Entscheidungsstichwort (Thema)

Abwägungsgebot. Anpassungspflicht. Ausgleichsregelungen. Bebauungsplan. behördliche Normenverwerfungskompetenz. Eigentumsbeschränkung. Enteignung. Flächennutzungsplan. Gewaltenteilung. Naturschutzgebiet. nichtiger Bebauungsplan. Normenklarheit. Normenkontrolle. Gewerkschaft. Rechtssicherheit;. Begründungsfrist. Erschüttern der Grundannahme durch das Bestehen greifbarer Anhaltspunkte. salvatorische Entschädigngsklausel. greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine mögliche Unredlichkeit. Verhältnismäßigkeitsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 14 Abs. 1 GG gebietet keine gesetzlichen Vorkehrungen dafür, dass naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnungen nur unter gleichzeitiger Festsetzung erforderlicher kompensatorischer Maßnahmen für die betroffenen Grundstücke erlassen werden.

2. Die höhere Naturschutzbehörde kann bei der Festsetzung eines Naturschutzgebietes von der Nichtigkeit eines Bebauungsplans jedenfalls dann ausgehen, wenn die Gemeinde Hinweisen der für das Bauwesen zuständigen Behörden auf rechtserhebliche Mängel des Babauungsplans nicht Rechnung getragen hat und die Nichtigkeit des Bebauungsplans in einem Verwaltungsrechtsstreit des Alleineigentümers des Plangebietes von einem Gericht festgestellt worden ist. Die Frage, wie Behörden grundsätzlich vorzugehen haben, wenn sie überzeugt sind, ein für ihre Entscheidung erheblicher Bebauungsplan sei unwirksam, bleibt unentschieden.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, 3, Art. 20 Abs. 3; BBauG § 1 Abs. 7, § 7; BNatSchG § 1 Abs. 2; BayNatSchG Art. 7, 36, 49

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Entscheidung vom 18.05.1999; Aktenzeichen 9 N 97.2491)

 

Tenor

Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Mai 1999 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Regierung von N. erließ mit Wirkung zum 1. Juli 1983 die Verordnung über das Naturschutzgebiet „St.”, Landkreis R., vom 7. Juni 1983 (RABL S. 58). Im Naturschutzgebiet sind u.a. die Errichtung baulicher Anlagen und die Anlage von Straßen und Wegen verboten.

Das unter Schutz gestellte Gebiet besteht zum großen Teil aus einer Fläche, die die Stadt R. in dem mit Entschließung der Regierung von N. vom 3. Oktober 1973 genehmigten Flächennutzungsplan als Wochenendhausgebiet sowie für Freizeit und Erholung dargestellt und für die sie den Bebauungsplan „W.” bekannt gemacht hat. Dieser wurde am 27. August 1968 beschlossen, von der Regierung von N. am 10. September 1968 unter Auflagen genehmigt und am 5. August 1981 bekannt gemacht. Am 25. August 1981 fasste die Stadt R. einen Änderungs- und Ergänzungsbeschluss, mit dem sie den Auflagen der Genehmigung nachkommen wollte, und billigte den Entwurf eines Grünordnungsplanes. Nach dessen öffentlicher Auslegung und Beschlussfassung über vorgebrachte Bedenken und Anregungen beschloss sie den Bebauungsplan mit Änderungen als Satzung und machte ihn am 24. Dezember 1981 erneut bekannt. Der Bebauungsplan sieht im Wesentlichen eine bauliche Nutzung durch Wochenendhäuser sowie die erforderliche Infrastruktur vor. Auf dem Grundstück Fl.Nr. 361/4 Gem. B. sind Flächen für einen Sport- und Spielplatz sowie für eine Gaststätte mit drei Vollgeschossen ausgewiesen.

Der Antragsteller erwarb in den Jahren 1980 und 1981 die Fläche im Geltungsbereich des Bebauungsplans. Für die zur Nutzung durch Wochenendhäuser vorgesehenen Grundstücke wurde ihm eine Entschädigung zugesprochen (vgl. Urteil des Oberlandesgerichts München vom 28. September 1989 – 1 U 6160/87 –). Eine Entschädigung für das Grundstück Fl.Nr. 361/4 lehnte das Landratsamt R. ab; insoweit ist ein Rechtsstreit anhängig.

