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Unter die Verwirkungsklausel fällt es nicht, wenn sich das Verhalten nicht gegen den wahren Willen des Erblassers richtet. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die Unechtheit oder Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung geltend gemacht wird oder wenn eine Anfechtung zu Recht erfolgt,[51] da Letztere Verfügungen, die nicht dem wahren bzw. dem richtig motivierten Willen des Erblassers entsprechen, beseitigt. Könnte der Erblasser die wirksame Anfechtung von Verfügungen mit dem Verlust von Zuwendungen bestrafen, würde dies dem Zweck des Gesetzes widersprechen. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass die Unechtheit, ein Formmangel oder die Testierunfähigkeit mit Erfolg geltend gemacht wird, die Strafklausel schon deshalb nicht eingreifen kann, weil sie ihrerseits von der Nichtigkeit erfasst wird. Die Verwirkungsklausel wird auch dann nicht ausgelöst, wenn im Erbscheinsverfahren geltend gemacht wird, dass es der Wille des Erblassers war, den Erben zum befreiten Vorerben einzusetzen.[52]

So hat auch das BayObLG[53] bzgl. der Auslegung der Klausel "Gestritten und Geschimpf, wer das macht soll gar nichts bekommen" angenommen, dass eine Regel dafür spricht, dass nur eine Auflehnung gegen den wahren Willen des Erblassers die Verwirkung begründen könne. Es hat aber zugleich deutlich gemacht, dass auch eine weite Auslegung dahingehend, dass der Erblasser jeden Streit unter den Bedachten unterbinden wollte, nicht ausgeschlossen ist.

In der Rechtsprechung wurde bspw. die Geltendmachung des Pflichtteils als grundsätzlich ausreichend angesehen, um bei einem gemeinschaftlichen notariellen Testament und der Einheitslösung eine Verwirkungsklausel mit dem Wortlaut "Wer von unseren Erben dieses Testament anficht, wird auf den Pflichtteil gesetzt" auszulösen.[54]

Entscheidend ist also immer der Erblasserwille, es muss jeweils eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls erfolgen.

[51] MüKo/Leipold, § 2074 Rn 36, 37 m.w.N.
[53] BayObLGZ 1962, 47 = NJW 1962, 1060.
[54] OLG Braunschweig OLGZ 1977, 185.

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