Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergnügungssteuer, Spielautomatensteuer. Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen, sonstige Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit. Steuermaßstab der Stückzahl. verfassungsmäßige Aufwandsteuer. Steuergerechtigkeit. Vereinbarkeit mit europäischem Recht. keine Gleichartigkeit mit einer Umsatzsteuer. Nichtvorliegen der Merkmale einer Mehrwertsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

  • Die Erhebung der Spielautomatensteuer verstößt nicht gegen Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG. Sie erfüllt nicht die Merkmale einer Mehrwertsteuer und hat deshalb nicht den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne von Art. 33 der genannten Richtlinie (im Anschluß an BVerwG, Beschluß vom 21. März 1997 – BVerwG 8 B 51.97 – ≪Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 30≫).
  • Werden in einer kommunalen Vergnügungssteuersatzung Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit mit einem Steuersatz von 50 DM monatlich veranlagt, so gebietet der Grundsatz der Steuergerechtigkeit keine Differenzierung nach Aufstellorten.
 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a, Art. 106-107; Richtlinie 77/388/EWG Art. 33

 

Verfahrensgang

OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 17.03.1999; Aktenzeichen C 2 S 272/97)

 

Tenor

Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. März 1999 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin unterhält im Gebiet der Antragsgegnerin ein Unterhaltungscenter mit 24 Bowlingbahnen, 9 Billard- und 50 anderen Einrichtungen. Von den insgesamt 83 Einzeleinrichtungen sind 34 außerhalb und 49 innerhalb einer Spielhalle aufgestellt.

Sie wendet sich im Normenkontrollverfahren gegen § 1 Nr. 5, § 9 Nrn. 1 und 3 der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin vom 8. Juni 1995. Diese Vorschriften lauten:

§ 1

Die Landeshauptstadt Magdeburg (im folgenden nur noch “Stadt Magdeburg” bzw. “Stadt” genannt) erhebt Vergnügungssteuer für die folgenden im Stadtgebiet veranstalteten Vergnügungen, die an der Öffentlichkeit zugänglichen Orten stattfinden:

5. der Betrieb von Spiel- und Unterhaltungsgeräten (einschließlich der Geräte und Automaten zur Ausspielung von Geld und Gegenständen sowie Musikautomaten, ausgenommen Spielgeräte für Kleinkinder), Geschicklichkeits- und Unterhaltungsspielen in Gaststätten, Schankwirtschaften, Speisewirtschaften und Betrieben im Sinne des § 33i der Gewerbeordnung sowie anderen der Allgemeinheit zugänglichen Orten, sofern die Benutzung der Geräte von der Zahlung eines Entgeltes abhängig ist.

§ 9

Pauschsteuer nach festen Sätzen

Für den Betrieb von Spiel- und Unterhaltungsgeräten (einschließlich der Geräte und Automaten zur Ausspielung von Geld und Gegenständen sowie Musikautomaten), Geschicklichkeits- und Unterhaltungsspielen (§ 1 Nr. 5) beträgt die Steuer für jeden angefangenen Kalendermonat für:

1.

Geräte mit Gewinnmöglichkeit

a)

bei Aufstellung in Gaststätten, Kantinen und ähnlichen Räumen

200,00 DM

b)

bei Aufstellung in Spielhallen und an anderen Orten, die überwiegend dem Betrieb dieser Geräte dienen

400,00 DM

2.

Musikautomaten

20,00 DM

3.

Sonstige Geräte und Spiele ohne Gewinnmöglichkeit

50,00 DM

4.

Geräte, mit denen Gewalttätigkeiten gegen Menschen dargestellt werden oder gegen Sachen, in denen sich Menschen zu befinden pflegen, oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben.

2 000,00 DM

5.

Für Geräte, gemäß Nr. 1, die gleichzeitig zwei oder mehrere Spiele ermöglichen, gelten je Gewinnmöglichkeit die Steuersätze gemäß Nr. 1a und 1b.

Anfang 1997 wurde die Antragstellerin auf der genannten Grundlage von der Antragsgegnerin zur Vergnügungssteuer veranlagt. Die dagegen gerichtete Klage ist ohne Erfolg geblieben.