Am 18. August 1997 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof die Ungültigerklärung der Verordnung über das Naturschutzgebiet „St.” beantragt und im Wesentlichen ausgeführt: Der Geltungsbereich der Verordnung sei nicht in der rechtsstaatlich gebotenen Weise festgesetzt. Die Verordnung verstoße gegen die Anpassungspflicht nach § 7 BBauG. Die Planungsinteressen der Stadt R. seien fehlerhaft abgewogen worden. Den Staatsbehörden stehe kein Verwerfungsrecht in Bezug auf den Bebauungsplan zu. Die Verordnung greife in unverhältnismäßiger Weise in die Planungshoheit der Stadt R. ein. Zudem leide sie an einem Abwägungsfehler, weil das Baurecht des Antragstellers nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt worden sei. Die Unterschutzstellung sei fachlich nicht geboten. Wegen Fehlens einer Entschädigungsregelung verstoße die Verordnung auch gegen Art. 14 GG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die Grenzen des Geltungsbereichs seien hinreichend bestimmt; einer gesonderten Ausfertigung der Schutzgebietskarte habe es nicht bedurft; die landesrechtlichen Vorschriften genügten dem Rechtsstaatsgebot. Die Voraussetzungen der Schutzgebietsausweisung nach Art. 7 Abs. 1 BayNatSchG seien erfüllt; insbesondere sei es auch erforderlich, das Grundstück Fl.Nr. 361/4 als „Pufferfläche” vollständig in den Schutzbereich einzubeziehen. Die Anpassungspflicht nach § 7 BBauG sei nicht verletzt; die seinerzeit für den Erlass von Naturschutzgebietsverordnungen zuständige oberste Landesbehörde sei bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes der Stadt R. nicht beteiligt worden; ferner sei damals die Notwendigkeit einer Unterschutzstellung noch nicht absehbar gewesen; als sich diese ergeben habe, sei das Benehmen mit der Stadt R. im Rahmen des Inschutznahmeverfahrens unverzüglich hergestellt worden; im Übrigen wäre der Flächennutzungsplan wegen fehlerhafter Nichtberücksichtigung der Belange des Naturschutzes insoweit unwirksam. Die der angegriffenen Verordnung zugrunde liegende Abwägung sei nicht fehlerhaft. Der für den Erlass von Naturschutzgebietsverordnungen zuständigen Behörde stehe in Bezug auf widerstreitende Bebauungspläne jedenfalls ein formelles Prüfungsrecht zu, das sich auf das Vorliegen eines wirksamen Normerlasses erstrecke. Die Regierung von N. sei zutreffend von der Unwirksamkeit des Bebauungsplans „W.” ausgegangen. Es fehle an der erforderlichen Genehmigung, weil der Bestand der Genehmigung vom 10. September 1968 von der Erfüllung der Auflage, bis zum 20. Juni 1969 einen Bepflanzungsplan zur Genehmigung vorzulegen, abhängig sei und diese jedenfalls nicht mehr als dreizehn Jahre später habe erfüllt werden können. Zudem sei die Genehmigung für den mit Schreiben vom 2. Februar 1982 vorgelegten „Grünordnungsplan” bestandskräftig versagt worden. Einer erneuten Genehmigung hätte es auch wegen der Notwendigkeit einer neuerlichen Abwägung bedurft, die wegen der zwischenzeitlichen Veränderung der abwägungserheblichen Umstände vorzunehmen gewesen sei. Der Genehmigungsmangel sei nicht unbeachtlich. Der Bebauungsplan wäre auch aus materiellen Gründen nichtig, weil der hohe ökologische Wert des zu schützenden Feuchtgebietes grob fehlerhaft verkannt worden sei. Dementsprechend sei die Regierung von N. zu Recht davon ausgegangen, dass die Grundstücke des Antragstellers nicht nach den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaubar seien. Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG sei nicht verletzt.

Der Antragsteller verfolgt mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision seinen Antrag weiter und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Mit dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Prinzip der Normenklarheit sei es unvereinbar, dass die beim Bayerischen Landesamt für Umweltschutz befindliche Karte das Datum vom 15. September 1983 trage und somit nach Bekanntmachung der Verordnung vom 7. Juni 1983 erstellt worden sei. Die Verordnung sei an Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG zu messen, weil ihr für andere Grundstücke des Antragstellers rechtskräftig enteignende Wirkung zugemessen worden sei; die Ausgleichsnorm des Art. 36 BayNatSchG genüge nicht den Anforderungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 (BVerfGE 100, 226). Gegen das Rechtsstaatsgebot verstoße die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs zur Verwerfungskompetenz der höheren Naturschutzbehörde in Bezug auf formelle Mängel des Bebauungsplans; diesem komme bis zu seiner Aufhebung der Schein der Rechtsgeltung zu.

Der Antragsgegner tritt der Revision entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat den zulässigen Normenkontrollantrag im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die angegriffene Verordnung verstößt nicht gegen revisibles Recht.

