Leitsatz (amtlich)

›Entläßt der Dienstherr den Probebeamten nicht spätestens am Ende der laufbahnrechtlichen Probezeit wegen mangelnder Bewährung (wozu auch diejenige in gesundheitlicher Hinsicht gehört), kann er ihm aus diesem Grunde die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nach Ablauf der für die Probestatusdienstzeit vorgesehenen Frist nicht mehr verwehren.‹

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Entscheidung vom 23.08.1990; Aktenzeichen OVG 6 A 1075/88)

VG Düsseldorf (Entscheidung vom 14.10.1987; Aktenzeichen VG 2 K 4606/86)

 

Tatbestand

I. Der 1952 geborene Kläger, ein Regierungsamtmann, wurde am 1. August 1971 als Beamter in den Dienst des beklagten Landes berufen, obwohl das Gesundheitsamt ›vorerst‹ die Eignung des Klägers als Beamter unter Hinweis auf sein erhebliches Übergewicht und seinen Bluthochdruck verneint hatte. Seit dem 1. August 1974 befindet der Kläger sich im Beamtenverhältnis auf Probe. Sein Begehren, ihn in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übernehmen, wurde von dem Beklagten abgelehnt. Der Beklagte traf nach Ablauf der Probezeit des Klägers keine Entscheidung über eine Verlängerung der Probezeit oder seine Entlassung. Statt dessen wurde der Kläger ab Dezember 1978, kurz vor Vollendung des 27. Lebensjahres, zwecks Feststellung der gesundheitlichen Eignung wiederholt amtsärztlich untersucht. Nachdem er sich zu einer endgültigen Beurteilung mehrfach außerstande gesehen hatte, äußerte sich der Amtsarzt im Gesundheitszeugnis vom 5. Januar 1981 dahingehend, daß die Frage, ob nach dem aktuellen Gesundheitszustand des Klägers mit dessen vorzeitiger Dienstunfähigkeit nicht zu rechnen sei, zu verneinen sei. Der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit könne daher nicht zugestimmt werden. Nach Ablauf eines weiteren Jahres teilte der Regierungspräsident mit Schreiben vom 6. April 1982 dem Kläger mit, daß eine Umwandlung seines Beamtenverhältnisses in ein solches auf Lebenszeit wegen seiner mangelnden gesundheitlichen Eignung nicht erfolgen könne. Wörtlich heißt es weiter: Sie verbleiben somit zunächst auf Dauer im Beamtenverhältnis auf Probe, es sei denn, Ihr Gesundheitszustand bessert sich so, daß die gesundheitliche Eignung zum Beamten auf Lebenszeit amtsärztlicherseits festgestellt werden kann.

Ende des Jahres 1985 beantragte der Käger beim Beklagten, ihn als Beamten auf Lebenszeit zu übernehmen. Gegen den ablehnenden Bescheid hat der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, die in beiden Instanzen ebenfalls erfolglos blieb. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 LBG sei ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfülle. Zu den beamtenrechtlichen Voraussetzungen gehöre als eine der persönlichen Grundvoraussetzungen die gesundheitliche Eignung des Beamten. Diese sei nur gegeben, wenn nach der körperlichen Verfassung des Beamten die Möglichkeit häufiger Erkrankungen und des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze und damit eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Die Ablehnung des Beklagten sei rechtsfehlerfrei. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, daß der Beklagte seiner Entscheidung im Jahre 1986 das Gesundheitszeugnis des Gesundheitsamts vom 12. März 1986 zugrunde gelegt habe. Anhaltspunkte dafür, daß die amtsärztliche Bewertung der Frage der Gefahr einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit des Klägers aus gesundheitlichen Gründen nicht zutreffe, lägen nicht vor. Daß bei Erlaß des Widerspruchsbescheides der Beamte seit über 12 Jahren Beamter auf Probe gewesen sei, sei unbeachtlich. Dieser Umstand verwehre dem Beklagten die Berufung auf eine mangelnde gesundheitliche Eignung des Klägers auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nicht. Gleichfalls sei ein treuwidriges Verhalten des Beklagten im Hinblick auf die mit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung aus dem Jahre 1986 ausgesprochenen Weigerung, den Kläger als Beamten auf Lebenszeit zu übernehmen, zu verneinen. Ein Beamtenverhältnis auf Probe ohne konkrete Aussicht auf Umwandlung in ein solches auf Lebenszeit sei entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht ›ein Widerspruch in sich‹. Auch wenn das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Regel sei, schließe dies nicht Ausnahmen aus. Schließlich geböten die beamtenrechtlichen Grundsätze der Fürsorgepflicht und des Alimentationsprinzips eine Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht deshalb, weil er als Beamter auf Probe bei Erreichen der Altersgrenze zu entlassen sei und daher kein Ruhegehalt erhalte.

