Rz. 9

Ein Verlöbnis i.S.d. §§ 1297 ff. BGB, d.h. ein ernsthaftes wechselseitiges Heiratsversprechen, ist Voraussetzung für die Anwendung des Abs. 2. Hat der Erblasser lange Zeit mit seiner Lebensgefährtin zusammengelebt, bestand jedoch keine konkrete Heiratsabsicht, handelt es sich auch dann nicht um ein Verlöbnis, wenn die Eheschließung nur deshalb unterblieben ist, um die Witwenrente zu behalten.[23] Abs. 2 ist nicht anwendbar, wenn das Verlöbnis zwar beim Tode des Erblassers noch besteht, der Erblasser die Erbeinsetzung jedoch unter die Bedingung gestellt hat, dass eine Eheschließung bereits erfolgt ist. In diesem Falle ist die Verfügung deshalb unwirksam, weil der Bedingungseintritt unmöglich geworden ist.[24]

 

Rz. 10

Nach dem Wortlaut nicht erfasst wird die Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Dies bedeutet, dass eine direkte Anwendung des Abs. 2 ausscheidet. Es wäre daher an eine analoge Anwendung der vorbezeichneten Vorschrift zu denken. Eine solche scheidet jedoch nach allg. Ansicht[25] ebenfalls aus, da man davon ausgehen muss, dass eine nichteheliche Lebensgemeinschaft im Gegensatz zum Verlöbnis von unbestimmter Dauer ist und darüber hinaus keine rechtliche Bindung enthält. Im Gegensatz hierzu enthält ein Verlöbnis eine auf Dauer gerichtete rechtliche Bindung. Weiterhin wird seitens der Verlobten in Bezug auf die Vermögensdisposition eine entsprechende Erwartung damit verknüpft.[26] Dies gilt auch dann, wenn sich die Partner als Verlobte bezeichnet haben.[27] Die Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann ggf. i.R.d. § 2078 Abs. 2 BGB Berücksichtigung finden.[28]

[23] BayObLG ZEV 2001, 438.
[24] MüKo/Leipold, § 2077 Rn 16.
[25] OLG Frankfurt BeckRS 2016, 09184 Rn  20; OLG Frankfurt BeckRS 2016, 06193 Rn 12; OLG Celle ZEV 2003, 328 m. zust. Anm. Leipold; BayObLG ZEV 2001, 438; BayObLG FamRZ 1983, 1226 (auch dann keine Analogie, wenn sich die beiden Beteiligten – ohne Heiratsabsicht – als Verlobte bezeichnet und als solche einen kirchlichen Segen erhalten haben); Staudinger/Otte, § 2077 Rn 28; Soergel/Loritz, § 2077 Rn 13; BeckOK BGB/Litzenburger, § 2077 Rn 3; Hohloch, in: Hausmann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 2. Aufl. 2004, Kap. 1 Rn 174. A.A. Meier-Scherling, DRiZ 1979, 296, 299; Schlüter/Röthel, Erbrecht, § 19 Rn 27.
[26] BayObLG FamRZ 1983, 1226; OLG Celle FamRZ 2004, 310; Staudinger/Otte, § 2077 Rn 28; Soergel/Loritz, § 2077 Rn 13; a.A. Meier-Scherling, DRiZ 1979, 296, 299.
[28] MüKo/Leipold, § 2077 Rn 15.

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