1. Die Abgrenzung des Schutzgebiets genügt den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Rechtsstaatsgebot entwickelten Anforderungen. Danach ist es zulässig, das Schutzgebiet im Wortlaut der Verordnung grob zu umschreiben und die genauen Grenzen durch Verweisung auf eine an der zu benennenden Amtsstelle niedergelegte und dort in den Dienststunden für jedermann einsehbare Landkarte anzugeben, deren archivmäßige Verwahrung sicherzustellen ist (vgl. Urteil vom 27. Januar 1967 – BVerwG 4 C 105.65 – BVerwGE 26, 129 m.w.N.; Beschluss vom 20. April 1995 – BVerwG 4 NB 37.94 – Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 8). Die Regierung von N. hat diesen Weg gewählt. Die grobe Umschreibung des Naturschutzgebietes besteht aus der Bezeichnung des Schutzgegenstandes unter Angabe seiner Belegenheit (§ 1 der Verordnung), der Größenangabe (§ 2 Abs. 1) sowie dem Abdruck der Schutzgebietskarte in verkleinerter Form im Anschluss an den bekannt gemachten Text. Die genauen Grenzen ergeben sich aus der Schutzgebietskarte im Maßstab 1: 5000, die Bestandteil der Verordnung ist und bei der Regierung von N., dem Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, dem Bayerischen Landesamt für Umweltschutz und dem Landratsamt R. archivmäßig verwahrt wird und dort während der Dienststunden allgemein zugänglich ist (§ 2 Abs. 2 und 3). Dem Gebot der Normenklarheit ist damit entsprochen. Insbesondere bestehen dagegen, dass nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs das Landesrecht es zulässt, das Schutzgebiet mit Hilfe des Abdrucks einer Karte im Veröffentlichungsblatt grob zu umschreiben, jedenfalls dann keine bundesrechtlichen Bedenken, wenn daneben – wie hier – seine Lage und Größe im Verordnungstext beschrieben werden (zur Konkretisierung des Rechtsstaatsgebots durch die Landesgesetzgebung vgl. Beschluss vom 16. Mai 1991 – BVerwG 4 NB 26.90 – BVerwGE 88, 204, 208 betr. die Ausfertigung von Bebauungsplänen).

Aus bundesrechtlicher Sicht ist auch die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu beanstanden, eines Ausfertigungsvermerks des Regierungspräsidenten auf der Schutzgebietskarte habe es nicht bedurft. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bestehen keine Zweifel daran, dass die einzige in den Normaufstellungsakten vorhandene, mit dem Verordnungstext verbundene Schutzgebietskarte den räumlichen Geltungsbereich des Naturschutzgebietes entsprechend dem Willen des Verordnungsgebers wiedergibt. Steht danach das Schutzgebiet eindeutig fest, hat das Fehlen des Ausfertigungsvermerks keine bundesrechtliche Bedeutung (vgl. Beschluss vom 16. Mai 1991, a.a.O., S. 209).

Die Rüge der Revision, die beim Landesamt für Umweltschutz verwahrte Karte trage das Datum vom 15. September 1983 und sei offensichtlich erst nach der Bekanntmachung der Verordnung im Juni 1983 erstellt worden, bleibt ohne Erfolg. Zum einen stützt sie sich auf Tatsachen, die vom Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt worden sind und daher der revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht zugrunde gelegt werden können (§ 137 Abs. 2 VwGO). Zum andern ist die Rüge nicht schlüssig erhoben. Ihr kann nicht entnommen werden, dass die beim Landesamt für Umweltschutz verwahrte Karte und die im Normerlassverfahren verwendete Schutzgebietskarte unterschiedliche Grenzen aufweisen und deshalb Zweifel am Norminhalt bestehen.

2. Die angegriffene Verordnung ist entgegen der Ansicht der Revision auf gesetzliche Vorschriften gestützt, die mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums in Art. 14 GG vereinbar sind. Der Antragsteller meint sinngemäß, die Ermächtigung zur Festsetzung von Naturschutzgebieten in Art. 7 des Gesetzes über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Bayerisches Naturschutzgesetz – BayNatSchG) in der hier maßgeblichen Fassung vom 10. Oktober 1982 (GVBl S. 874) genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht, weil im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 – (BVerfGE 100, 226) über eine Entschädigung bereits bei der Festsetzung eines Naturschutzgebietes entschieden werden müsse und dies in der salvatorischen Entschädigungsregelung des Art. 36 BayNatSchG nicht vorgesehen sei. Dem ist nicht zu folgen.

Regelungen in einer Naturschutzverordnung, die die Nutzbarkeit eines Grundstücks situationsbedingt einschränken, sind keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Zu diesen Bestimmungen können gesetzliche Entschädigungsansprüche gehören, die dem Verhältnismäßigkeitsausgleich dienen. Als eigentumsrechtliche Regelung in diesem Sinne stellt sich Art. 36 BayNatSchG dar, der dem von einer wesentlichen Nutzungsbeschränkung betroffenen Grundeigentümer einen Anspruch auf Entschädigung und unter weiteren Voraussetzungen einen Anspruch auf Übernahme des Grundstücks durch den Entschädigungspflichtigen gewährt. Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit dieser Vorschrift bestehen nicht (vgl. zum Ganzen Urteil vom 24. Juni 1983 – BVerwG 7 C 26.92 – BVerwGE 94, 1 = NJW 1993, 2949; Beschluss vom 18. Juli 1997 – BVerwG 4 BN 5.97 – Buchholz 406.401 § 13 BNatSchG Nr. 3 = NVwZ-RR 1998, 225).

Diese verfassungsrechtliche Beurteilung hält der Überprüfung anhand der vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 2. März 1999 zusammenfassend aufgestellten Maßstäbe für die Zulässigkeit von Ausgleichsmaßnahmen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit und die an sie zu stellenden Anforderungen stand (BVerfGE 100, 226, 242 ff.).