Im Juni 1997 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Sie hat im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin verstoße gegen Art. 33 der 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer vom 17. Mai 1977, da die Vergnügungssteuer den Charakter einer Umsatzsteuer habe. Der Antragsgegnerin fehle die Kompetenz zum Erlaß der Vergnügungssteuersatzung, da Art. 105 Abs. 2a GG als Ermächtigungsnorm nicht herangezogen werden könne. Denn bei der Vergnügungssteuer handele es sich nicht um eine örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer, sondern um eine Verkehrsteuer, die mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig sei. Die Vergnügungssteuersatzung verstoße auch gegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 i.V.m. Art. 72 GG, da die Antragsgegnerin ihre Befugnis zur Steuergesetzgebung mißbraucht habe. Sie habe den Hauptzweck der Steuererhebung, nämlich die Erzielung von Einnahmen für die öffentliche Hand, dadurch verlassen, daß sie ein ordnungspolitisches Interesse verfolge, indem sie das Aufstellen von Spielgeräten ohne Gewinnmöglichkeit gegenüber dem Aufstellen von Apparaten mit Gewinnmöglichkeit fördere. Sie betrete damit das den Ländern entzogene Rechtsgebiet des Gewerberechts und gehe angesichts der Steuerhöhe über ordnungs- und sozialpolitische Nebenzwecke hinaus.

Gleichzeitig verstoße die Satzung seit der Anhebung der Steuersätze 1995 gegen den Finanzausgleich nach Art. 106, 107 GG. Das System werde in empfindlicher Weise durch die Höhe des Vergnügungssteueraufkommens gestört; die Abgabe habe sich zu einem Instrument der Steueraufkommensverlagerung zugunsten der Gemeinden entwickelt.

Die Pauschalierung der Vergnügungssteuer sei nicht mehr sachgerecht. Wenn es sich dabei um eine Aufwandsteuer handele, sei eine Anknüpfung der Steuer an den konkreten Vergnügungsaufwand erforderlich. Zwar sei die Pauschalierung von Spielautomatensteuern durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich zugelassen worden; doch gelte das nur für Veranstaltungen, bei denen der individuelle Aufwand sich nicht oder kaum zuverlässig erfassen lasse. Diese Voraussetzung sei nicht mehr erfüllt. Mit Hilfe der modernen Automatentechnik könnten heute die konkreten Einspielergebnisse ohne weiteres festgestellt werden. § 9 Nr. 3 der Vergnügungssteuersatzung verstoße im übrigen auch deswegen gegen den Gleichheitssatz, weil die dort bestimmte Höhe der Pauschsteuer nach festen Sätzen bei Geräten ohne Gewinnmöglichkeit nicht hinsichtlich der Aufstellorte differenziere.

Die Antragstellerin hat im erstinstanzlichen Verfahren beantragt,

§ 1 Nr. 5 sowie § 9 Nrn. 1 und 3 der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer in der Landeshauptstadt Magdeburg vom 23. Juni 1995 (Amtsblatt Nr. 45 vom 29. Juni 1995) für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Vergnügungssteuersatzung sei formell und materiell rechtmäßig und verstoße insbesondere weder gegen nationales Verfassungsrecht noch gegen Gemeinschaftsrecht.

Mit Urteil vom 17. März 1999 hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt den Normenkontrollantrag abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, die zur Überprüfung gestellten Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung seien gültig.

Die Vergnügungssteuer verstoße nicht gegen Art. 33 der 6. Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17. Mai 1977. Die Spielautomatensteuer habe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer. Dabei handele es sich vielmehr offenkundig um eine von der Richtlinie nicht berührte Abgabe auf Spiele bzw. allgemein um eine Steuer, die nicht den Charakter einer Umsatzsteuer habe. Da dies geklärt sei, bestehe für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof keine Veranlassung.

Die Satzung sei hinreichend bestimmt; sie beruhe auf einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Ermächtigungsgrundlage in § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes. Bei der Spielautomatensteuer handele es sich der Rechtsnatur nach um eine örtliche Aufwandsteuer, deren Erhebung mit Art. 105 Abs. 2a GG vereinbar sei. In seinem Urteil zum Finanzausgleich vom 27. Mai 1992 habe das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich entschieden, daß der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern in den Länderfinanzausgleich einzubeziehen. Ein Verstoß gegen das System der Art. 106, 107 GG liege mithin nicht vor.

Mit der Steuererhebung verfolge die Antragsgegnerin auch und gerade den Zweck erhöhter Steuereinnahmen. Soweit daneben erzieherische Nebenzwecke angestrebt würden, bedürfe es dazu keiner den Bereich des Nebenzwecks erfassenden Sachregelungskompetenz. Ausreichend sei die Steuererhebungskompetenz.

