Rz. 5

Der Erblasser kann die Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft ausschließen. Die Vererblichkeit kann hierbei ganz ausgeschlossen oder auf einen bestimmten Personenkreis, z.B. Abkömmlinge oder Familienangehörige, beschränkt werden.[17] Abs. 2 S. 1 enthält eine Auslegungsregel,[18] die nur greift, soweit die individuelle Auslegung keinen abweichenden Erblasserwillen ergibt.[19] Wer sich auf einen Erblasserwillen beruft, der von der Auslegungsregel abweiche, trägt die Beweislast.[20] Bei einer lückenhaften Verfügung ist erforderlichenfalls der hypothetische Erblasserwille nach den Grundsätzen der ergänzenden Auslegung zugrunde zu legen.[21] Hat der Erblasser ausschließlich engste Familienangehörige bedacht, aber keine Regelung über die Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft getroffen, bestehen hinsichtlich der Vererblichkeit Bedenken, die durch eine ergänzende Auslegung auszuräumen sind.[22] Der Umstand allein, dass als Nacherbe ein Abkömmling des Erblassers eingesetzt ist, spricht hingegen noch nicht gegen eine Vererblichkeit, wenn auch in diesem Fall der Wille des Erblassers, sein Vermögen in der Familie zu halten, besonders häufig im Vordergrund stehen wird.[23] Denkbar ist auch eine "mittlere Lösung", wonach der Erblasser eine Vererbung des Nacherbenrechts nicht vollständig ausschließen, sondern auf Familienangehörige beschränken wollte.[24]

[17] BGH NJW 1963, 1150 = LM Nr. 1 zu § 2108.
[18] H.M., vgl. nur BGH NJW 1963, 1150 f.; BGH NJW 1981, 2743, 2745; a.A. Staudinger/Avenarius, § 2108 Rn 8.
[19] BGHZ 33, 60, 63.
[20] OLG Karlsruhe ZEV 2009, 34 m. Anm. Lehmann/Schulz, ZEV 2010, 29, 31: Eheleute setzen sich wechselseitig zu Vorerben, den Sohn zum Nacherben ein; Sohn stirbt vor überlebendem Elternteil, die Nacherbenanwartschaft ginge im konkreten Fall kraft Testaments des Sohnes folglich auf seine Ehefrau. Keim weist in NJW-Spezial 2003, 399 darauf hin, dass dies in den wenigsten Fällen dem Erblasserwillen entsprechen dürfte. Siehe auch OLG Düsseldorf FamRZ 2017, 1269.
[21] Staudinger/Avenarius, § 2108 Rn 13.
[22] OLG Oldenburg Rpfleger 1989, 106.
[23] BGH NJW 1963, 1150.

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