Danach müssen Normen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, grundsätzlich auch ohne Ausgleichsregelungen die Substanz des Eigentums wahren und dem Gleichheitssatz entsprechen (BVerfGE 100, 226, 244). Dies ist bei Einschränkungen der Grundstücksnutzung der Fall, die mit der Ausweisung als Naturschutzgebiet verbunden sind. Sie folgen aus der Situationsgebundenheit des Grundeigentums und belasten den Eigentümer im Regelfall nicht unverhältnismäßig (vgl. auch BVerfGE 100, 226, 242). Unzumutbare Belastungen sind nur ausnahmsweise zu erwarten. Damit ist dem Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, über Ausgleichsregelungen die Verhältnismäßigkeit zu wahren und gleichheitswidrige Sonderopfer zu vermeiden.

Ausgleichsregelungen im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bedürfen erstens einer gesetzlichen Grundlage. Sie müssen zweitens der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG entsprechen, derzufolge reale Vorkehrungen zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Belastung den Vorrang vor einem finanziellen Ausgleich oder einem u.U. gebotenen Anspruch des Eigentümers auf Übernahme durch die öffentliche Hand zum Verkehrswert haben. Drittens muss die Verwaltung bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich über den gegebenenfalls erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach entscheiden, was bei der Aktualisierung durch Verwaltungsakt die Ergänzung der materiellrechtlichen Ausgleichsregelungen durch verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschriften erfordert, die sicherstellen, dass mit einem solchen Verwaltungsakt zugleich über einen dem belasteten Eigentümer zu gewährenden Ausgleich entschieden wird (vgl. BVerfGE 100, 226, 245 f.).

Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayNatSchG und den entsprechenden Regelungen in den Schutzgebietsverordnungen (vgl. hier § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung) kann von den Geboten, Verboten und Beschränkungen im Einzelfall Befreiung erteilt werden, wenn der Vollzug der Bestimmung zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen im Sinne des Bayerischen Naturschutzgesetzes vereinbar ist. Kann die Verhältnismäßigkeit der naturschutzrechtlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung über eine Befreiung etwa deshalb nicht erreicht werden, weil sie mit den Zwecken des Naturschutzgebietes unvereinbar wäre, erhält der Eigentümer Ausgleich durch Entschädigung, ggf. in Form der Übernahme seines Grundstücks gemäß Art. 36 BayNatSchG nach den in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien (vgl. Urteil vom 24. Juni 1983, a.a.O., S. 10 ff.). Einzelheiten der Entschädigung ergeben sich aus dem Bayerischen Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung, auf das Art. 36 BayNatSchG verweist. Damit liegen gesetzliche Ausgleichsregelungen vor, die der Bestandsgarantie des Eigentums den gebührenden Vorrang einräumen, soweit dies mit dem legitimen gesetzlichen Anliegen des Naturschutzes vereinbar ist.

Die vom Bundesverfassungsgericht genannte dritte Anforderung kommt entgegen der Ansicht der Revision bei der Ausweisung eines Naturschutzgebiets nicht in vollem Umfang zum Tragen, weil die Eigentumsbeschränkung nicht durch Verwaltungsakt, sondern durch Rechtsverordnung aktualisiert wird. Soweit es – materiellrechtlich – darum geht, dass sich die Verwaltung bei der Aktualisierung von Eigentumsbeschränkungen über deren Ausmaß und die mit ihr verbundenen Folgen im Bereich von Ausgleichsmaßnahmen im Klaren sein soll, wird dieser Anforderung dadurch genügt, dass der Verordnungsgeber bei der Ausweisung eines Naturschutzgebietes die Pflicht hat, die berührten Eigentumspositionen zutreffend zu erfassen und bei seiner abwägenden Entscheidung mit den Belangen des Naturschutzes unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu würdigen (zum Abwägungsgebot siehe unten 3).