Die beanstandeten Regelungen der Vergnügungssteuersatzung verstießen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Prinzip der Steuergerechtigkeit. Es halte sich im Rahmen des Gestaltungsspielraumes des Satzungsgebers, wenn für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit eine Differenzierung nach den Aufstellorten nicht vorgenommen werde. Der von der Antragsgegnerin angeordnete Maßstab der Stückzahl sei nach wie vor sachgerecht. Dieser Maßstab sei in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als zulässig anerkannt. Daran habe sich auch dadurch nichts geändert, daß nunmehr die Verbände der Automatenaufsteller den Einbau manipulationssicherer Zählwerke zugesagt hätten. Mangels gesetzlicher Regelung sei der Einbau solcher Zählvorrichtungen nicht gesichert. Die Vereinbarung der Verbände mit den zuständigen Ministerien des Bundes habe keine Bindungswirkung. Es gebe keine Garantie, daß alle Automatenaufsteller im Gebiet der Antragsgegnerin nur Automaten mit solchen Zählwerken aufstellten. Außerdem führe die Berücksichtigung der Zählwerke dazu, daß der Satzungsgeber gezwungen werde, die Vergnügungssteuer mit unterschiedlichen Steuermaßstäben zu erheben. Schließlich entstehe bei der Anordnung eines konkreten Wirklichkeitsmaßstabes durch die Pflicht zur Berücksichtigung von Zählwerksausdrucken unzweifelhaft ein höherer Verwaltungsaufwand.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Antragstellerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Antragsvorbringen.

Die Antragstellerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt aufzuheben und § 1 Nr. 5 und § 9 Nrn. 1 und 3 der Vergnügungssteuersatzung der Landeshauptstadt Magdeburg für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint unverändert, ihre Vergnügungssteuersatzung befinde sich im Einklang mit höherrangigem Recht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision ist unbegründet.

Soweit die Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin mit ihrer Revisionsbegründung im Schriftsatz vom 29. September 1999 den Antrag angekündigt hatten, § 1 Nr. 5 und § 9 Nr. 1 der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin für nichtig zu erklären, § 9 Nr. 3 der Satzung also zunächst ausgeklammert blieb, geht der Senat wegen des Inhalts der Revisionsbegründung davon aus, daß es sich dabei um einen Schreibfehler gehandelt hat, der jederzeit korrigiert werden konnte. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind folglich entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag unverändert § 1 Nr. 5 und § 9 Nrn. 1 und 3 der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin.

Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, daß die im Normenkontrollverfahren beanstandeten Vorschriften gültig sind. Diese Auffassung steht mit dem Bundesrecht im Einklang, wobei Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch das Recht der Europäischen Union ist (vgl. BVerwGE 35, 277 f.).

A. Die beanstandeten Regelungen der Vergnügungssteuersatzung verstoßen nicht gegen höherrangiges nationales Recht.

1. Nach Art. 105 Abs. 2a GG haben die Länder “die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind”. Diese Besteuerungskompetenz hat der Landesgesetzgeber des Landes Sachsen-Anhalt durch § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes in einer hinreichend bestimmten Weise auf die Gemeinden übertragen (vgl. dazu bereits BVerfG, Beschluß vom 1. März 1997 – 2 BvR 1599/89 u.a. – NVwZ 1997 S. 573/574). Ebenso genügen die zur Überprüfung gestellten Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung und widersprechen nicht dem in Art. 105 Abs. 2a GG bestimmten Gleichartigkeitsverbot. Danach dürfen örtliche Aufwandsteuern bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sein. Diese Voraussetzung ist schon deshalb nicht erfüllt, weil in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit langem anerkannt ist, daß das Gleichartigkeitsverbot nicht die herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern erfaßt, selbst wenn diese dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen wie Bundessteuern. Zu den herkömmlichen Steuern in diesem Sinne gehören die bei Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes am 1. Januar 1970 üblicherweise bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, mithin die Vergnügungssteuer. Auch sie gilt demnach als nicht mit bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG (vgl. BVerfGE 40, 52 ≪55≫; 56 ≪62 ff.≫; 69, 174 ≪183≫).

