Gesetzestext

 

1Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zu verwalten. 2Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen. 3Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nur berechtigt, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der Testamentsvollstrecker ist durch S. 1 berechtigt und verpflichtet, den Nachlass zu verwalten. Des Weiteren wird ihm durch S. 2 das Recht eingeräumt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen. Hierdurch entsteht insgesamt ein Sondervermögen, über das der Erbe nicht verfügen kann (vgl. § 2211 BGB). Ferner führt die Testamentsvollstreckung zum Zugriffsausschluss privater Gläubiger des Erben (vgl. § 2214 BGB). Von der Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht befreien (vgl. §§ 2216, 2220 BGB). Zweck der Nachlassverwaltung ist, die Durchführung der dem Testamentsvollstrecker obliegenden Aufgaben zu ermöglichen. Dazu gehören insbesondere die Ausführung der letztwilligen Verfügung gem. § 2203 BGB, das Bewirken der Auseinandersetzung zwischen den Miterben gem. § 2204 BGB. Lediglich bei der Verwaltungsvollstreckung i.S.d. § 2209 BGB ist die Verwaltung des Nachlasses selbstständige Aufgabe des Testamentsvollstreckers.[1]

[1] Soergel/Damrau, § 2205 Rn 2.

B. Tatbestand

I. Reichweite der Verwaltungsbefugnis

 

Rz. 2

Grundsätzlich unterliegt der gesamte Nachlass ausschließlich und ohne Beschränkung dem Verwaltungsrecht durch den Testamentsvollstrecker. Hierdurch werden alle Erben von ihrer Verfügungsmöglichkeit ausgeschlossen. Lediglich durch das Schenkungsverbot aus S. 3 wird die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers eingeschränkt. Ebenso hat er sich an Anordnungen des Erblassers nach Maßgabe des § 2208 BGB und an die Grundsätze der ordnungsmäßige Verwaltung aus §§ 2206, 2216 BGB zu halten. Unter die Verwaltung des Nachlasses fallen alle erforderlichen und zweckdienlichen Maßnahmen zur Sicherung, Erhaltung, Nutzung oder Verwertung bzw. Mehrung des Nachlasses. Daher ist der Testamentsvollstrecker z.B. zur Eingehung von Verbindlichkeiten, zur Verfügung über Nachlassgegenstände, zur Besitznahme und -ausübung sowie zur Prozessführung berechtigt. Die Reichweite der Verwaltungsbefugnis wird somit insbesondere durch den Erblasser bestimmt, der die Testamentsvollstreckung auch auf einen bestimmten Erbteil beschränken kann (sog. Erbteilsvollstreckung) oder auf einen Nachlassbruchteil. Selbst wenn der Erbteil ge- oder verpfändet ist, wird die Befugnis zur Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker nicht tangiert. Gleiches gilt für Nacherbenrechte, da die §§ 2113 ff. BGB diesbezüglich nicht anwendbar sind. Insgesamt ist somit die Reichweite der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers funktionsbezogen zu betrachten.

 

Rz. 3

Welche Rechte etc. Gegenstand der Verwaltungsbefugnis sind, zeigt die nachfolgende Übersicht:

 
Gegenstand der Verwaltungsbefugnis Nicht Gegenstand der Verwaltungsbefugnis
Vollständiger vererblicher Nachlass inkl. Nutzungen
Surrogationserwerb gem. § 2019 BGB bzw. § 2041 BGB
Urheberrecht, wenn Ausübung gem. § 28 UrhG auf Testamentsvollstrecker übertragen
Wahrnehmung des Namensrechts nach § 12 BGB,[2] nur sofern zur Geltendmachung durch Erblasser ermächtigt oder sofern vermögensrechtlicher Natur
Abwehr von Ehrangriffen gegen Erblasser, sofern hierzu ausdrücklich ermächtigt
Antrag auf Todeserklärung eines Beteiligten nach § 16 Abs. 2 VerschG
Kündigungsrechte aus Mietverhältnis nach § 569 BGB
Anspruch auf Schadensersatz nach § 2219 BGB gegenüber früherem Testamentsvollstrecker, sofern nicht nur einzelner Erbe oder Vermächtnisnehmer geschädigt
Widerruf eines Bezugsrechts aus einer Lebensversicherung, damit diese in den Nachlass fällt, sofern dieses noch nicht vollzogen ist
Geltendmachung von Versicherungsrechten, sofern diese in den Nachlass fallen (wie z.B. Sachversicherungen)
Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters aus § 89b HGB
Verfügung über einen Erbteil, der bereits dem Erblasser an einem anderen Nachlass zugefallen ist
Höchstpersönliche Rechte des Erblassers, die über den Tod hinaus fortwirken, insbes. höchstpersönliche Gesellschafterrechte
Erbenrechte im Erbprätendentenstreit
Ausschlagungsrecht einer Erbschaft, die noch zu Lebzeiten des Erblassers angefallen ist
Anspruch auf Herausgabe einer beeinträchtigenden Schenkung nach § 2287 BGB
Anfechtungsrechte aus §§ 2078, 2079 BGB
Erhebung der Einrede der Anfechtbarkeit nach § 2083 BGB
Anfechtungsrecht wegen Erbunwürdigkeit nach §§ 2341, 2345 BGB
Sondererbrecht der Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner und Familienangehörigen nach § 563a BGB
Widerrufsrecht einer Schenkung aus § 530 Abs. 2 BGB
Anfechtung einer familiengerichtlichen Genehmigung über den Vergleich über ein Erbrecht des Betroffenen
Verfügung über den Erbteil
Ansprüche aus einem Lastenausgleich, soweit der Erblasser persönlich Geschädigter war
Haftpflichtversicherungen, die mit dem T...

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