Das – durch Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts zu erfüllende – Gebot, mit einem die Eigentumsbeschränkung aktualisierenden Verwaltungsakt zugleich über die Gewährung eines Ausgleichs zu entscheiden, soll einem unzumutbaren Rechtsschutzrisiko des Eigentümers entgegen wirken (vgl. im Einzelnen BVerfGE 100, 226, 246). Das Bundesverfassungsgericht sieht dieses Risiko im Wesentlichen darin, dass sich der Eigentümer fristgerecht für oder gegen eine Anfechtung des Eingriffsakts entscheiden muss, auch wenn sich die Verwaltung zu der für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes wesentlichen Frage eines Ausgleichs noch nicht verbindlich geäußert hat. Ein derartiges Risiko kann aber nur dann bestehen, wenn die Eigentumsbeschränkung – wie vom Bundesverfassungsgericht vorausgesetzt – durch Verwaltungsakt aktualisiert wird. Denn bei einer Eigentumsbeschränkung durch Rechtsverordnung befindet sich der Eigentümer nicht in einer vergleichbaren Lage; insbesondere ist er keiner Anfechtungslast ausgesetzt. Beruht die Schutzgebietsverordnung auf einer Verletzung der erwähnten Pflicht zur angemessenen Berücksichtigung der betroffenen Eigentumsbelange, ist sie nichtig. Darauf kann sich der Eigentümer jederzeit berufen, ohne die Nichtigkeit in einem gesonderten Verwaltungsstreitverfahren klären zu müssen. Ein besonderes, das Übliche übersteigendes Prozessrisiko trifft den Eigentümer auch dann nicht, wenn er auf Erteilung einer Befreiung klagt oder einen Entschädigungsanspruch geltend macht und deshalb von der Gültigkeit der Naturschutzverordnung auszugehen hat. Art. 14 Abs. 1 GG gebietet daher keine gesetzlichen Vorkehrungen dafür, dass naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnungen nur unter gleichzeitiger Festsetzung erforderlicher kompensatorischer Maßnahmen für die betroffenen Grundstücke erlassen werden.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Anwendung irrevisiblen Landesrechts die Voraussetzungen des Art. 7 BayNatSchG für den Erlass der angegriffenen Naturschutzverordnung für gegeben erachtet. Er ist dabei davon ausgegangen, dass die Regierung von N. als zuständige höhere Naturschutzbehörde eine Abwägung zu treffen hatte, bei der die Grundstücke des Antragstellers in ihrer Qualität zutreffend zu berücksichtigen waren. Dagegen ist im Ansatz aus bundesrechtlicher Sicht nichts zu erinnern, ohne dass es auf Einzelheiten des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots, namentlich die Zuordnung zum Bundesrecht (vgl. § 1 Abs. 2, § 4 Satz 3 BNatSchG) und die inhaltliche Reichweite der Abwägung ankäme (vgl. Beschlüsse vom 18. Dezember 1987 – BVerwG 4 NB 1.87 – Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 2 S. 7 = NVwZ 1988, 728, vom 16. Juni 1988 – BVerwG 4 B 102.88 – Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 5 und vom 25. August 1995 – BVerwG 4 B 191.95 – Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 5 S. 7). Im Ergebnis zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof ferner angenommen, dass die Abwägung der Regierung von N. rechtlich nicht zu beanstanden ist.

a) Die Revision greift die Verordnung im Wesentlichen mit der Erwägung an, die Regierung von N. hätte den Bebauungsplan „W.” nicht unbeachtet lassen dürfen und deshalb bei der Abwägung berücksichtigen müssen, dass die betroffenen Grundstücke nach den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaubar seien. Die Revision spricht damit die im Schrifttum seit langem erörterte Frage an, ob oder unter welchen Voraussetzungen eine Behörde, die einen Bebauungsplan für unwirksam hält, befugt ist, bei ihren Entscheidungen von seiner Nichtigkeit auszugehen („behördliche Normverwerfungskompetenz”; vgl. etwa Gaentzsch, BerlKommBauGB, 2. Aufl. 1995, § 10 Rn. 66 ff.; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 7. Aufl. 1999, § 10 Rn. 10 ff.). Über die Frage ist indes nicht grundsätzlich zu entscheiden.

Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung (§ 10 BBauG; § 10 Abs. 1 BauGB). Rechtserhebliche, nicht behebbare Mängel führen zur Unwirksamkeit (Ungültigkeit, Nichtigkeit) des Bebauungsplans. Auf dessen Nichtigkeit kann sich grundsätzlich jedermann jederzeit berufen; insbesondere können Gerichte ihren Entscheidungen die Nichtigkeit eines Bebauungsplanes zugrunde legen (Inzidentverwerfung). An diesem Grundsatz ändern die gesetzlichen Bestimmungen über die Folgen der Verletzung von Vorschriften über die Bauleitplanung nichts (§§ 155 a, 155 b BBauG; §§ 214 ff. BauGB, § 47 Abs. 5 VwGO). Diesen Bestimmungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber den für Verwaltungsakte geltenden Grundsatz der „Vernichtbarkeit” auf Bebauungspläne übertragen wollte. Vielmehr setzen sie bei näher bezeichneten Gesetzesverstößen an, die als unbeachtlich oder aufgrund einer Heilung nicht die als Grundsatz fortbestehende Rechtsfolge der Nichtigkeit des Bebauungsplans nach sich ziehen. Der Wortlaut der erwähnten Vorschriften lässt daran keinen Zweifel (vgl. § 155 a Abs. 2, § 155 b Abs. 1 Satz 1 BBauG; § 214 Abs. 1, § 216 BauGB: „Rechtswirksamkeit”; § 155 a Abs. 5 BBauG, § 215 a BauGB: im ergänzenden Verfahren behebbare Mängel führen nicht zur „Nichtigkeit”, bis zur Behebung entfaltet die Satzung aber keine „Rechtswirkungen” [vgl. dazu auch § 47 Abs. 5 VwGO]; bei Verfahrens- und Formfehlern kann der Bebauungsplan mit Rückwirkung „erneut in Kraft gesetzt werden”).