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat die Vorinstanz festgestellt, daß die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin nicht gegen die Art. 106, 107 GG verstößt. Gemäß Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG steht das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Im System des horizontalen Finanzausgleichs unter den einzelnen Ländern nach Art. 107 GG bleibt diese Zuweisung bisher unberücksichtigt. Dies beruht auf der Einschätzung, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern erreiche insgesamt nicht ein Volumen, welches als ausgleichsrelevant anzusehen sei (vgl. dazu noch: BVerfGE 86, 148 ≪225≫). Es mag sein, daß diese Einschätzung überprüfungsbedürftig ist, nachdem das Aufkommen – wie die Antragstellerin unwidersprochen vortragen läßt – in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Doch steht dem Gesetzgeber zur Neuregelung des Finanzausgleichssystems ein Anpassungsspielraum zu, der zum Erlaß eines Maßstäbegesetzes bis zum 31. Dezember 2002 und zum Erlaß einer Neufassung des Finanzausgleichsgesetzes auf der Grundlage des Maßstäbegesetzes bis zum 31. Dezember 2004 zu nutzen ist (BVerfG, Urteil vom 11. November 1999 – BVerfG 2 BvF 2/98 u.a. –). Daraus folgt, daß das bisherige Finanzausgleichsgesetz jedenfalls bis Ende 2002 als Übergangsrecht weiter anwendbar ist.

Würde im übrigen die Nichtberücksichtigung des Aufwandes bei den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern als Verstoß gegen Art. 106, 107 GG qualifiziert, so hätte dies die Verfassungswidrigkeit der bisherigen Regeln über den Finanzausgleich, nicht aber zur Folge, daß die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin in den beanstandeten Punkten ungültig wäre.

3. Auch der von der Antragstellerin geltend gemachte Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes liegt – wie die Vorinstanz zu Recht ausführt – nicht vor. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts verfolgt die Antragsgegnerin mit ihrer Satzung, soweit sie Gegenstand der Normenkontrolle ist, auch einen ordnungspolitischen Nebenzweck und sucht diesen gerade durch die überproportionale Erhöhung der Steuersätze für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen zu erreichen. Darin liegt kein Verstoß gegen das Gesetzgebungsrecht des Bundes nach Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft). Eine steuerrechtliche Regelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, setzt keine zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz voraus. Das Grundgesetz trennt die Steuer- und Sachgesetzgebungskompetenz als jeweils eigenständige Regelungsbereiche und verweist auch die Lenkungssteuer wegen ihres verbleibenden Finanzierungszwecks und der ausschließlichen Verbindlichkeit ihrer Steuerrechtsfolgen in die Zuständigkeit des Steuergesetzgebers. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfGE 55, 274 ≪299≫; 98, 106 ≪118≫). Darf der Steuergesetzgeber bei der Auswahl des Besteuerungsgegenstandes mithin auch weitere Ziele verfolgen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AO 1977), so ist die Auswahl des Steuergegenstandes der Spielautomaten hier durch das Ziel gerechtfertigt, der Verbreitung der Spielsucht entgegenzuwirken. Das Lenkungsziel besteht danach in dem Bestreben, ein Verhalten, das Folgekosten für die Gemeinschaft verursachen kann, unattraktiver zu machen.

4. Die von der Antragsgegnerin erhobene Spielautomatensteuer überschreitet auch nicht die nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Grenze eines Eingriffs in die Berufsfreiheit. Ein solcher Eingriff wäre nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es unmöglich werden ließe, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen. Eine in diesem Sinne erdrosselnde Wirkung hat die Antragstellerin selbst nicht geltend gemacht. Als mittelbare Regelung der Berufsausübung ist die Steuererhebung durch gewichtige Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es erscheint angemessen und verhältnismäßig, wenn die Allgemeinheit durch eine Steuer an dem Aufwand für das Vergnügen des Spielens beteiligt wird, auch wenn dadurch die Rentabilitätsgrenze der Gewinnspielapparate herabgesetzt werden sollte. Insbesondere durch die erhöhte Steuererhebung für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen kann der Verursachung von Allgemeinlasten vorgebeugt werden. Daß die erhöhte Steuererhebung wegen der Festschreibung der Höhe der Spieleinsätze in der Spiel-Verordnung nicht auf die einzelnen Spielteilnehmer abgewälzt werden kann, ändert nichts daran, daß schon nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin die zuvor beschriebene Grenze einer verfassungsmäßigen Berufsausübungsregelung nicht erreicht oder überschritten ist.

