Rz. 5

§ 2077 BGB findet auch dann Anwendung, wenn die Ehe zwar noch besteht, ein Scheidungs- oder Aufhebungsverfahren jedoch bereits rechtshängig ist. Voraussetzung ist, dass im Zeitpunkt des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für eine Scheidung bzw. Aufhebung der Ehe vorgelegen haben und das entsprechende Verfahren vom Erblasser auch eingeleitet worden ist bzw. er einer Einleitung eines derartigen Verfahrens zugestimmt hat.[11] Der Scheidungsantrag muss bereits rechtshängig sein, wobei § 167 ZPO nicht analog angewendet werden kann.[12] Gleiches gilt für die Aufhebungsklage bzw. die Zustimmung des Erblassers i.S.v. § 1566 Abs. 1 BGB. Bzgl. der Zustimmung des Erblassers zum Scheidungsantrag des überlebenden Ehegatten ist str., ob eine formlose Erklärung ausreichend ist[13] oder ob die Zustimmung der Form des § 134 Abs. 1 FamFG genügen muss.[14] Die Zustimmung kann im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten erklärt werden, ebenso gegenüber der Geschäftsstelle.[15] Da jedoch die Zustimmung dem Scheidungsantrag gleichgestellt wird und ein solcher nicht formlos gestellt werden kann, kann auch eine Zustimmung nicht formlos erfolgen. Es ist daher der zweitgenannten Ansicht zu folgen. Der Erblasser kann eine bereits erteilte Zustimmung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung widerrufen. In einer Erklärung, zu einer Mediation bereit zu sein, kann ein Widerruf der Zustimmung jedoch nicht gesehen werden.[16]

 

Rz. 6

Wurde Scheidungsantrag bei einem örtlich unzuständigen Gericht gestellt, ist dies unschädlich. Hat der Erblasser jedoch nur einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe (früher: Prozesskostenhilfe) oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen eines Prozesskostenvorschusses gestellt, reicht dies nicht aus.[17] Sowohl bei der Aufhebung als auch bei der Scheidung der Ehe ist erforderlich, dass der Antrag Erfolg gehabt hätte und die Ehe aufgrund des Antrages aufgelöst oder geschieden worden wäre.[18] Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn der Scheidungsantrag zurückgenommen oder die Zustimmung wirksam widerrufen wird.[19]

[11] Diese Voraussetzungen der Unwirksamkeit verstoßen nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG, BVerfG BeckRS 2012, 47241 (Nichtannahmebeschluss).
[12] BGHZ 111, 329, 333.
[13] BayObLG FamRZ 1983, 96 f.; OLG Frankfurt OLGZ 1990, 215, 217; OLG Saarbrücken FamRZ 1992, 109, 112; Bock, MittRhNotK 1977, 205, 208.
[14] OLG Zweibrücken OLGZ 1983, 160 ff.; OLG Saarbrücken FamRZ 1992, 109.
[15] Staudinger/Otte, § 2077 Rn 16.
[16] OLG Oldenburg BeckRS 2018, 30214.
[17] Staudinger/Otte, § 2077 Rn 15; Bock, MittRhNotK 1977, 205, 207.
[19] Soergel/Loritz, § 2077 Rn 6; OLG Naumburg BeckRS 2015, 10356.

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