Der Kläger hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der er seinen Klageantrag weiter verfolgt.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Beklagte hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile zum Erfolg der Klage. Zu Unrecht gehen die angefochtenen Entscheidungen davon aus, daß die Ablehnung des Beklagten, das Beamtenverhältnis auf Probe des Klägers in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, rechtmäßig war.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers, sein Beamtenverhältnis auf Probe in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, ist § 9 Abs. 3 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV.NW. S. 234), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. März 1990 (GV.NW. S. 196). Danach ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt, die in § 9 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 LBG im einzelnen und abschließend aufgeführt sind. Die zeitliche Befristung des Statusverhältnisses eines Probebeamten weist aus, daß dieses - was im übrigen auch dem Sinn und Zweck seiner Begründung, nämlich der Erprobung eines Beamten entspricht - nicht auf Dauer angelegt ist, vielmehr eine Vorstufe oder ein Durchgangsstadium darstellt - zu dem auf Dauer angelegten Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, dem Regeltyp eines Beamtenverhältnisses (§ 5 LBG; vgl. auch Lemhöfer in Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Komm., § 9 Rdnr. 1). Das geltende Recht kennt kein Probebeamtenverhältnis auf Lebenszeit. Über die Umwandlung eines Beamtenverhältnisses auf Probe in ein solches auf Lebenszeit ist daher zu entscheiden, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen; diese Entscheidung darf nicht unangemessen lange hinausgezögert werden (vgl. Urteile v. 23.2.1967 - BVerwG 2 C 29.65 - Buchholz 232 § 9 Nr. 1 = BVerwGE 26,228,232; v. 24.10.1972 - BVerwG 6 C 43.70 - Buchholz 232 § 9 Nr. 2 = BVerwGE 41,75,78; v. 31.5.1990 - BVerwG 2 C 35.88 - Buchholz 237.95 § 43 Nr. 4 = BVerwGE 85,177,183; Beschlüsse v. 22.9.1986 - BVerwG 2 B 82.86 - Buchholz 232 § 31 Nr. 40 mit weiteren Nachweisen; v. 10.6.1988 - BVerwG 2 B 84.88 - Buchholz 251.6 § 78 Nr. 6; v. 4.2.1992 - BVerwG 2 B 161.91 - Buchholz 237.6 § 39 Nr. 8). Das setzt voraus, daß der Dienstherr die in Vorbereitung dieser Entscheidung erforderlichen Feststellungen und Wertungen im gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen trifft. Dies liegt sowohl im Interesse des Dienstherrn selbst als auch insbesondere im Interesse des Beamten und dient seinem Schutz (vgl. BVerwGE 41,75,78). Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet, den Beamten auf Probe alsbald wissen zu lassen, ›woran er ist‹, damit dieser seine Lebensplanung entsprechend einrichten kann. Die Entscheidung des Dienstherrn ist dem Zweck des Probebeamtenverhältnisses entsprechend auf Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung gerichtet bzw. um den Zeitpunkt der Entscheidung für eine dieser Alternativen hinauszuschieben, auf Verlängerung der Probezeit. Eine weitere Möglichkeit sieht das Gesetz nicht vor (vgl. u.a. Beschlüsse v. 10.6.1977 - BVerwG 2 B 15.77 - Buchholz 230 § 127 Nr. 34; v. 10.10.1985 - BVerwG 2 CB 25.84 - Buchholz 237.5 § 42 Nr. 4).

