Rz. 35

Die Beweislast im Prozess bzw. die materielle Feststellungslast im Erbscheinsverfahren trägt nach den allg. Regeln derjenige, der sein Erbrecht aus der Wechselbezüglichkeit herleiten will für diejenigen Tatsachen, die die Wechselbezüglichkeit einer Verfügung begründen.[145] Dieser Grundsatz ist im Anwendungsbereich der Auslegungsregel des Abs. 2, und zwar für die 1. und die 2. der dort aufgeführten Alternativen, eingeschränkt. Dies bedeutet, dass derjenige, der Tatsachen behauptet, aus denen sich eine von der Auslegungsregel der vorgenannten Vorschrift abweichende Auslegung ergibt, diese darzulegen und zu beweisen hat.[146] Diese Ausnahme gilt wiederum nicht für die 3. Alt. des Abs. 2 (Fallgruppe der nahestehenden Personen). Die Tatsachen, aus denen sich das Nahestehen ergeben soll, hat wiederum derjenige zu beweisen, der sein Erbrecht auf die sich aus dem Nahestehen ergebende Wechselbezüglichkeit stützen will.[147] Auch derjenige, der sein Erbrecht darauf stützt, dass eine ihn beeinträchtigende oder ausschließende letztwillige Verfügung nach Abs. 1 nichtig ist, weil sie zu einer nichtigen bzw. widerrufenen Verfügung des anderen Ehegatten im Verhältnis der Wechselbezüglichkeit steht, hat die Tatsachen, aus denen sich diese Wechselbezüglichkeit ergibt, zu beweisen.[148]

[145] BayObLG FamRZ 1993, 1126; BayObLG FamRZ 1991, 111; BayObLG Rpfleger 1987, 359; BayObLG FamRZ 1986, 392, 395; Nieder, ZErb 2001, 120, 123; zur materiellen Feststellungslast: Zimmer, NJW 2009, 2364.
[146] BayObLG NJW-RR 1992, 1223, 1224; Nieder, ZErb 2001, 120, 123.
[147] KG OLGZ 1993, 398, 402; BayObLG FamRZ 1991, 1232; Nieder, ZErb 2001, 120, 123.
[148] Mayer, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2270 Rn 76; Baumgärtel/Schmitz, Rn 1.

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