Rz. 54

Zu beachten ist, dass die Vermächtnislösung keinen dinglich wirkenden Schutz bietet. Über § 2179 BGB wird der Vermächtnisnehmer lediglich nach §§ 158, 159, 160, 162 BGB, nicht aber nach § 161 BGB geschützt.[147] Sowohl der mit dem Vermächtnis Beschwerte als auch Gläubiger desselben können hier die Rechte des Vermächtnisnehmers beeinträchtigende Verfügungen vornehmen. Darin liegt der Nachteil gegenüber der Regelung über eine Vor-/Nacherbschaft. Andererseits ist hier der überlebende Ehegatte weitestgehend in seiner Verfügungsmacht unbeschränkt, insbesondere über die Möglichkeiten des § 2136 BGB hinaus.

 

Rz. 55

Für den Pflichtteilsberechtigten birgt die Vermächtnislösung tückische Fallstricke. Macht dieser seine Pflichtteilsrechte nach dem ersten Erbfall geltend, so hat er sich auch den Wert des durch die Wiederheirat aufschiebend bedingten Vermächtnisses auf seinen Pflichtteil anrechnen zu lassen.[148] Der Pflichtteilsanspruch wird demnach in Höhe des Vermächtnisses reduziert. Tritt dann der Fall der Wiederheirat nicht ein, so erhält er aber eben jenes ihm angerechnete Vermächtnis nicht.

 

Rz. 56

 

Praxistipp

Dem Pflichtteilsberechtigten ist daher zu empfehlen, innerhalb der Verjährungsfrist des § 2332 BGB das Vermächtnis auszuschlagen. Nur so kann er sich den vollen Pflichtteilsanspruch sichern.[149] Lediglich eine Mindermeinung rechnet das Vermächtnis erst im Fall der Wiederheirat auf den Pflichtteilsanspruch an.[150]

[147] Mayer, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2269 Rn 75; Bungenroth, NJW 1967, 1357.
[148] Soergel/Dieckmann, § 2307 Rn 2; Lange/Kuchinke, § 37 V, S. 6 Fn 108 m.w.N.
[149] Mayer, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2269 Rn 79.
[150] So Strecker, ZEV 1996, 327, 330;

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