Rz. 9

Nach Abs. 2 finden die Vorschriften zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, analoge Anwendung. Im Einzelnen handelt es sich um die Regelungen in:

§ 892 BGB (Öffentlicher Glaube des Grundbuchs),
§ 893 BGB (Rechtsgeschäft mit dem Eingetragenen),
§§ 932 ff. BGB (Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten),
§ 1032 BGB (Bestellung des Nießbrauchs an beweglichen Sachen),
§ 1207 BGB (Verpfändung durch Nichtberechtigten),
§ 1244 BGB (Gutgläubiger Erwerb bei Pfandrecht) und
§§ 2365 ff. BGB (Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins und Testamentsvollstreckerzeugnis).
 

Rz. 10

Haben Dritte auf die Verfügungsbefugnis des Erben vertraut, weil sie die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht kannten oder annahmen, der verfügte Gegenstand falle nicht in den Nachlass bzw. unter die Verwaltung des Testamentsvollstreckers, so wird dieser gute Glaube geschützt. Ein gutgläubiger Erwerb scheidet in den Fällen aus, in denen die Testamentsvollstreckung bekannt gemacht wurde, wie z.B. durch Eintragung ins Grundbuch nach § 52 GBO oder Schifffahrtsregister nach § 55 SchiffsRegO, durch Eintragung der Verfügungsbeschränkung im Erbschein. Insofern kann eine Grundbuchberichtigung nur durch den Testamentsvollstrecker selbst erfolgen. Waren die Erben noch nicht im Grundbuch eingetragen, scheitert ein guter Glaube, auch wenn keine Kenntnis von der Testamentsvollstreckung besteht. Ggf. greift dann aber § 2366 BGB, wenn ein Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk vorlag.

 

Rz. 11

Ferner scheidet ein gutgläubiger Erwerb bei positiver Kenntnis von der Testamentsvollstreckung durch den Dritten aus. Der Dritte ist dann zur Einsichtnahme in den Erbschein verpflichtet. Demzufolge reicht für eine Gutgläubigkeit nicht aus, wenn in einem solchen Fall der Dritte (irrtümlich) glaubt, der Nachlassgegenstand falle nicht unter die Testamentsvollstreckung. Problematisch ist, ob der Dritte generell bei Rechtsgeschäften mit Erben verpflichtet ist, sich den Erbschein vorlegen zu lassen, um gutgläubig erwerben zu können.[3] Dies ist im Ergebnis zu verneinen, da es auf die positive Kenntnis von der Testamentsvollstreckung ankommt.

 

Rz. 12

Der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers wird durch Abs. 2 nicht geschützt. Abs. 2 gilt auch nicht, wenn der Erbe dem Testamentsvollstrecker den Besitz entzogen hat und er damit i.S.d. § 935 BGB abhandengekommen ist. Liegt ein unrichtiger Erbschein vor, bei dem ein Testamentsvollstreckervermerk fehlt, ist Abs. 2 ebenfalls nicht anwendbar. Ein gutgläubiger Erwerb ist dann nur nach § 2366 BGB möglich, wobei sogar grobe Fahrlässigkeit nicht schadet, sondern nur die positive Kenntnis von der Unrichtigkeit. Kommt es zu einer gutgläubigen Leistung eines Dritten an den Erben statt an den Testamentsvollstrecker, so wird der Dritte nach überwiegender Auffassung entweder nach § 407 BGB analog[4] oder aber § 1984 BGB analog[5] (ebenso wird eine Analogie nach § 82 S. 1 InsO in Betracht gezogen) von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er keine positive Kenntnis von der Testamentsvollstreckung hatte. Nach Damrau[6] geht diese Analogie zu weit und er befürwortet stattdessen eine Analogie zu § 2140 BGB, wonach bereits Fahrlässigkeit den gutgläubigen Erwerb ausschließt.

[3] Vgl. dazu Staudinger/Reimann, § 2211 Rn 25; MüKo/Zimmermann, § 2211 Rn 18 (beide dafür); BeckOK BGB/Lange, § 2211 Rn 11 (verneinend) sowie Soergel/Damrau, § 2211 Rn 10, der wegen einer Analogieanwendung bei § 2140 BGB Fahrlässigkeit statt positiver Kenntnis ausreichen lässt.
[4] OLG Bremen MDR 1964, 328.
[5] Vgl. Staudinger/Reimann, § 2211 Rn 27.
[6] Soergel/Damrau, § 2211 Rn 10.

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