5. Schließlich stehen die in § 1 Nr. 5 und § 9 Nrn. 1 und 3 der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin bestimmten Vergnügungssteuern auch mit den Erfordernissen des steuerlichen Gleichheitssatzes im Einklang. Dies gilt sowohl für die Auswahl des Steuermaßstabes der Stückzahl als auch für den Umstand, daß die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin für die Besteuerung von sonstigen Geräten und Spielen ohne Gewinnmöglichkeit (§ 9 Nr. 3) keine Differenzierung nach Aufstellorten enthält.

a) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, daß ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können – insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen – durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht. Praktikabilitätserwägungen können aber nur bei der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG von rechtfertigender Bedeutung sein, nicht hingegen, wenn es um verfassungsrechtliche Wertentscheidungen geht, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art. 3 Abs. 1 GG einschränken (BVerwG, Beschluß vom 25. Januar 1995 – BVerwG 8 N 2.93 – ≪Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 28≫ mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Unter Anlegung dieses verfassungsrechtlichen Maßstabs erweist sich die Verwendung des Steuermaßstabs der Stückzahl bei der Besteuerung von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen als nach wie vor verfassungsgemäß. Dazu hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache BVerwG 11 CN 1.99 im einzelnen ausgeführt:

“Die Vergnügungssteuer in der Form der Spielautomatensteuer ist eine indirekte örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. Sie besteuert die gewerbliche Veranstaltung von Vergnügungen im Zusammenhang mit Geld- und Unterhaltungsspielen an Automaten. Steuerschuldner ist der Veranstalter des Vergnügens. Er wird zur Vergnügungssteuer herangezogen, obwohl eigentliches Steuergut das Vergnügen des einzelnen bzw. dessen dafür erbrachter Aufwand als Indiz seiner wirtschaftlichen Leistungskraft ist. Die Vergnügungssteuer zielt also darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Der Steuermaßstab ist demgemäß am Vergnügungsaufwand auszurichten. Speziell bei der Spielautomatensteuer gilt herkömmlicherweise auch ein pauschaler Maßstab als sachgerecht, solange die Erfassung des Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich bleibt. Die für eine Pauschalierung sprechenden Praktikabilitätserwägungen sind durch den technologischen Fortschritt, der inzwischen die Erfassung der Einspielergebnisse der einzelnen Geräte erleichtert, nicht insgesamt unbeachtlich geworden. Im übrigen läßt sich auch gegenwärtig der Vergnügungsaufwand der einzelnen Spieler nicht erfassen. Die Anknüpfung der Spielautomatensteuer an den Vergnügungsaufwand des Spielers bliebe damit auch dann pauschal, wenn das Einspielergebnis der Geräte als Bemessungsgrundlage der Steuer gewählt würde. Schon die indirekte Erhebung dieser Vergnügungssteuer rechtfertigt somit unverändert ihre Pauschalierung nach herkömmlicher Art.

a) In seinem Teilurteil vom 10. Mai 1962 (BVerfGE 14, 76 ff.) hat das Bundesverfassungsgericht die Verwendung des Steuermaßstabes der Stückzahl mit der Erwägung begründet, die Anschaffungspreise für die Spielautomaten schwankten im allgemeinen zwischen 600 und 800 DM oder nach den Angaben der damaligen Kläger zwischen 560 und 805 DM; diese geringen Unterschiede der Erstanschaffungspreise deuteten darauf hin, daß an den Apparaten der verschiedenen Bauarten im Durchschnitt etwa gleich häufig gespielt werde. Mithin könne der herkömmliche lockere Bezug zwischen dem Steuermaßstab der Stückzahl und dem Vergnügungsaufwand noch als gewahrt angesehen werden (a.a.O. S. 95). Sei die Wertverschiedenheit der Apparate relativ gering, so könne auch die besondere Bemessung der Steuer gerade nach der Stückzahl nicht als willkürlich bezeichnet werden (a.a.O. S. 103). Zusätzlich hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung (S. 103) den pauschalierenden Stückzahlmaßstab noch mit der Erwägung gerechtfertigt, die weitaus meisten Spielapparate befänden sich in den Händen verhältnismäßig weniger Aufsteller und seien über ein großes Gebiet verteilt, so daß Härten der Stückzahlsteuer sich beim einzelnen Unternehmen weitgehend ausgleichen könnten.

Die Zulässigkeit des Ersatzmaßstabes der Stückzahl hat das Bundesverfassungsgericht seit der genannten Entscheidung auch in der Folgezeit weiter betont, allerdings ohne auf die konkreten Sachumstände wie die Vergleichbarkeit der Einspielergebnisse oder die Zahl der Automatenaufsteller nochmals einzugehen (BVerfGE 31, 8 ff.; BVerfG, Beschluß vom 1. März 1997 – 2 BvR 1599/89 u.a. – NVwZ 1997, 573 ff.). Vielmehr wird in diesen Entscheidungen die Zulässigkeit der Spielautomatensteuer als einer Pauschalsteuer ohne weitere Diskussion angenommen.