Von der materiellrechtlichen Frage der Nichtigkeitsfolge rechtserheblicher Mängel eines Bebauungsplanes ist die – dem Verfahrensrecht zuzuordnende – Frage zu unterscheiden, wie Behörden vorzugehen haben, wenn sie überzeugt sind, ein für ihre Entscheidung erheblicher Bebauungsplan sei unwirksam. Eine ausdrückliche Regelung ist nicht ersichtlich. Jedoch folgt aus der Planungshoheit der Gemeinde, dass sie zur Nichtigkeit ihres Bebauungsplanes zu hören und ihr Gelegenheit zu geben ist, Rechtssicherheit herzustellen und die aus der Sicht des Städtebaus gebotenen Konsequenzen zu ziehen (vgl. im Einzelnen Urteil vom 21. November 1986 – BVerwG 4 C 22.83 – BVerwGE 75, 142, 144 ff.; allgemein zu der in der gemeindlichen Planungshoheit gründenden Anhörungspflicht zuletzt Urteil vom 14. Dezember 2000 – BVerwG 4 C 13.99 – Abdruck S. 19 ff.; ferner BGH, Urteil vom 10. April 1986 – III ZR 209/84 – NVwZ 1987, 168; Beschluss vom 20. Dezember 1990 – III ZR 179/89 – ZfBR 1991, 77). Ferner müssen an der Baurechtslage Interessierte ausreichend unterrichtet werden (vgl. BGHZ 84, 292, 302 f.; BGH, Urteil vom 17. März 1994 – III ZR 27/93 – NJW 1994, 3158), wobei Einzelheiten dieser Amtspflicht hier nicht zu erörtern sind. Weiter ist zu erwägen, ob sich aus der „Gerichtsgeprägtheit der Gewaltenteilung” (Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4, Art. 93 und 100 GG; dazu Schmidt-Aßmann, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Einleitung Rn. 56, 59 f.), dem im Rechtsstaatsgebot verankerten Grundsatz der Rechtssicherheit (vgl. BVerfGE 60, 253, 269 f.; 63, 343, 376 f.) und dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ableiten lässt, dass zur Normverwerfung – im Sinne der Nichtanwendung mängelbehafteter und daher nichtiger untergesetzlicher Rechtsvorschriften – ausschließlich die Gerichte befugt sind. Bestünde ein „gerichtliches Verwerfungsmonopol”, wären die Behörden grundsätzlich verpflichtet, Rechtsvorschriften und damit auch Bebauungspläne zu beachten, solange diese nicht von der normerlassenden Stelle, bei Bebauungsplänen von der Gemeinde – ggf. unter Einsatz der landesrechtlichen Mittel der Kommunalaufsicht – aufgehoben oder durch ein Gericht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO mit allgemeiner Verbindlichkeit für nichtig erkannt worden sind (zur Pflicht der Behörde, Normenkontrollverfahren einzuleiten, vgl. Baumeister/Ruthig, JZ 1999, 117). Der Ableitung aus weiteren, der Gestaltung durch den Gesetzgeber zugänglichen Verfassungsgrundsätzen entspräche es allerdings, andere Wege gerichtlicher Klärung gleich zu achten, wenn im Einzelfall den genannten Grundsätzen Genüge getan wird.

Es kann unentschieden bleiben, inwiefern diesen Erwägungen zu folgen ist und welche bundesrechtlichen Grundsätze daraus für die „behördliche Normverwerfung” im Allgemeinen abzuleiten sind. Denn ein rechtsfehlerhaftes Vorgehen der Antragsgegner ließe sich wegen der hier gegebenen Umstände selbst dann nicht feststellen, wenn diese Erwägungen der rechtlichen Überprüfung zugrunde gelegt werden. Ebenso wenig bedarf der Erörterung, welche Rechtsfolgen ein diesbezüglicher Verfahrensmangel für eine Rechtsvorschrift wie die angegriffene Schutzgebietsverordnung hätte, wenn die inzidente gerichtliche Überprüfung – wie hier – ergibt, dass der Normgeber den Bebauungsplan in der Sache zu Recht für nichtig gehalten hat.

Das Landratsamt R. beanstandete gegenüber der Stadt R. mit Schreiben vom 5. August 1981 die Bekanntmachung des Bebauungsplans „W.” und teilte der Stadt mit Schreiben vom 2. Dezember 1981 mit, dass die beabsichtigte Änderung wegen des Fehlens eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans ins Leere gehe. Im Bescheid vom 29. April 1982, mit dem die Genehmigung eines Grünordnungsplanes zum Bebauungsplan versagt wurde, führte das Landratsamt aus, aus welchen Gründen der Bebauungsplan unwirksam sei. Im Verfahren zur Ausweisung des Naturschutzgebietes „St.” wurde die Stadt R. in einer Besprechung am 28. März 1983 wiederum darauf hingewiesen, dass der Bebauungsplan nichtig sei. Die Stadt R. berücksichtigte diese Hinweise nicht, sondern stellte in der Folgezeit unter Hinweis auf den Bebauungsplan einen Normenkontrollantrag gegen die Verordnung über das Naturschutzgebiet „St.”, den der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 22. Oktober 1985 ablehnte. Aus diesen Vorgängen ergibt sich, dass der Antragsgegner die Stadt R. sowohl durch die für das Bauwesen zuständigen Behörden als auch im naturschutzrechtlichen Inschutznahmeverfahren nachhaltig über seine Ansicht unterrichtet hat, dass der Bebauungsplan „W.” nichtig sei.

