Gesetzestext

 

(1)1Der Feststellung hat eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte unter Bestimmung einer Anmeldungsfrist vorauszugehen; die Art der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist bestimmen sich nach den für das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften. 2Die Aufforderung darf unterbleiben, wenn die Kosten dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind.

(2)1Ein Erbrecht bleibt unberücksichtigt, wenn nicht dem Nachlassgericht binnen drei Monaten nach dem Ablauf der Anmeldungsfrist nachgewiesen wird, dass das Erbrecht besteht oder dass es gegen den Fiskus im Wege der Klage geltend gemacht ist. 2Ist eine öffentliche Aufforderung nicht ergangen, so beginnt die dreimonatige Frist mit der gerichtlichen Aufforderung, das Erbrecht oder die Erhebung der Klage nachzuweisen.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 1

Die Regelung des § 1965 BGB steht in einem engen Zusammenhang mit § 1964 BGB. Bevor ein Feststellungsbeschluss mit der Vermutungswirkung des § 1964 Abs. 2 BGB (siehe § 1964 Rdn 10) ergehen kann, hat das Nachlassgericht gem. § 1964 Abs. 1 BGB Ermittlungen dahingehend durchzuführen, ob ein dem Fiskus vorrangiger Erbe vorhanden ist. Führen diese Ermittlungen nicht zum Erfolg, d.h., kann – wie § 1964 Abs. 1 BGB sagt – "ein anderer Erbe als der Fiskus" innerhalb der an den Umständen des Einzelfalls orientierten Ermittlungsfrist nicht gefunden werden, so hat das Nachlassgericht vor der Feststellung i.S.d. § 1964 BGB öffentlich zur Anmeldung von Erbrechten aufzufordern.[1]

 

Rz. 2

§ 1965 BGB stellt damit eine weitere Voraussetzung für die Feststellung nach § 1964 Abs. 1 BGB auf. Ihrer primären Zwecksetzung nach ist die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten nicht anders als § 1964 BGB darauf ausgerichtet, dem Nachlassgericht die Feststellung, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, zu ermöglichen.[2] Darüber hinaus wird mit der öffentlichen Aufforderung auch der (nachrangige) Zweck der Erbenermittlung verfolgt.[3] Im Hinblick darauf, dass die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte im Fall unterbliebener Anmeldung nicht zu einem Ausschluss von Erbrechten (siehe § 1964 Rdn 10) oder zu sonstigen Rechtsnachteilen führt, handelt es sich nicht um ein Aufgebotsverfahren i.S.d. §§ 433 ff. FamFG.

 

Rz. 3

Während Abs. 1 nähere Anforderungen hinsichtlich der öffentlichen Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte bestimmt (siehe Rdn 4 ff.), regelt Abs. 2, unter welchen Voraussetzungen ein angemeldetes Erbrecht gleichwohl unberücksichtigt bleibt (vgl. Rdn 9 f.).

[1] Siehe zu dem Fall, dass Aufforderung erst nach erfolglosem Abschluss der Ermittlungsphase ergeht, Frohn, Rpfleger 1986, 37 ff.
[2] KG v. 7.1.1997 – 1 W 6011/95, ZEV 1997, 118.
[3] KG v. 7.1.1997 – 1 W 6011/95, ZEV 1997, 118; Gottwald, ZEV 2006, 347.

B. Öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte

 

Rz. 4

Die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte darf erst nach erfolgloser Durchführung der Erbenermittlung und Verstreichen der Frist des § 1964 Abs. 1 BGB erfolgen.[4] Erfolgt die öffentliche Aufforderung vor diesem Zeitpunkt, so ist die später ergehende Entscheidung des Nachlassgerichts formell fehlerhaft (zu Rechtsmitteln gegen Entscheidungen des Nachlassgerichts i.R.d. § 1964 Abs. 1 BGB siehe § 1964 Rdn 19 f.).

 

Rz. 5

Auch wenn die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte im Hinblick darauf, dass es weder zum Ausschluss von Erbrechten noch zu sonstigen Rechtsnachteilen kommt,[5] kein Aufgebotsverfahren i.S.d. §§ 433 ff. FamFG darstellt, finden gem. Abs. 1 S. 1 Hs. 2 die für das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften insoweit Anwendung, als es um die Art der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist geht (siehe bezogen auf das Erbscheinsverfahren die vergleichbare Bestimmung des § 352d FamFG). Danach hat gem. § 435 Abs. 1 S. 1 FamFG die öffentliche Bekanntmachung zur Anmeldung der Erbrechte durch Anheftung an die Gerichtstafel und durch einmalige Einrückung in den elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. Darüber hinaus kann die Bekanntmachung gem. § 435 Abs. 1 S. 2 FamFG zusätzlich in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Das Nachlassgericht kann außerdem nach § 435 Abs. 2 FamFG anordnen, dass die Einrückung noch in andere Blätter und wiederholt stattfindet. Die Anmeldungsfrist beläuft sich gem. § 437 FamFG auf mindestens sechs Wochen, wobei die Frist am Tag nach der Einrückung der Bekanntmachung zur Anmeldung der Erbrechte in dem Bundesanzeiger beginnt (die §§ 187 ff. BGB, §§ 99, 222, 224 Abs. 2, Abs. 3 und 225 ZPO gelten entsprechend). Die Frist ist nach § 16 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO verlängerbar.[6]

 

Rz. 6

Mit der öffentlichen Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte endet die Pflicht des Nachlassgerichts zur eigenen Ermittlung von Erben. Es sind jetzt Anmeldung und Nachweis abzuwarten.[7]

 

Rz. 7

Erfolgt die Anmeldung eines Erbrechts innerhalb der Anmeldungsfrist, kann ein Feststellungsbeschluss nach § 1964 Abs. 1 BGB vorerst nicht ergehen. Vielmehr ist das auf drei Monate befristete Verfahren des Abs....

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