Gesetzestext

 

(1)Wird die Vollziehung einer Auflage infolge eines von dem Beschwerten zu vertretenden Umstands unmöglich, so kann derjenige, welchem der Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zustatten kommen würde, die Herausgabe der Zuwendung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als die Zuwendung zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.

(2)Das Gleiche gilt, wenn der Beschwerte zur Vollziehung einer Auflage, die nicht durch einen Dritten vollzogen werden kann, rechtskräftig verurteilt ist und die zulässigen Zwangsmittel erfolglos gegen ihn angewendet worden sind.

A. Allgemeines

I. Normzweck

 

Rz. 1

Die Vorschrift will den Beschwerten, der eine wirksame Zuwendung unter einer wirksamen Auflage bekommen hat, dazu anhalten, seiner Verpflichtung aus der Auflage nachzukommen. Sie gilt entsprechend für den gesetzlichen Erben, der mit einer Auflage beschwert ist.[1]

[1] MüKo/Rudy, § 2196 Rn 2.

II. Geregelte Fälle

 

Rz. 2

Geregelt sind zwei Fälle: Die Vollziehung der Auflage wird aufgrund eines Umstands unmöglich, den der Beschwerte zu vertreten hat (Abs. 1). Der Beschwerte wurde rechtskräftig zur Vollziehung einer Auflage verurteilt, die nicht durch einen Dritten vollzogen werden kann, und die zulässigen Zwangsmittel wurden erfolglos gegen ihn angewendet (Abs. 2).

III. Regelungsmöglichkeiten des Erblassers

 

Rz. 3

Die Vorschrift ist dispositiv.[2] Damit hat es der Erblasser in der Hand, selbst zu bestimmen, welche Folgen es für den Beschwerten hat, wenn er seine Verpflichtung aus der Auflage nicht erfüllt. Das kann über eine auflösende Bedingung dazu führen, dass die Zuwendung ganz oder teilweise wegfällt. Oder eine Auflage auf Herausgabe eines Gegenstands kann durch eine Auflage ergänzt werden, dass Wertersatz in Geld zu leisten ist.

[2] MüKo/Rudy, § 2196 Rn 2.

B. Unmöglichkeit der Vollziehung

I. Nicht zu vertretende Unmöglichkeit

 

Rz. 4

Wird die Vollziehung der Auflage unmöglich, ohne dass der Beschwerte das zu vertreten hat, wird er von der Leistungspflicht frei (§ 275 BGB). Er behält die Zuwendung auflagenfrei. Ein Begünstigter geht leer aus.

II. Zu vertretende Unmöglichkeit

 

Rz. 5

Hat der Beschwerte die Unmöglichkeit nach den §§ 276, 278 BGB zu vertreten, verliert er die Zuwendung insoweit, als er sie zur Erfüllung der Auflage hätte verwenden müssen.[3] Es wird sowohl der Fall erfasst, dass der Gegenstand der Zuwendung ganz oder teilweise hätte weitergegeben werden müssen, als auch der Fall, dass er dazu hätte verwendet werden müssen, die Mittel zur Erfüllung der Auflage zu beschaffen.[4]

[3] Staudinger/Otte, § 2196 Rn 2.
[4] Staudinger/Otte, § 2196 Rn 4.

C. Erfolglose Zwangsvollstreckung

 

Rz. 6

Der Beschwerte muss sich weigern, eine unvertretbare Handlung vorzunehmen, nachdem die zulässigen Zwangsmittel erfolglos geblieben sind. Da nach § 888 ZPO vollstreckt wird, kommen Zwangsgeld und/oder Zwangshaft als Zwangsmittel in Betracht. Gleichgestellt ist der Fall, dass der Beschwerte seiner Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung des Begünstigten zu dulden. Hier wird nach § 890 ZPO durch Ordnungsgeld und/oder Ordnungshaft vollstreckt.

D. Anspruchsinhalt

I. Entsprechende Anwendung des Bereicherungsrechts

 

Rz. 7

Die Zuwendung muss insoweit herausgegeben werden, als sie zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen. Es gelten die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Es handelt sich um eine Rechtsfolgenverweisung.

II. Wegfall der Bereicherung

 

Rz. 8

Die Herausgabe erfolgt nach den Regeln über den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB). Wenn der Beschwerte einen untergegangenen Gegenstand zur Vollziehung der Auflage hätte verwenden müssen und keinen Ersatz oder Ersatzanspruch erlangt, entfällt mit dem Gegenstand auch die Bereicherung selbst dann, wenn der Beschwerte den Untergang zu vertreten hat.[5]

[5] Vgl. zum Streitstand MüKo/Rudy, § 2196 Rn 7.

E. Anspruchsberechtigter

 

Rz. 9

Der Anspruch steht demjenigen zu, dem der Wegfall des Beschwerten unmittelbar zustattenkäme. Deshalb ist ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich nicht anspruchsberechtigt.[6] Der Begünstigte selbst ist nur dann anspruchsberechtigt, wenn ihm der Wegfall zustattenkäme.[7] Dem Erblasser bleibt es unbenommen, etwas anderes anzuordnen. Mehrere Wegfallbegünstigte teilen sich den Herausgabeanspruch, wenn es um eine teilbare Leistung geht (§ 420 BGB); bei einer unteilbaren Leistung sind sie Mitgläubiger (§ 432 BGB).

 

Rz. 10

Nicht ausdrücklich geregelt ist, ob der Anspruchsberechtigte das Erlangte seinerseits dazu verwenden muss, die Auflage zu erfüllen.[8] Richtigerweise wird man das bejahen müssen, wenn subjektive Unmöglichkeit vorliegt oder die Auflage höchstpersönlich ist. Denn der Herausgabeanspruch nach § 2196 BGB tritt an die Stelle des Vollziehungsanspruchs nach § 2194 BGB. Das hat zur Folge, dass sich der Beschwerte auf die Verjährung des Anspruchs aus § 2196 BGB berufen kann, wenn der Vollziehungsanspruch verjährt und danach die Unmöglichkeit der Vollziehung der Auflage eingetreten ist, so dass es nicht darauf ankommt, ob der Anspruch aus § 2196 BGB seinerseits verjährt ist.[9]

[6] MüKo/Rudy, § 2196 Rn 4; Palandt/Weidlich, § 2196 Rn 2; a.A. Lange/Kuchinke, § 30 III Fn 83.
[7] MüKo/Rudy, § 2196 Rn 4.
[8] A.A. MüKo/Rudy, § 2196 Rn 8 m. Nachw. zum M...

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