Der Antragsgegner hat aber nicht nur die Stadt R. als die für die Bauleitplanung verantwortliche Gemeinde, sondern auch den Antragsteller als Eigentümer der durch den für nichtig gehaltenen Bebauungsplan überplanten Fläche ausreichend informiert. Auf Veranlassung des Antragstellers waren Behörden des Antragsgegners wiederholt mit der Gültigkeit des Bebauungsplans „W.” befasst. Sie haben stets dessen Nichtigkeit vertreten (vgl. insbesondere Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern an den Antragsteller vom 5. Februar 1982, dem eine Äußerung vom 29. Dezember 1981 an das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen zugrunde liegt). Vor allem aber nahm der Antragsteller an der erwähnten Besprechung am 28. März 1983 teil und wusste daher, dass auch die höhere Naturschutzbehörde den Bebauungsplan für unwirksam erachtete. Diese Auffassung wurde in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem der Antragsteller unter Hinweis auf die Rechtsgültigkeit des Bebauungsplans die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen eine naturschutzrechtliche Anordnung des Landratsamtes R. begehrte, durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigt. Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Beschluss vom 30. März 1983 – 9 CS 82 A 1538 – aus, der Bebauungsplan „W.” sei nicht genehmigt und deshalb nicht wirksam geworden.

Auch wenn Behörden grundsätzlich gehalten sein sollten, eine gerichtliche Entscheidung über die Gültigkeit für unwirksam gehaltener untergesetzlicher Rechtsnormen herbeizuführen, wäre es im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass die Regierung von N. in dem soeben erwähnten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs eine ausreichende Bestätigung ihrer Auffassung sah. Mit dem Bebauungsplan „W.” wollte die Stadt R. die rechtliche Grundlage für die Neuerschließung eines Gebietes schaffen, das 2,5 km von der Stadtmitte entfernt liegt und keine bauliche Verbindung mit bebauten Ortsteilen aufweist; ein Projektträger, in dessen Eigentum die überplante Fläche stand, sollte ein Gebiet mit Wochenendhäusern, ferner einem Sport- und Spielplatz sowie einer Gaststätte schaffen (vgl. Begründung zum Bebauungsplan). An die Stelle des Projektträgers war in den Jahren 1980 und 1981 der Antragsteller getreten. Am Bestand der ausschließlich auf das Erschließungsprojekt ausgerichteten, städtebaulich isolierten Planung hatte bei Erlass der Naturschutzgebietsverordnung neben der Stadt R. erkennbar nur der Antragsteller als begünstigter Grundeigentümer ein Interesse. Unter diesen besonderen Umständen genügt bereits die Inzidentverwerfung des Bebauungsplans im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. März 1983 den Anforderungen, die an eine gerichtliche Klärung der Gültigkeit der untergesetzlichen Rechtsvorschrift zu stellen sein könnten.

b) Die Regierung von N. ist zutreffend von der Nichtigkeit des Bebauungsplans „W.” ausgegangen. Der erkennende Senat kann offen lassen, ob sich die Unwirksamkeit des Bebauungsplans, wie der Verwaltungsgerichtshof meint, bereits aus dem Fehlen der nach § 11 BBauG erforderlichen Genehmigung ergibt. Der Bebauungsplan leidet nämlich offenkundig an einem schwerwiegenden Mangel in der Abwägung. Zwischen dem Satzungsbeschluss vom 27. August 1968 und der Bekanntmachung des Bebauungsplans im Jahr 1981 liegt ein Zeitraum von etwa dreizehn Jahren. In diesem Zeitraum haben sich die für die planerische Abwägung maßgeblichen Umstände dergestalt verändert, dass die Stadt R. gehindert war, den Bebauungsplan durch dessen (nochmalige) Bekanntmachung in Kraft zu setzen (vgl. Urteil vom 10. August 2000 – BVerwG 4 CN 2.99 – DÖV 2001, 130). Insoweit genügt der Hinweis auf die Ergebnisse der Biotopkartierung in den Jahren 1975 und 1977, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs die Ausweisung eines Naturschutzgebiets rechtfertigen, sowie auf die Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes im Jahre 1982, zu deren Schwerpunkten der Schutz von Feuchtflächen gehörte (Art. 6 d BayNatSchG). Unter diesen Umständen ließ sich das dem Satzungsbeschluss aus dem Jahre 1968 zugrunde liegende Abwägungsergebnis, dessen anfängliche Unbedenklichkeit der Senat zugunsten des Normgebers unterstellt – nicht mehr aufrechterhalten, weil die Abwägung zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen war, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis stand (vgl. BVerwGE 45, 309, 314 f.; 64, 33, 40). Mit den vorliegenden gewichtigen Belangen des Naturschutzes war die Ausweisung eines Wochenendhausgebiets unvereinbar, weil kein rechtfertigender Grund dafür ersichtlich war, gerade die besonders schutzwürdige Fläche des Feuchtgebietes der St. und der N. bei Sch. für eine solche bauliche Nutzung in Anspruch zu nehmen. Der erkennende Senat folgt insoweit den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs (S. 24, 28).

