Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 39
Einleitungsweise ist anzumerken, dass der überlebende Ehegatte, der mit dem verstorbenen Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt hatte – für den Fall, dass er keine fortgesetzte Gütergemeinschaft beantragt (Rdn 44 ff.) – im Voraus durch Güterteilung (bodeling) seinen Anteil am Gesamtgut (boslod) erhält. Damit umfasst die Erbschaft nur noch den Anteil des Erblassers am Gesamtgut. Bei der Güterteilung wird das Vermögen der Ehegatten grundsätzlich zur Hälfte geteilt. Der Ehegatte des Erblassers erbt als sein eigener gesetzlicher Erbteil neben Abkömmlingen des Erblassers nach § 9 Abs. 1 ARL die Hälfte des Nachlasses. Der Ehegatte hat außerdem besondere unabdingbare Rechte, wie ein Recht auf einen Voraus sowie auch einen Anspruch auf eine Minimalaussonderung (Rdn 40). Im Übrigen genießt der Ehegatte Vorteile in Bezug auf die Übernahme einzelner Nachlassaktiva (Rdn 66 ff.) und einen Schuldenaufschub (Rdn 62 f.). Ihn trifft zudem keine Erbschaftsteuerpflicht (Rdn 175). Hinterlässt der Erblasser keine Abkömmlinge, ist der Ehegatte Alleinerbe (§ 9 Abs. 2 ARL). Eheähnlich Zusammenlebenden kommt hingegen (immer noch und entgegen einem in der Bevölkerung weit verbreiteten Glauben) kein gesetzliches Erbrecht zu. Zur Möglichkeit solcher Paare, ein erweitertes Testament von Zusammenlebenden zu errichten, siehe Rdn 95 ff.
Rz. 40
Der überlebende Ehegatte hat nach § 11 Abs. 1 ARL das Recht, im Voraus Gegenstände aus dem Nachlass auszusondern (ægtefællens forlodsret), die ausschließlich seinem persönlichen Gebrauch dienen, soweit deren Wert nicht in einem Missverhältnis zu den Vermögensverhältnissen der Ehegatten steht, bzw. Gegenstände, die für einen Gebrauch der minderjährigen Kinder erworben worden sind. Der überlebende Ehegatte hat gem. § 11 Abs. 2 ARL daneben immer das Recht, so viel auszusondern, dass der Wert des ausgesonderten Vermögens zusammen mit dem Wert seines Anteils am Gesamtgut und am Erbe sowie seines vollständigen Vorbehaltsguts (fuldstændigt særeje) maximal 600.000 DKK ausmacht (Anspruch des überlebenden Ehegatten auf Minimalaussonderung, was auch als "ergänzendes Erbrecht", suppleringsarveret, bezeichnet wird). Diese Wertgrenze wird nach Maßgabe von § 97 ARL jährlich angepasst (zur Anpassung vgl. auch § 5 Abs. 2 ARL, siehe Rdn 125). Sie liegt im Jahre 2023 bei 850.000 DKK (umgerechnet etwa 113.000 EUR). In die vorbeschriebene Berechnung fließen nach § 11 Abs. 3 ARL Ersatzansprüche wegen des Verlusts des Unterhaltsverpflichteten sowie Lebensversicherungen einschließlich Pensions- und vergleichbarer Leistungen mit ein, die im Zusammenhang mit dem Todesfall an den überlebenden Ehegatten zur Auszahlung gelangen. Sonstige Ansprüche des Überlebenden, die nicht übertragbar sind oder einen sonstigen persönlichen Charakter (vgl. dazu § 37 des Gesetzes über die Vermögensverhältnisse der Ehegatten, lov om ægtefællers økonomiske forhold i.d.F. der Bekanntmachung Nr. 774 vom 7.8.2019 mit späteren Änderungen, fortan ÆFL) haben, werden nur in dem Maße berücksichtigt, wie sie – für den Fall, dass sie Gemeinschaftsgut (wörtlich "Teilungsgut", delingsformue) waren – in der Gleichteilung im Rahmen einer Gütertrennung zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten Berücksichtigung gefunden hätten (vgl. dazu § 52 sowie § 36 ÆFL). Dies bedeutet in der Praxis etwa, dass Rentenzahlungen und ähnliche Rechte des überlebenden Ehegatten keine Berücksichtigung finden. Dasselbe gilt für Entschädigungen, die den Verlust der Arbeitsfähigkeit bzw. ernsthafte Erkrankungen abdecken. Ein Sonderabkömmling des Verstorbenen (særlivsarving, d.h. ein nicht gemeinsamer Abkömmling, der Erbe ist) kann unabhängig vom Aussonderungsrecht des überlebenden Ehegatten nach § 11 Abs. 2 ARL einen Gegenstand (der einen besonderen Erinnerungswert – Affektionsinteresse – für ihn hat) übernehmen, wenn er den Werteinschätzungspreis in bar dem Nachlass zuführt (§ 11 Abs. 4 ARL). Etwas anderes gilt für den Fall, dass der Gegenstand von § 11 Abs. 1 ARL erfasst wird oder als Gegenstand des Gemeinschaftsvermögens i.S.v. § 91 Abs. 1 ARL (dazu Rdn 61) zu qualifizieren ist.
Rz. 41
Das 3. Kapitel (§§ 15 bis 16) ARL regelt umfassend die Erbschaft der Verschwägerten nach einem überlebenden Ehegatten (svogerskabsarv efter en længstlevende ægtefælle). Hat der Ehegatte des Erblassers das gesamte Vermögen geerbt, weil es keine Erben der ersten Ordnung gab (§ 9 Abs. 2 ARL), kann die Verwandtschaft des zuerst verstorbenen Ehegatten nach dem Tod des überlebenden Ehegatten mitberücksichtigt werden, indem auch dieser in bestimmten Konstellationen ein gesetzliches Erbrecht zugestanden wird. So wird das Vermögen des überlebenden Ehegatten nach dessen Tod, sofern
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er keine neue Ehe eingegangen war, |
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er nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehegatten nicht als nichtehelich Zusammenlebender nach Maßgabe eines Testaments i.S.v. § 87 ARL (siehe Rdn 95) geerbt hat, |
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er nicht einen nichtehelich Zusammenlebenden hinterlässt, dem ein Erbrecht nach Maßgabe eines T... |