b) Diese Argumentation macht deutlich, daß die Spielautomatensteuer historisch als eine am Maßstab der Apparatestückzahl orientierte Pauschalsteuer entstanden ist, wobei von jeher ein gelockerter Bezug zwischen dem Steuermaßstab und dem Vergnügungsaufwand, wie er sich in den konkreten Einspielergebnissen der einzelnen Automaten ausdrückt, als ausreichend und der Steuergerechtigkeit entsprechend angesehen wurde. Dieser traditionelle Charakter der Spielautomatensteuer verändert sich nach Auffassung des Senats nicht zwangsläufig allein dadurch, daß unter den jetzigen technischen Bedingungen mit Hilfe elektronischer Datenerfassung die Feststellung der exakten Einspielergebnisse der Spielautomaten, die früher nur durch Auszählung der Münzen möglich gewesen wäre, erleichtert ist. Vielmehr kann der dem Steuergesetzgeber im Grundsatz zustehende Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl des Steuermaßstabes nur dann als überschritten angesehen werden, wenn der Normgeber sich für seine Entscheidung, als Steuermaßstab nach wie vor die Stückzahl der Geräte zu wählen, nicht länger auf eine wenigstens lockere Beziehung zwischen diesem Maßstab und den konkreten Einspielergebnissen berufen könnte. Dies ist indessen nicht der Fall, so daß die von der Antragstellerin gerügte Wahrnehmung des Gestaltungsspielraumes der Antragsgegnerin nicht mit Erfolg beanstandet werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Antragsgegnerin in ihrer Vergnügungssteuersatzung mit der Differenzierung nach Aufstellorten für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit bereits den Anforderungen entsprochen hat, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 25. Januar 1995 (BVerwG 8 N 2.93, a.a.O.) formuliert hat.

c) Wenn für Geräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen Einspielergebnisse zwischen 2 000 und 2 500 DM monatlich zu verzeichnen sind, so ist der für die Rechtfertigung der Spielautomatensteuer als Pauschalsteuer erforderliche lockere Bezug zwischen dem Stückzahlmaßstab und dem Vergnügungsaufwand jedenfalls gewahrt. Wird bedacht, daß die Spielautomatensteuer im Rahmen des Gestaltungsspielraumes der Steuergesetzgeber als Pauschalsteuer entstanden ist, so gewährleisten Einspielergebnisse mit der angegebenen Schwankungsbreite zwar keinen wirklichkeitsgenauen, wohl aber in jedem Fall einen lockeren Bezug zwischen Maßstab und Aufwand. Hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil aus dem Jahre 1962 den erforderlichen Bezug zwischen den beiden genannten Größen wegen einer gewissen Vergleichbarkeit in den Anschaffungspreisen (zwischen 600 und 800 DM) für die Automaten bejaht, so kann er nicht heute in Frage gestellt werden, weil die gegenüber den Anschaffungspreisen wirklichkeitsnäheren Einspielergebnisse nicht stärker, sondern schwächer schwanken als die seinerzeitigen Anschaffungspreise. Auf die Frage der Zahl der Automatenaufsteller und der von ihnen jeweils betriebenen Geräte kommt es dann nicht mehr an.

d) Praktikabilitätserwägungen stützen unverändert die Verwendung des Stückzahlmaßstabes.

Die Spielautomatensteuer wird als kommunale Aufwandsteuer regelmäßig nicht durch die Finanzverwaltung, sondern durch die kommunalen Verwaltungen erhoben. Anders als die Finanzverwaltungen verfügen die Kommunen jedenfalls in aller Regel nicht über Einrichtungen und Personal, das in bezug auf die Steuererhebung vor allem im Hinblick auf die Überprüfung von Erklärungen der Steuerpflichtigen besonders geschult wäre. Um so mehr erscheint es angemessen, die “Einfachheit” der Steuererhebung mittels des Maßstabes der Stückzahl als besonderen Praktikabilitätsgewinn für die Kommunen anzusehen. Insofern gewinnt Bedeutung, daß nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz – die für den Senat bindend sind (§ 137 Abs. 2 VwGO) – die bislang eingebauten Zählwerke zwar “nahezu manipulationssicher” sind, dies aber nicht für die Ausdrucke gilt (UA S. 10). Bei einer Besteuerung auf der Grundlage der Einspielergebnisse würde hieraus die Notwendigkeit resultieren, verwaltungsseitig Kontrollmechanismen einzuführen, um einer Steuerhinterziehung entgegenzuwirken. Zwar werden die Kommunen auch für die Verwendung des Stückzahlmaßstabes kaum ohne Kontrollen (etwa stichprobenartig durchgeführte Besichtigungen der Spielhallen) auskommen. Es liegt aber auf der Hand, daß die Abwicklung dieser Kontrollen nach Lage der Dinge einen geringen Aufwand erfordert. Kontrollen gegenüber Manipulationen der Zählwerke oder der Ausdrucke würden demgegenüber die kommunalen Verwaltungen schon mangels entsprechend geschulten Personals weitgehend überfordern.