Danach durfte die Regierung von N. in ihre Abwägung einstellen, dass die Naturschutzgebietsverordnung lediglich die bisherige Grundstücksnutzung fortschreibt, und den Belangen des Naturschutzes Vorrang gegenüber anderen Nutzungsmöglichkeiten einräumen. Die Möglichkeit, dass die Inschutznahme Entschädigungsforderungen auslöst, hat die Regierung gesehen und in Kauf genommen. Sie war nicht gehalten, den Verkehrswert der betroffenen Flächen zu ermitteln und bei Verordnungserlass mögliche Entschädigungsleistungen in bestimmter Höhe zu berücksichtigen. Da widerstreitende konkrete Belange der Stadt R. jenseits ihrer Planungsabsichten, wie sie in der Bauleitplanung zum Ausdruck kamen (zur Abstimmung mit dem Flächennutzungsplan sogleich), nicht erkennbar waren, ergeben sich auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit keine Abwägungsmängel.

4. Die angegriffene Schutzgebietsverordnung ist auch nicht deshalb fehlerhaft zustande gekommen, weil sie dem mit Entschließung der Regierung vom 3. Oktober 1973 genehmigten und im Dezember 1973 bekannt gemachten Flächennutzungsplan der Stadt R. zuwiderläuft. In diesem sind wesentliche Teile des Verordnungsgebietes als Wochenendhausgebiet (SW – Sch.) bezeichnet sowie für Freizeit und Erholung vorgesehen („Sport- und Spielplatz”). Nach der hier maßgeblichen Vorschrift des § 7 Satz 1 BBauG hatten öffentliche Planungsträger, die nach § 2 Abs. 5 BBauG beteiligt waren, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen hatten. Satz 2 bestimmte, dass sie sich unverzüglich mit der Gemeinde ins Benehmen zu setzen hatten, wenn eine Veränderung der Sachlage eine abweichende Planung erforderlich machte. Die Regierung von N. hat nicht gegen diese Bestimmungen verstoßen.

Es ist bereits fraglich, ob der Flächennutzungsplan eine Anpassungspflicht begründen konnte. Er könnte nämlich – wie der aus ihm entwickelte Bebauungsplan – im Ergebnis abwägungsfehlerhaft und zum Zeitpunkt des Erlasses der Schutzgebietsverordnung unbeachtlich gewesen sein (vgl. Gaentzsch, in: BerlKommBauGB, 2. Aufl. 1995, § 7 Rn. 4). Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, so bewirkte jedenfalls der Umstand, dass den Naturschutzbehörden die Schutzwürdigkeit des Gebietes erst durch die Biotopkartierungen in den Jahren 1974 und 1975 und deren Auswertung durch das Landesamt für Umweltschutz, also nach der Aufstellung des Flächennutzungsplanes bekannt wurde, eine Veränderung der Sachlage im Sinne von § 7 Satz 2 BBauG (vgl. Gaentzsch, a.a.O., Rn. 14). Demnach hatte sich die Regierung von N. unverzüglich mit der Stadt R. ins Benehmen zu setzen, sobald die neue Sachlage den Erlass einer Schutzgebietsverordnung als einer im Sinne von § 7 Satz 2 BBauG „abweichenden Planung” erforderlich machte. Dahin gestellt bleiben kann, ob den Anforderungen des § 7 Satz 2 BBauG durch die Beteiligung der Stadt R. im Verfahren zum Erlass der Naturschutzverordnung nach Art. 46 BayNatSchG entsprochen wurde. Denn die Stadt R. hat die Inschutznahme abgelehnt und sich dabei auch und gerade auf § 7 BBauG gestützt. Unter diesen Umständen war die Regierung von N. nicht gehalten, gesondert an die Stadt R. heranzutreten, um eine Abstimmung der Flächennutzungsplanung mit der Ausweisung des Naturschutzgebietes zu erreichen.

5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

 

Unterschriften

Bardenhewer, Hahn, Eckertz-Höfer, Gerhardt, Graulich

 

Fundstellen

BVerwGE, 373

BauR 2001, 1066

NVwZ 2001, 1035

JA 2002, 26

NuR 2001, 391

NuR 2001, 458

BRS 2002, 234

BRS 2002, 819

BayVBl. 2001, 440

DVBl. 2001, 931

FSt 2001, 907

JAR 2001, 128

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