Gesetzestext

 

Der Vorerbe hat dem Nacherben gegenüber in Ansehung der Verwaltung nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

A. Haftungsprivilegierung

 

Rz. 1

Mit Rücksicht darauf, dass der Vorerbe während der Dauer der Vorerbschaft Eigentümer der Nachlassgegenstände ist und diese nicht lediglich treuhänderisch verwaltet, beschränkt die Vorschrift den subjektiven Maßstab für die Haftung des Vorerben auf diejenige Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (diligentia quam in suis rebus adhibere solet, vgl. §§ 276, 277, 690, 708, 1359, 1664 BGB). Nach der Begründung in den Protokollen entspricht diese Privilegierung dem mutmaßlichen Willen des Erblassers.[1] Die Haftung für grobe Fahrlässigkeit bleibt indessen unberührt, § 277 BGB.

 

Rz. 2

Da die Vorschrift den objektiven Haftungsmaßstab des § 2130 BGB in subjektiver Hinsicht beschränkt und der Nacherbe den Sorgfaltsstandard des Vorerben regelmäßig nicht kennt, trägt der Vorerbe die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er bei seiner Verwaltung die eigenübliche Sorgfalt angewendet hat.[2]

[1] Prot. V., S. 96.
[2] Baumgärtel/Schmitz, Handbuch der Beweislast, § 2131 Rn 2.

B. Reichweite der Privilegierung

 

Rz. 3

Die Haftungsbeschränkung des § 2131 BGB bezieht sich lediglich auf die allg. Pflicht des Vorerben zur ordnungsgemäßen Verwaltung, nicht jedoch auf die dem Vorerben auferlegten besonderen Pflichten; so gilt für die aus den §§ 21162119, 2123 BGB folgenden Pflichten zur Hinterlegung von Wertpapieren, zur Eintragung eines Sperrvermerkes, zur mündelsicheren Anlage von Geld sowie zur Aufstellung und Einhaltung eines Wirtschaftsplans der Pflichtenmaßstab des § 276 BGB uneingeschränkt.[3] Ferner werden die §§ 2133, 2134 BGB durch § 2131 BGB nicht berührt. Auch die Beurteilung der Unentgeltlichkeit einer Verfügung gem. § 2113 Abs. 2 BGB ist der Haftungsmilderung nicht zugänglich.[4]

 

Rz. 4

§ 2131 BGB ist dispositiv. Der Erblasser kann daher zum einen eine strengere Haftung des Vorerben anordnen,[5] wofür im Streitfall der Nacherbe beweispflichtig ist.[6] Zum anderen kann der Erblasser gem. § 2136 BGB von dem Sorgfaltsmaßstab des § 2131 BGB Befreiung erteilen, womit auch die i.R.d. § 2131 BGB gem. § 277 BGB bestehen bleibende Haftung aus grober Fahrlässigkeit entfällt. Der Vorerbe haftet dann nur noch gem. § 2138 Abs. 2 BGB – von dem nicht befreit werden kann – für unentgeltliche Verfügungen oder die Verminderung des Nachlasses in Benachteiligungsabsicht. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Gegenleistung ein vollwertiges Entgelt darstellt, verbleibt es also beim – objektiven – Maßstab ordnungsmäßiger Verwaltung.[7]

[3] Vgl. für § 2119 RGZ 73, 4, 7; Soergel/Harder-Wegmann, § 2131 Rn 2.
[4] Staudinger/Avenarius, § 2131 Rn 3.
[5] Staudinger/Avenarius, § 2131 Rn 1; Soergel/Harder-Wegmann, § 2131 Rn 2.
[6] Baumgärtel/Schmitz, Handbuch der Beweislast, § 2131 Rn 1; Soergel/Harder-Wegmann, § 2131 Rn 2.
[7] Soergel/Harder-Wegmann, § 2131 Rn 3; MüKo/Grunsky, § 2131 Rn 3.

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