Rz. 4

Vom Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft an ist der Erbe zur Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.[11] Von diesem Zeitpunkt an wird der Erbe so behandelt, als habe er den Nachlass im Auftrag der Nachlassgläubiger verwaltet. Verwaltung bedeutet hierbei die gesamte tatsächliche und rechtliche Verfügung über den Nachlass, die ihrem Zweck nach zu dessen Erhaltung dienen soll. Dabei ist es aber nicht ausgeschlossen, dass der Erbe (einzelne) Nachlassgläubiger befriedigt und/oder Gegenstände des Nachlasses veräußert.[12]

 

Rz. 5

Die Vorschriften über den Auftrag (§§ 662 ff. BGB) gelten entsprechend, soweit sie nicht (wie etwa § 664 Abs. 1 S. 1 BGB und § 669 BGB) mit der rechtsgeschäftlichen Übernahme der Geschäftsbesorgung wesentlich zusammenhängen.[13] Anwendbar sind insbesondere die §§ 664 Abs. 1 S. 2 und 3, 666, 667 und 668 BGB. Der Erbe hat den Nachlassgläubigern Auskunft über den Stand des Nachlasses zu erteilen und Rechenschaft abzulegen,[14] Belege zu erteilen, ein Nachlassverzeichnis vorzulegen und eventuell die eidesstattliche Versicherung abzugeben (§§ 259, 260, 666 BGB). Zu persönlichen Zwecken entnommene Nachlassgelder muss der beschränkt haftende Erbe nach § 667 BGB ohne Rücksicht auf Verschulden ersetzen und herausgeben.[15]

 

Rz. 6

Er hat den Nachlass und alles, was er aus dessen Verwaltung erlangt hat, an den Nachlass- oder den Nachlassinsolvenzverwalter herauszugeben. Die Herausgabepflicht bezieht sich auf die Nutzungen.[16] Für die verbrauchten Nutzungen hat er Ersatz zu leisten.[17] Auch Gegenstände, die ohne Zutun des Erben an die Stelle von Nachlassgegenständen getreten sind, gehören bereits rechtlich zum Nachlass und sind deshalb herauszugeben.[18] Schwieriger zu beurteilen ist der rechtsgeschäftliche Erwerb mit Mitteln des Nachlasses oder sonstigen Rechtshandlungen. Bei rechtsgeschäftlichem Erwerb ist eine dingliche Surrogation nicht vorgesehen und findet auch grundsätzlich nicht statt. Grundsätzlich hat der Erbe deshalb einen mit Nachlassmitteln angeschafften Gegenstand nicht nach § 1978 BGB herauszugeben, sondern nur Ersatz zu leisten.[19] Die wohl h.M.[20] lässt es indes zu, dass der Erbe mit Willen für den Nachlass erwirbt mit der Folge, dass der durch das Rechtsgeschäft erworbene Gegenstand Nachlassbestandteil wird. Ob der Erbe tatsächlich mit einem solchen Willen, für den Nachlass zu handeln, im Einzelfall tätig geworden ist, dürfte indes schwer zu beurteilen sein. Je nach dem Ergebnis kann im Insolvenzverfahren über das Eigenvermögen des Erben dem Verwalter ein Aussonderungsrecht hinsichtlich der derart erworbenen Gegenstände zustehen oder auch nicht.[21] Verwendet der Erbe Geld, das zum Nachlass gehörte, hat er dies zurückzuerstatten und zu verzinsen (§ 668 BGB).[22]

 

Rz. 7

Da das Gesetz von einem umfassenden Verwaltungsbegriff ausgeht, ist der Umfang der Verantwortlichkeit des Erben sehr weitgehend.[23] Und da die Pflicht des Erben sich vor allem auf den Erhalt des Nachlasses bezieht, haftet er, wenn er dem Nachlass durch seine Maßnahmen selbst oder durch das Unterlassen von Erhaltungsmaßnahmen Schaden zufügt. Nicht verantwortlich ist er für die Ausschlagung einer zum Nachlass gehörenden weiteren Erbschaft oder Vermächtnisforderung.[24] Die Pflicht zur Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten richtet sich nach § 1979 BGB, diejenige zur Stellung des Antrags auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nach § 1980 BGB. Liegen die Voraussetzungen des § 1979 BGB nicht vor, hat der Erbe i.d.R. das Aufgebot der Nachlassgläubiger zu beantragen und muss auch von den aufschiebenden Einreden der §§ 2014, 2015 BGB Gebrauch machen.[25] Weiterhin muss er der Zwangsvollstreckung der Eigengläubiger in den Nachlass entgegentreten, entweder durch freiwillige Befriedigung oder eine Intervention nach § 783 ZPO bzw. durch Beantragung einer Nachlassverwaltung oder derjenigen der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Seine Verantwortlichkeit nach § 1978 BGB endet mit der Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens.[26]

 

Rz. 8

Der Erbe hat nach § 276 Abs. 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.[27] Hinsichtlich des Verschuldens eines Erfüllungsgehilfen gilt § 278 BGB.[28] Überträgt der Erbe nur einzelne Verwaltungsmaßnahmen auf einen Dritten, hat er lediglich ein ihm bei der Übertragung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten.[29] Gehört zum Nachlass ein Unternehmen, darf dem fortführungswilligen Erben die Eingehung vertretbarer unternehmerischer Risiken nicht ohne Weiteres als Fahrlässigkeit angelastet werden.[30] Für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters hat der Erbe ebenfalls nach § 278 BGB einzustehen, das gilt für den Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker derart eingeschränkt, dass er insoweit nur mit dem Nachlass haftet.[31] Nachlass- und Nachlassinsolvenzverwalter haften den Nachlassgläubigern gegenüber unmittelbar (§ 1985 Abs. 2 BGB; § 60 InsO).[32]

 

Rz. 9

Die Herausgabe- und Ersatzansprüche der Nachlassgläubiger stehen dem Nachlas...

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