Rz. 7

Das Gesetz sagt nichts darüber, wie sich der Ausschluss eines Verwandten oder des Ehegatten/Lebenspartners von der gesetzlichen Erbfolge letztendlich auswirkt. Aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist jedoch zu entnehmen, dass die gesetzliche Erbfolge so zu beurteilen ist, als sei der Ausgeschlossene beim Erbfall nicht vorhanden.

 

Rz. 8

Ist der Ehegatte von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, erhöhen sich die gesetzlichen Erbteile der Verwandten. Werden Verwandte einer bestimmten Ordnung ausgeschlossen, kommen die Verwandten der nächsten Ordnung zum Zuge. Sind sowohl der Ehegatte als auch die Verwandten ausgeschlossen, ist der Fiskus als Erbe berufen. Erfolgte durch den Erblasser ein Ausschluss eines Verwandten, so treten an dessen Stelle innerhalb der ersten drei Ordnungen dessen Abkömmlinge, es sei denn, der Erblasser hat auch diese von der Erbfolge ausdrücklich ausgeschlossen. Ist der Erste des Stammes ausgeschlossen, kann die Auslegung ergeben, dass die Abkömmlinge ebenfalls ausgeschlossen sind. Dies stellt aber nicht den Regelfall dar.[22] Im Zweifel ist davon auszugehen, dass nur die ausdrücklich genannte Person ausgeschlossen sein soll.[23] Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Erblasser ein Gesamtziel verfolgt. Ist in einem Berliner Testament angeordnet, dass dasjenige Kind, das nach dem Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, auch nach dem Tode des Längstlebenden nur den Pflichtteil erhalten soll, ist davon auszugehen, dass es dem Willen des Erblassers entspricht, dass der gesamte Stamm nur den Pflichtteil erhalten soll. Hat der Erblasser einen Verwandten enterbt und fällt dessen Erbteil an seine Abkömmlinge, kann es Wille des Erblassers sein, dass die Verwaltung des den Abkömmlingen zufallenden Erbteils dem enterbten Verwandten gleichfalls entzogen sein soll.[24]

 

Rz. 9

Aus pflichtteilsrechtlicher Sicht ist der entferntere Abkömmling aufgrund einer Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen,

wenn eine negative Verfügung i.S.v. § 1938 BGB vorliegt, die sich auch auf den entfernteren Abkömmling erstreckt, oder
wenn ein entfernterer Abkömmling nicht zur gesetzlichen Erbfolge gelangt, weil eine andere Person positiv zum Erben berufen wurde.

Dies ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 2309 BGB. Die Vorschrift geht grundsätzlich von einem Pflichtteilsrecht der entfernteren Abkömmlinge aus.[25]

 

Rz. 10

Wurde der überlebende Ehegatte von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, verliert er damit auch den Voraus gem. § 1932 BGB. Gleiches gilt für den eingetragenen Lebenspartner.[26] Gehört die enterbte Person zu dem in § 2303 BGB genannten Personenkreis, steht ihr ein Pflichtteilsanspruch zu. Wurde der mit dem Erblasser im gesetzlichen Güterstand lebende Ehegatte enterbt, kann er Ausgleich des Zugewinns sowie den sog. kleinen Pflichtteil verlangen. Der enterbte eingetragene Lebenspartner hat ebenfalls einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns, sofern die Lebenspartner im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben (§ 6 LPartG i.V.m. § 1371 Abs. 2 BGB). Daneben steht ihm der Anspruch auf den (kleinen) Pflichtteil (§ 10 Abs. 6 LPartG) zu.

[22] BGH JZ 1959, 444; BayObLG FamRZ 1989, 1006.
[23] BayObLG FamRZ 1989, 1006.
[24] BayObLGZ 1964, 263.
[25] BGH NJW 2011, 1878, 1879 ff.; MüKo/Leipold, § 1938 Rn 6 m.w.N.; a.A. Bestelmeyer, FamRZ 1997, 1124, 1130, danach ist § 2309 BGB auf die Enterbung des näheren Abkömmlings nicht anwendbar, da das Gesetz keine Vorversterbensfiktion kenne.
[26] MüKo/Leipold, § 1938 Rn 9.

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