Rz. 2

Gewöhnliche Erhaltungskosten (Abs. 1) sind die Kosten, die nach den rechtlichen und wirtschaftlichen Umständen des Nachlasses für die tatsächliche und rechtliche Erhaltung der Nachlassgegenstände regelmäßig aufgewendet werden müssen.[6] Diese Kosten sind sozusagen das Korrelat der dem Vorerben zugewiesenen Nutzungen. Sie sind daher, wie auch die Fruchtziehungskosten (§ 102 BGB), vom Vorerben zu tragen. Zu den Erhaltungskosten gehören auch die gewöhnlichen Lasten der Erbschaft. Ob diese Kosten tatsächlich aus den Nutzungen des Nachlasses bestritten werden können, ist grundsätzlich ohne Belang, notfalls hat der Vorerbe die Kosten aus eigenem Vermögen zu decken.[7] Soweit Erhaltungskosten nicht mehr durch Nutzungen gedeckt sind, kann dies jedoch im Einzelfall dazu führen, dass es sich nicht mehr um gewöhnliche Aufwendungen handelt;[8] so waren in dem Fall des OLG Frankfurt[9] die Kosten der Ausbesserung der Fassade eines der Zwangsbewirtschaftung unterliegenden Hauses als außergewöhnliche Aufwendungen anzusehen, weil auch die Erträge einer mehrjährigen Bewirtschaftung nicht zu ihrer Deckung ausreichten. Hat der Vorerbe die Mittel für die Begleichung gewöhnlicher Erhaltungskosten nicht den Nutzungen, sondern dem Stamm der Erbschaft entnommen, ist er, sofern keine Befreiung vorliegt, dem Nacherben gegenüber nach Eintritt der Nacherbfolge ersatzpflichtig.[10] Der Vorerbe wird gem. §§ 2130, 2131 BGB ersatzpflichtig, wenn er gewöhnliche Erhaltungskosten nicht aufwendet und dadurch die Erbschaft vernachlässigt.

 

Rz. 3

Zum gewöhnlichen Erhaltungsaufwand zählen die regelmäßigen Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten, wie etwa der Renovierungsaufwand für eine Mietwohnung oder die Kosten für die gewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung eines Gebäudes, nicht jedoch Kosten, die zu einer Wertsteigerung führen sollen, wie bspw. die Umstellung auf eine moderne Heizungsanlage oder der Einbau neuer Fenster mit Isolierglas.[11] Gewöhnliche private und öffentliche Lasten sind z.B. Versicherungsprämien, Zinsen auf Nachlassschulden, auf Erbschaftsgegenstände anfallende Steuern (Grundsteuer, Kfz-Steuer), Hypothekengewinnabgaben. Gehört zum Nachlass ein gewerblicher Betrieb, so sollen unter die gewöhnlichen Erhaltungskosten alle regelmäßigen Betriebsausgaben fallen wie Löhne und Gehälter, notwendige Rohstoffe,[12] Aufwendungen für Werbung, u.U. auch kleinere Investitionen.[13] Nach den beachtlichen Gründen bei Grunsky[14] gehören die laufenden Betriebskosten nicht zu den Aufwendungen i.S.d. Abs. 1, da sie in die Bilanz eingehen, wodurch sich der dem Vorerben als Nutzung zustehende Gewinn mindert, was spiegelbildlich den Nacherben doppelt bereicherte. Die Kosten eines vom Vorerben im Interesse der Erbschaft geführten Rechtsstreits, der sich nicht lediglich auf die dem Vorerben zustehenden Nutzungen bezieht,[15] sind indessen keine gewöhnlichen Erhaltungskosten;[16] sie kann der Vorerbe nach Abs. 2 aus der Erbschaft bestreiten.

[7] Vgl. nur RGRK/Johannsen, § 2124 Rn 3.
[8] Soergel/Harder-Wegmann, § 2124 Rn 4; MüKo/Grunsky, § 2124 Rn 3.
[9] OLG Frankfurt JW 1924, 987.
[10] MüKo/Grunsky, § 2124 Rn 2, wonach der Nacherbe jedoch schon zuvor verlangen kann, dass der Vorerbe die Mittel dem Nachlass wieder zuführe.
[12] BGH FamRZ 1973, 187: Düngemittel.
[13] Staudinger/Avenarius, § 2124 Rn 6.
[14] MüKo/Grunsky, § 2124 Rn 4.
[15] Was etwa bei den im Rahmen eines vom Vorerben fortgeführten Betriebs anfallenden Streitigkeiten der Fall sein kann, vgl. MüKo/Grunsky, § 2124 Rn 6.
[16] Staudinger/Avenarius, § 2124 Rn 13.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge