Gesetzestext

 

(1)Wer sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist.

(2)Besteht Grund zu der Annahme, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen des Erben zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er seine Angaben nach bestem Wissen so vollständig gemacht habe, als er dazu imstande sei.

(3)Die Vorschriften des § 259 Abs. 3 und des § 261 finden Anwendung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Auf Grund der häuslichen Gemeinschaft erlangt der Hausgenosse in der Regel besondere Kenntnisse und Verfügungsmöglichkeiten über Erbschaftsgegenstände und führt unmittelbar nach dem Todesfall oft auch erbschaftliche Geschäfte aus, ohne notwendigerweise Erbe zu sein. Die Auskunftspflicht gegenüber dem Hausgenossen soll dem Erben die Möglichkeit geben, sich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen, um seine Rechte durchsetzen zu können. Somit unterliegt auch dieser Anspruch der Verjährung des § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

B. Tatbestand

I. Auskunftsberechtigter

 

Rz. 2

Auskunftsberechtigte sind außer dem Erben und dem Miterben die zur Verwaltung des Nachlasses berufenen Personen und alle sonst nach § 2027 BGB Auskunftsberechtigten. Wer lediglich einzelne Nachlassgegenstände erworben hat, ist nicht auskunftsberechtigt.

II. Auskunftspflichtiger

 

Rz. 3

Jeder, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist auskunftspflichtig i.S.d. Abs. 1. Bereits die bloße Tatsache einer solchen häuslichen Gemeinschaft genügt, um die Auskunftspflicht zu begründen, ein Eingriff in den Nachlass ist indes nicht erforderlich. Der Begriff der "häuslichen Gemeinschaft" setzt weder Zugehörigkeit zum Hausstand (§ 1619 BGB) noch Familienangehörigkeit oder den Bezug von Unterhalt voraus.[1] Der Begriff der "häuslichen Gemeinschaft" ist vielmehr weit auszulegen,[2] so dass grundsätzlich jeder auskunftspflichtig ist, bei dem nach den räumlichen und persönlichen Beziehungen zum Erblasser eine Kenntnis i.S.d. § 2028 BGB zu vermuten ist.[3] So genügt es u.U., dass ein auswärtiges Familienmitglied des Erblassers während seiner letzten Erkrankung besuchsweise bei ihm gewohnt hat.[4] Eine "häusliche Gemeinschaft" kann auch zwischen Zimmer-, Flur- oder Stockwerksnachbarn bestehen.[5] Auch der Lebensgefährte ist auskunftspflichtig.[6] Als Auskunftspflichtige kommen neben Familienangehörigen auch Hausangestellte, Pflegepersonen sowie Untermieter in Betracht. Auch ein Miterbe kann den anderen Miterben gegenüber nach § 2028 BGB auskunftspflichtig sein,[7] ggf. kann dieser Anspruch aber verwirken.[8] Die häusliche Gemeinschaft wird nicht dadurch beendet, dass der Erblasser unmittelbar vor seinem Tod ins Krankenhaus kam.[9] Die Auskunftspflicht besteht auch für den Fall, dass der Erblasser dem Hausgenossen Nießbrauch vermacht hat.[10]

[1] Vgl. MüKo/Helms, § 2028 Rn 3.
[2] BGH LM § 2028 BGB Nr. 1; RGZ 80, 285, 286.
[3] Soergel/Dieckmann, § 2028 Rn 2 m.w.N.
[4] Staudinger/Gursky, § 2028 Rn 5 m.w.N.
[5] Soergel/Dieckmann, § 2028 Rn 2.
[6] LG Berlin FamRZ 1979, 503.
[7] OLG Braunschweig OLGE 26, 296; LG Wiesbaden, Urt. v. 3.7.2014 – 9 O 44/14 BeckRS 2014, 17790.
[8] OLG Koblenz ZErb 2014, 73.
[9] Staudinger/Gursky, § 2028 Rn 5.
[10] Staudinger/Gursky, § 2028 Rn 8 m.w.N.

C. Rechtsfolgen

I. Umfang der Auskunftspflicht

 

Rz. 4

Der Umfang der Auskunftspflicht beschränkt sich auf die Auskunft, welche erbschaftlichen Geschäfte der Hausgenosse geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist. Der Auskunftspflichtige ist nicht verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu geben oder ein Nachlassverzeichnis vorzulegen.[11] Er ist zur Rechnungslegung nur über von ihm selbst geführte Geschäfte verpflichtet.

[11] OLG München OLGE 40, 134.

II. Inhalt der Auskunftspflicht

 

Rz. 5

Die Bedeutung des § 2028 BGB liegt für den Erben vor allem in der Klärung der Frage, ob der Hausgenosse erbschaftliche Geschäfte geführt hat. Hat er solche geführt, ist seine Auskunftspflicht bereits durch §§ 259, 260, 666, 681 BGB begründet, hat er sich dabei auch noch ein Erbrecht angemaßt, greift daneben die Vorschrift des § 2027 BGB.[12] Erbschaftliche Geschäfte sind alle Tätigkeiten des Hausgenossen mit Bezug auf den Nachlass.[13] Der Auskunftspflichtige muss angeben, was er über den örtlichen und "wirtschaftlichen" Verbleib der Sachen und Rechte weiß, deren Zugehörigkeit zum Nachlass feststeht.[14] Er muss Auskunft darüber erteilen, ob Surrogate für verschwundene Gegenstände in den Nachlass gelangt sind.[15]

 

Rz. 6

Die Auskunftspflicht beschränkt sich auch nicht lediglich auf die Gegenstände, die im Nachlassfall noch vorhanden waren.[16] Der Hausgenosse muss auch über Gegenstände Auskunft erteilen, die vor dem Tode des Erblassers gegen dessen Willen aus seinem Besitz abhandengekommen sind oder mit seinem Willen in anderen Besitz gelangten (z.B. durch Leihe).[17] Sind die Gegenstände jedoch bereits zu Lebzeiten des Erblassers...

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