Hinzu kommt, daß der Einbau von Zählwerken in die Geldautomaten mit Gewinnmöglichkeit aufgrund der Vereinbarung der beteiligten Verbände mit den zuständigen Ministerien des Bundes nicht die Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit betrifft. Bei Aufgabe des Stückzahlmaßstabes müßten die kommunalen Satzungsgeber folglich in ihren Vergnügungssteuersatzungen für die Erhebung der Spielautomatensteuer unterschiedliche Steuermaßstäbe vorsehen. Für Geräte mit Gewinnmöglichkeit müßte ein am konkreten Umsatz orientierter Maßstab gewählt werden, für die Geräte ohne Gewinnmöglichkeit könnte es bei dem bisherigen Stückzahlmaßstab verbleiben. Unzweifelhaft wäre auch damit ein gewisser zusätzlicher Verwaltungsaufwand verbunden.”

Das Oberverwaltungsgericht hat in seiner angefochtenen Entscheidung keine ausdrücklichen Feststellungen zu den Einspielergebnissen der Antragstellerin oder überhaupt von Spielautomaten im Gebiet der Antragsgegnerin getroffen. Es hat statt dessen zur Rechtfertigung seiner Rechtsauffassung, der Stückzahlmaßstab sei unverändert verfassungsgemäß, auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zu diesem Thema ausdrücklich Bezug genommen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, daß das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 25. Januar 1995 (a.a.O.) für Automaten mit Gewinnmöglichkeit Einspielergebnisse von durchschnittlich 1 100 DM monatlich bei Gaststättenaufstellung und von 2 000 bis 2 500 DM (Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände vom 14. April 1998 gegenüber dem Oberverwaltungsgericht Münster) bei Geräten in Spielhallen berichtet und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Dies deckt sich mit den in der Sache BVerwG 11 CN 1.99 von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen. Mangels eines entgegenstehenden Vortrags der Antragstellerin und mangels andersartiger neuerer Erkenntnisse ist mithin davon auszugehen, daß diese Größenordnung von Einspielergebnissen die tatsächliche Grundlage darstellt, auf der die Vorinstanz ihre Überzeugung gebildet hat. Folglich hat auch der erkennende Senat seiner Entscheidung die genannte Tatsachenbasis zugrunde zu legen.

b) Auch in bezug auf § 9 Nr. 3 Vergnügungssteuersatzung hat der Normenkontrollantrag keinen Erfolg, wie die Vorinstanz in nicht zu beanstandender Weise festgestellt hat.

Anders als bei Geräten mit Gewinnmöglichkeit unterscheidet die Antragsgegnerin in ihrer Vergnügungssteuersatzung bei sonstigen Geräten und Spielen ohne Gewinnmöglichkeit nicht nach Aufstellorten. Die zuletzt genannten Geräte werden nach § 9 Nr. 3 der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin mit einem Steuersatz von 50 DM pro Monat veranlagt. Dieser Steuersatz ist unter heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen geringfügig. Noch niedriger – nämlich mit monatlich 20 DM – werden in der Vergnügungssteuersatzung nur die Musikautomaten besteuert. Der Steuersatz für Geräte und Spiele ohne Gewinnmöglichkeit stellt sich unter diesen Umständen als “Sockelbetrag” dar, bei dem sich die Frage, ob wegen Unterschiedlichkeiten des Aufstellortes Differenzierungen “nach unten” geboten sein könnten, dem Satzungsgeber nicht aufdrängen mußte. Dementsprechend ist es unter dem Aspekt der Gleichbehandlung nicht zu beanstanden, wenn sich die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin damit begnügt, bei Geräten mit Gewinnmöglichkeit einen nach Aufstellorten unterschiedlichen Steuersatz vorzusehen: Diese Geräte werden – wegen der größeren Attraktivität, die Gewinnspielen typischerweise zukommt – mit einem Steuersatz von 200 DM veranlagt, der sich bei Aufstellung in Spielhallen und anderen Orten, die überwiegend dem Betrieb dieser Geräte dienen, auf 400 DM verdoppelt. Diese Verdoppelung trägt dem Umstand Rechnung, daß Spielhallen vom Publikum gezielt wegen der Gewinnspielmöglichkeiten aufgesucht werden, was an anderen Orten (z.B. Gaststätten) nicht der Fall ist. Soweit der bis zum 31. Juli 1999 für das kommunale Steuerrecht zuständige 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluß vom 25. Januar 1995 – BVerwG 8 N 2.93 – (Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 28) hinsichtlich des Steuersatzes von 50 DM einen abweichenden Standpunkt zum Ausdruck gebracht haben sollte, hält der nunmehr zuständige erkennende Senat daran nicht fest.