Zu den im Rahmen des § 9 Abs. 3 LBG zu berücksichtigenden Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 LBG für die Übernahme ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gehört außer der Vollendung des 27. Lebensjahres insbesondere auch, aß sich der Beamte in einer Probezeit bewährt hat (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 LBG) und damit den Anforderungen genügt, die an einen Beamten seiner Laufbahn in körperlicher, geistiger, charakterlicher und fachlicher Hinsicht zu stellen sind. Zu diesen Anforderungen gehört auch die gesundheitliche Eignung des Beamten. Die Bewährung insoweit kann schon dann nicht festgestellt werden, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dabei ist dem Dienstherrn eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, so daß die Prognose wie andere Akte wertender Erkenntnis verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist (vgl. u.a. BVerwGE 11,139,140; 19, 344,346 f.; Urteile v. 17.5.1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 Nr. 6; v. 14.5.1970 - BVerwG 6 C 112.65 - DÖD 1970,194 f.; v. 20.4.1977 - BVerwG 6 C 109.74 - Buchholz 237.0 § 38 Nr. 1; v. 24.11.1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nr. 7).

Beamte, die sich nicht bewähren, sind gemäß § 7 Abs. 5 Satz 3 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung - LVO -) vom 9. Januar 1973 (GV.NW. S. 30); gleichlautend § 7 Abs. 6 Satz 3 in der Bekanntmachung der Neufassung der Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung - LVO-) vom 15. Dezember 1988 (GV.NW. S. 1) zu entlassen (vgl. auch Beschlüsse v. 10.10.1985 - BVerwG 2 CB 25.84 - aaO. mit weiteren Nachweisen; v. 17.11.1989 - BVerwG 2 B 133.8889 - Buchholz 237.0 § 41 Nr. 1; Urteil v. 24.11.1988 - BVerwG 2 C 24.87 - aaO.). Kann die Bewährung bis zum Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit nicht festgestellt werden, so kann die Probezeit um höchstens zwei Jahre verlängert werden (§ 7 Abs. 5 Satz 1 LVO, F. 1973 = § 7 Abs. 6 Satz 1 LVO , F. 1988). Sie darf jedoch insgesamt fünf Jahre, die Höchstdauer der statusrechtlichen Probezeit (§ 9 Abs. 3 LBG), nicht überschreiten. Für den Dienstherrn besteht danach kein Ermessen, einen Beamten, der sich nicht bewährt hat, gleichwohl auf Dauer zu beschäftigen (so bereits BVerwGE 19,344,348,349; wonach es unzulässig ist, eine alsbaldige Entlassung wegen gesundheitlicher Eignung hinauszuzögern, weil der Wunsch des Dienstherrn besteht, den fachlich als befähigt erkannten Beamten auf Probe, einen Lehrer, wegen des Mangels an Lehrkräften zunächst noch weiter zu beschäftigen; vgl. auch BVerwGE 85,177,184; inzidenter auch Beschlüsse v. 10.10.1985 - BVerwG 2 CB 25.84 - aaO.; v. 22.9.1986 - BVerwG 2 B 82.86 - aaO.). Vielmehr bleibt dem Dienstherrn bei Nichtbewährung des Beamten oder bei nachhaltigen Zweifeln an der Bewährung von Rechts wegen nur die Wahl der sofortigen Entlassung oder der Verlängerung der Probezeit, allerdings nur in dem oben bezeichneten zeitlichen Rahmen.

