Rz. 10

Ein Vermächtnis liegt üblicherweise vor, wenn lediglich ein Bruchteil des bereinigten Nachlasses zugewendet wird. Hier soll der Bedachte das Vermögen des Erblassers nämlich nur wertmäßig erhalten. So spricht auch die Zuwendung eines Geldbetrages in der Regel für ein bloßes Vermächtnis.[16] Allerdings kann auch hier durch Auslegung die Absicht des Erblassers ermittelt werden, lediglich eine Form der Berechnung der den einzelnen Bedachten zugewandten Bruchteile des Vermögens vorgeben zu wollen, so dass im Endergebnis dann doch eine Erbeinsetzung vorliegt.[17] Vorzunehmen ist dann wiederum die Abgrenzung zu einem sog. Quotenvermächtnis (siehe Vor §§ 2147 ff. Rdn 15), bei dem dem Vermächtnisnehmer ein Bruchteil des Nachlasswertes, z.B. nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten, vermacht ist.[18] Schwierig ist auch die Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und der Bestimmung eines Universalvermächtnisses. Bei der Anordnung eines Universalvermächtnisses gibt der Erblasser zu erkennen, dass er den gesamten oder nahezu den gesamten Nachlass dem Bedachten durch Zugrundelegen des Vermächtnisrechts zuwenden will (siehe auch Vor §§ 2147 ff. Rdn 17 und § 2151 Rdn 5).[19] Da der Erbe in einem solchen Fall aus dem Nachlass quasi nichts erhält, soll der Universalvermächtnisnehmer in analoger Anwendung der §§ 2378, 2385 BGB die Nachlassverbindlichkeiten tragen.[20] Grund für das Zugrundelegen des Vermächtnisrechts kann bspw. das dort zulässige Drittbestimmungsrecht sein (siehe §§ 2151, 2153 BGB).

 

Rz. 11

Der Vermächtnisanspruch unterlag bis zum 31.12.2009 als erbrechtlicher Anspruch der 30-jährigen Verjährung, § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. Nach der Erbrechtsreform zum 1.1.2010 unterliegt der Vermächtnisanspruch nun der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren, § 195 BGB.

 

Rz. 12

 

Praxishinweise

1. Aufgrund der kurzen Verjährungsfrist beim Vermächtnis ist in Zweifelsfällen (Erbeinsetzung oder Vermächtnis?) frühzeitig über verjährungshemmende Maßnahmen nachzudenken. Ein "streitiges" Erbscheinsverfahren hemmt die Verjährung nicht.[21]
2. Wenn der Bedachte im Falle des Vermächtnisses nicht an Bestandsveränderungen teilnimmt (Auslegungsfrage; für Früchte und Nutzungen § 2184 BGB), ist die Zuwendung frühzeitig hilfsweise in Verzug begründender Art und Weise als Vermächtnis geltend zu machen.[22]
[16] Siehe z.B. BayObLG FamRZ 1999, 1392; OLG München FamRZ 2010, 758 (obiter dictum); vgl. im Ergebnis bei Zuwendung teilweiser konkreter Geldbeträge und erheblichem Restnachlass OLG München ZErb 2010, 217 = FamRZ 2010, 1941.
[17] So z.B. noch die Vorinstanzen zu OLG München ZErb 2010, 217 = FamRZ 2010, 1941.
[18] BGH NJW 1960, 1759; BayObLG FamRZ 1998, 1264; vgl. hierzu auch Schwenck, MDR 1988, 545.
[19] BayObLG MDR 1979, 847; BayObLG FamRZ 1986, 728; N. Mayer, ZEV 1995, 247; Schlitt, ZErb 2006, 226; Helms, ZEV 2007, 1; Hölscher, ZEV 2009, 213.
[20] R. Kössinger, in: Nieder/Kössinger, § 9 Rn 50 m.w.N.; MüKo/Rudy, § 2087 Rn 6 Fn 13.
[21] Vgl. OLG Düsseldorf ZEV 2008, 346 m. Anm. Fischer.
[22] Vgl. (allerdings zum Pflichtteilsanspruch) BGH v. 9.4.1981, NJW 1981, 1732 = FamRZ 1981, 767 (LS): Wer in erster Linie beansprucht, Miterbe geworden zu sein, und den Pflichtteil nur hilfsweise beansprucht, kann durch die Anmahnung des hilfsweise geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs dennoch Verzug herbeiführen (wie RGZ 108, 279). Eine unbezifferte, einem zulässigen Antrag in der Stufenklage (§ 254 ZPO) entsprechende Mahnung kann dazu bereits ausreichen, vgl. BGH v. 6.5.1981, NJW 1981, 1729 = FamRZ 1981, 767 (LS).

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