B. Ebenso wie mit dem nationalen höherrangigen Recht steht die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin mit ihren beanstandeten Regelungen auch mit dem europäischen Recht im Einklang.

Die Erhebung der Spielautomatensteuer verstößt insbesondere nicht gegen Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 91/680/EWG vom 16. Dezember 1991 (ABl EG Nr. L 376 S. 1). Das hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Beschluß vom 21. März 1997 (BVerwG 8 B 51.97 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 30 – mit zahlreichen weiteren Nachweisen) entschieden. Daran wird festgehalten.

Nach der genannten Vorschrift des Gemeinschaftsrechts hindern die Bestimmungen der Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Der Wortlaut dieser Vorschrift legt nach Auffassung des Senats zunächst die Auslegung nahe, daß es sich bei einer Spielautomatensteuer, wie sie in der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin bestimmt ist, um eine Abgabe auf Spiele handelt, die zulässig ist, ohne daß es darauf ankommt, ob sie den Charakter von Umsatzsteuern hat. Darauf wird indessen nicht abgestellt, weil der zur letztverbindlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts berufene Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG auch im Zusammenhang mit Vergnügungs- und Spielautomatensteuern stets die Frage gestellt und beantwortet hat, ob es sich dabei um Steuern mit dem Charakter von Umsatzsteuern handele.

In Würdigung der dazu vorliegenden, bereits im Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 1997 (a.a.O.) berücksichtigten Rechtsprechung ist festzustellen, daß diese Voraussetzung verneint werden muß (vgl. ebenso BVerfG, Beschluß vom 1. März 1997 a.a.O.). Danach hängt die Frage, ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG hat, vor allem davon ab, ob sie das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigt, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie kommerzielle Umsätze so belastet, wie es für die Mehrwertsteuer kennzeichnend ist. Der Europäische Gerichtshof hat hierzu ausgeführt, daß Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, auf jeden Fall als Maßnahmen anzusehen sind, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belasten (Slg. 1992 I – 2217 = EuZW 1992, 420 – Dansk Denkavit und Poulsen Trading). Wesentliche Merkmale der Mehrwertsteuer sind danach: Allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so daß sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Juni 1999 – Rs. C – 338/97 u.a. – EuZW 1999, 692 – Pelzl u.a.). Es mag Streit darüber möglich sein, ob von den genannten Merkmalen dasjenige der Proportionalität, jedenfalls dann, wenn als Steuermaßstab ein Prozentsatz des Einspielergebnisses gewählt wird, erfüllt ist; doch besteht kein Zweifel daran, daß die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als wesentliche Merkmale einer Mehrwertsteuer angesprochenen Gesichtspunkte für die nach Stückzahl der Automaten erhobene Spielautomatensteuer sämtlich nicht vorliegen. Auch der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die genannten Merkmale für eine Mehrwertsteuer lägen jedenfalls kumulativ nicht vor. Es gehe der Antragstellerin folglich um eine Veränderung der langjährigen bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.

Angesichts dessen besteht für den Senat keine Verpflichtung und auch keine Veranlassung, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der Senat teilt die Auslegung, die der Europäische Gerichtshof Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG gegeben hat. Diese spiegelt den Zustand wieder, den die Harmonisierung des europäischen Steuerrechts in bezug auf die Umsatzsteuern erreicht hat. In bezug auf die Einordnung einer Spielautomatensteuer in dem hier fraglichen Sinne ermöglicht die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch nach Auffassung der Prozeßbeteiligten eine eindeutige, wenngleich für die Antragstellerin negative Antwort. Ist der Fragenkomplex somit in bezug auf das Problem des vorliegenden Verfahrens eindeutig und unmißverständlich geklärt, so entfällt die im Grundsatz nach Art. 234 EGV bestehende Vorlagepflicht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs 283/81 – ≪Slg. IV 1982 S. 3415≫ – Cilfit).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

 

Unterschriften

Hien, Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel

 

Fundstellen

NVwZ 2000, 933

ZKF 2000, 203

DÖV 2000, 563

DVBl. 2000, 913

VA 2000, 115

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