Rz. 30

Wie bereits ausgeführt wurde, ist bei § 2079 BGB die subjektive Erheblichkeit keine Voraussetzung für dessen Anwendbarkeit. Vielmehr stellt sie einen Ausschließungsgrund gem. S. 2 dar. Dies bedeutet, dass derjenige, der sich gegen die Anfechtbarkeit wendet (Anfechtungsgegner), etwaige tatsächliche Motive des Erblassers behaupten und beweisen muss.[58] Verbleiben Zweifel, ob für den Fall, dass dem Erblasser die Existenz des Pflichtteilsberechtigten bekannt gewesen wäre, er genauso testiert hätte, gehen diese Zweifel zu Lasten des Anfechtungsgegners.[59] Die negative Formulierung des Gesetzes (S. 2) führt letztendlich dazu, dass die Feststellung des hypothetischen Willens des Erblassers keine Tatsachenfeststellung ist, sondern es sich hierbei um eine richterliche Bewertung handelt. Dies wiederum bedeutet, dass bei Zweifeln davon auszugehen ist, dass sich die fehlende Kenntnis des Erblassers auf dessen Willen ausgewirkt hat.[60] Im Zweifel ist somit die Anfechtbarkeit zu bejahen.

 

Rz. 31

Wenn der Pflichtteilsberechtigte schon im Zeitpunkt der Testamentserrichtung pflichtteilsberechtigt gewesen ist, muss er darlegen und auch beweisen, dass der Erblasser von der Existenz nichts wusste oder der Erblasser ihn nicht für pflichtteilsberechtigt gehalten hat.[61] Für den Fall, dass ein Pflichtteilsberechtigter in der letztwilligen Verfügung nicht erwähnt worden ist, ist zunächst davon auszugehen, dass er unbewusst übergangen worden ist. Wenn der Anfechtungsgegner in diesem Falle behauptet, der Pflichtteilsberechtigte sei bewusst übergangen worden, hat er dies zu beweisen.[62]

Kann derjenige, der übergangen wurde, beweisen, dass er erst nach Testamentserrichtung geboren wurde bzw. pflichtteilsberechtigt geworden ist, ist dies ausreichend.[63]

[58] BayObLG FamRZ 1983, 952, 953; BayObLG FamRZ 1985, 534; OLG Karlsruhe ZEV 1995, 454, 456; OLG Frankfurt FamRZ 1995, 1522; OLG Hamburg FamRZ 1990, 910; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1024.
[59] BayObLG NJW-RR 2001, 725; Baumgärtel/Schmitz, § 2079 Rn 3.
[60] MüKo/Leipold, § 2079 Rn 22.
[61] Staudinger/Otte, § 2079 Rn 19.
[62] Staudinger/Otte, § 2079 Rn 19.
[63] Baumgärtel/Schmitz, § 2079 Rn 2; Soergel/Loritz, § 2079 Rn 11.

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