Daher ist der Dienstherr nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, alsbald, d.h. unverzüglich, mithin ohne schuldhafte Verzögerung nach Ablauf der Probezeit eine Entscheidung über die Frage der Bewährung des Beamten herbeizuführen (vgl. BVerwGE 19,344,347; 26,228,231 f.; 41,75,88 f.; 85,177,183; Beschlüsse v. 1.9.1988 - BVerwG 2 B 105.88 - Buchholz 237.6 § 39 Nr. 6; v. 22.9.1986 - BVerwG 2 B 82.86 - aaO.; v. 4.2.1992 - BVerwG 2 B 161.91 - aaO.). Maßgebend für die Entscheidung des Dienstherrn ist die Bewährung bzw. Nichtbewährung des Beamten während der laufbahnrechtlichen Probezeit (vgl. Beschlüsse v. 4.2.1982 - BVerwG 2 B 161.91 - aaO.; v. 1.9.1988 - BVerwG 2 B 105.88 - aaO.; v. 10.10.1985 - BVerwG 2 CB 25.84 - aaO.; Urteile v. 24.11.1988 - BVerwG 2 C 24.87 - aaO.; v. 15.6.1989 - BVerwG 2 A 3.86 - Buchholz 232. 1 § 7 Nr. 4; v. 31.5.1990 - BVerwG 2 C 35.88 - aaO.). Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung - wozu auch die gesundheitliche Eignung zählt - für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen (vgl. Urteil v. 24.11.1988 - BVerwG 2 C 24.87 - aaO.; Beschluß v. 31.8.1979 - BVerwG 2 B 68.78 - Buchholz 237.2 § 67 Nr. 2).

Im Hinblick darauf, daß bereits die Auswahl der in das Probebeamtenverhältnis berufenen Bewerber nach den Kriterien des § 33 Abs. 2 GG vorgenommen wird, und dies dieselben Kriterien sind, denen für die Frage der Bewährung und Übernahme des Beamten auf Probe in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entscheidende Bedeutung zukommt, wird die Bewährung des Beamten in der Probezeit die Regel, die Nichtbewährung die Ausnahme sein. Positiv und ausdrücklich muß demgemäß stets die Nichtbewährung des Beamten festgestellt und ihm zur Kenntnis gebracht werden. Trifft der Dienstherr danach in der gebotenen Zeit nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit keine Feststellung über die Nichtbewährung des Beamten und damit keine Entscheidung über dessen Entlassung und ordnet er auch nicht, um eine Entscheidung noch zu verschieben, die Verlängerung der laufbahnrechtlichen Probezeit an, so steht das der positiven Feststellung der Bewährung gleich. Dementsprechend hat der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen, daß bei unangemessen langer Verzögerung der Entscheidung über die Bewährung der Beamte von seiner Bewährung ausgehen darf (vgl. BVerwGE 19,344,349; 85,177,183) und darauf vertrauen kann, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden (vgl. BVerwGE 85,177,183). Erst recht muß dies dann gelten, wenn der Dienstherr noch ein Übriges getan hat, etwa - wie im vorliegenden Fall - die planmäßige Anstellung des Beamten auf Probe nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit veranlaßt hat.

Zwar kann das Eignungsurteil des Dienstherrn ebenso wie die hierfür erforderlichen Feststellungen ›ohne schuldhaftes Zögern‹ auch noch nach Ablauf der Probezeit getroffen werden (vgl. Beschluß v. 1.9.1988 - BVerwG 2 B 105.88 - aaO. mit weiteen Nachweisen); dies setzt zum einen jedoch einen gewissen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ablauf der Probezeit voraus, zum anderen auch, daß tatsächlich in eine Prüfung eingetreten und eine Entscheidung vorbereitet wird, und zum dritten, daß gleichwohl nur solche Umstände Eingang in das Eignungsurteil finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen. Die von der Rechtsprechung gebilligte zeitliche Toleranzspanne kann der Dienstherr jedenfalls dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er gegen Ende der laufbahnrechtlichen Probezeit und in unmittelbarem Zusammenhang damit nach außen erkennbar nichts unternimmt, um zu einem Urteil über die Bewährung des Beamten zu kommen und diesem alsbald eine Entscheidung folgen zu lassen.

Nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit, etwa noch nach Ablauf der statusrechtlichen Probezeit, gewonnene neue Erkenntnisse hinsichtlich der Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft oder der gesundheitlichen Eignung des Beamten, die, wären sie in der laufbahnrechtlichen Probezeit aufgetreten, die Bewährung in Frage gestellt hätten, können aus den obigen Darlegungen das einmal im gebotenen Entscheidungszeitpunkt getroffene postive Urteil über die Bewährung in der Probezeit nicht mehr in Frage stellen (vgl. auch BVerwGE 85,177,184). Beruft sich der Dienstherr längere Zeit nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit, gar erst nach Ablauf der statusrechtlichen Probezeit, unter Hinweis auf den Gesundheitszustand des Beamten auf die Nichteignung des Beamten, so ist sein Verhalten als ein "venire contra factum proprium" zu werten. Er kann sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Erfolg auf die angebliche Nichtbewährung des Beamten während der laufbahnrechtlichen Probezeit berufen (im Ergebnis ebenso OVG Koblenz, Urteil v. 7.11.1984 - 2 A 134/83 - DVBl 1985,461 f; Zängl in Fürst, GKöD I, K § 22 Rz. 22). Beruft sich der Dienstherr dabei noch auf den aktuellen Gesundheitszustand des Beamten, kommt hinzu, daß ein Eignungsurteil, das nach Ablauf der Probezeit unter Zugrundelegung neuer, nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit entstandener Tatsachen, etwa des derzeitigen Gesundheitszustandes des Beamten, gewonnen wird, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, wonach der Dienstherr sein Bewährungsurteil auf der Grundlage und nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit zu treffen hat.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger einen Anspruch auf Umwandlung seines Beamtenverhältnisses auf Probe in ein solches auf Lebenszeit. Gründe, die seine Entlassung nach § 34 Abs. 1 LBG. z.B. wegen Dienstunfähigkeit, rechtfertigen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umwandlung des Probebeamtenverhältnisses des Klägers in ein solches auf Lebenszeit gemäß §§ 9 Abs. 1 und 3, 6 Abs. 1-3 LBG liegen vor. Dies gilt insbesondere für die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 LBG vorausgesetzte Bewährung in der laufbahnrechtlichen Probezeit. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die mangels durchgreifender Verfahrensrügen für das Revisionsgericht bindend sind (§ 137 Abs. 2 VwGO), hat der Beklagte nach Ablauf der Probezeit im Februar 1977 nicht in erkennbarer Weise die Nichtbewährung des Klägers festgestellt. Seine Probezeit wurde nicht verlängert, im Gegenteil hat der Beklagte den Kläger, der das 27. Lebensjahr (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 LBG) erst zwei Jahre später vollendete, unter Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 zum Regierungsinspektor ernannt. Dieses Bewährungsurteil des Beklagten ist einer nachträglichen Revision nicht zugänglich. Der in den Jahren 1982 und 1986 erhobene und in amtsärztlichen Zeugnissen dokumentierte Befund zum Gesundheitszustand des Klägers vermag die Bewährung in der Probezeit ohnehin nicht in Frage zu stellen. Die Frage, inwieweit nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit vom Dienstherrn gewonnene Erkenntnisse noch in das Bewährungsurteil einfließen können (vgl. dazu Beschluß vom 4.2.1992 - BVerwG 2 B 161.91 - aaO., stellt sich hier nicht.

Die Kostenentscheidung folgt auch § 154 Abs. 1 VwGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3017166

NJW 1993, 2546

BVerwGE 92, 147

BVerwGE, 147

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