB, weil die Aufhebung des Aufhebungsvertrages die erbrechtliche Bindung wiederherstellt und damit wie der Abschluss eines neuen, inhaltsgleichen Erbvertrages wirkt.[3] Der Aufhebungsvertrag lässt die Bindungswirkung auch dann nicht entfallen, wenn er nichtig ist oder wirksam angefochten worden ist.[4] Eine Nichtigkeit nach § 138 BGB ist jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn der Erbvertrag aufgehoben wird, um den Erbteil den Gläubigern des Vertragserben zu entziehen[5] – vgl. § 2338 BGB – oder um die Erbschaft einem Dritten zukommen zu lassen, weil der vertragsmäßig Bedachte vor dem Erbfall keinen Rechtsanspruch auf die Zuwendung hat. Die Anfechtung richtet sich für den Erblasser nach §§ 2281 ff., für den Nächstberufenen nach §§ 2078 ff. BGB.[6] Die entsprechende Anwendung ist wegen der Ähnlichkeit der Rechtslage geboten.[7]

[1] Keller, ZEV 2004, 93 f.; Lehmann, ZErb 2009, 351; MüKo/Musielak, § 2290 Rn 2 m.w.N.
[2] BayObLG FamRZ 1994, 190; OLG Hamm ZEV 2012, 266, 267 m. Anm. Gockel.
[3] Soergel/Wolf, § 2290 Rn 10; Staudinger/Kanzleiter, § 2290 Rn 19.
[4] Zu einer treuwidrigen Berufung auf eine nichtige Erbvertragsaufhebung vgl. OLG Schleswig NJW-RR 2006, 1665.
[5] RG LZ 1919, 435, 436.
[6] Palandt/Weidlich, § 2290 Rn 4; Staudinger/Kanzleiter, § 2290 Rn 20; MüKo/Musielak, § 2290 Rn 9; a.A. Soergel/Wolf, § 2290 Rn 10: auch soweit der Erblasser anficht nach §§ 119 ff. BGB.
[7] Vgl. auch MüKo/Musielak, § 2290 Rn 9.

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