Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauliche oder betriebliche Änderungen eines Flughafens. Frage der Genehmigungsbedürftigkeit bei wesentlichen Erweiterungen und Änderungen. Entscheidung der Genehmigungsbehörde. Rechtsbetroffenheit und Klagebefugnis der Gemeinden und Gemeindeverbände bei Verneinung der Genehmigungsbedürftigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Über die Notwendigkeit einer Genehmigung von geplanten baulichen oder betrieblichen Erweiterungen oder Änderungen eines Flugplatzes entscheidet die luftverkehrsrechtliche Genehmigungsbehörde auf die Anzeige des Flughafenunternehmers hin durch Verwaltungsakt.

Erklärt die Genehmigungsbehörde eine objektiv genehmigungspflichtige Erweiterung oder Änderung eines Flugplatzes für nicht genehmigungsbedürftig, so kann dadurch das den Gemeinden und Gemeindeverbänden zustehende Recht auf Beteiligung am luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren verletzt sein.

Die bauliche oder betriebliche Erweiterung oder Änderung eines Flugplatzes ist wesentlich und deshalb genehmigungsbedürftig, wenn durch sie die für das luftverkehrsrechtliche Genehmigungserfordernis maßgebenden Belange in rechtserheblicher Weise berührt sein können.

 

Normenkette

LuftVG § 6 Abs. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 2; LuftVZO §§ 40-41, 45 Abs. 2 S. 1; VwGO § 42 Abs. 2

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 29.01.1975; Aktenzeichen VI 954/72)

VG Stuttgart (Entscheidung vom 17.07.1972; Aktenzeichen IV 242/70)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. Januar 1975 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg, durch die der Beigeladenen mitgeteilt worden ist, die von ihr geplanten Baumaßnahmen am Flughafen Stuttgart seien nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 2 des Luftverkehrsgesetzes – LuftVG – genehmigungspflichtig.

Das Gelände des von der Beigeladenen betriebenen Flughafens Stuttgart liegt zu einem großen Teil auf der Gemarkung der Klägerin. Die Anfang 1970 vorhandene 2 550 m lange Start- und Landebahn verläuft ungefähr von West nach Ost. Die kürzeste Entfernung zwischen der Start- und Landebahn und der Ortsmitte beträgt rund 950 m. Die Abfertigungsgebäude und das Vorfeld des Flughafens liegen in seinem nordwestlichen Teil. Das Vorfeld ist mit der Start- und Landebahn durch ein Rollbahnsystem verbunden.

Im Dezember 1969 und im Januar 1970 zeigte die Beigeladene dem Beklagten an, daß sie beabsichtige, auf dem Flughafen eine Rollbahn E…, auch als “Schnellabrollweg E…” bezeichnet, sowie eine Rollbahn 2 (Süd) neu anzulegen. Durch den Schnellabrollweg E… soll die Start- und Landebahn mit dem Vorfeld verbunden werden. Er zweigt von ihr in nordwestlicher Richtung ab und ist so angesetzt, daß er die Landebahn für die von Osten her landenden Flugzeuge um etwa 900 m verkürzt. Die neue Rollbahn 2 (Süd) stellt eine das westliche Ende der Rollbahn H… mit dem Vorfeld verbindende Spange von 700 m Länge dar und läuft parallel zur Start- und Landebahn. Die beiden Bahnen wurden im August 1970 fertiggestellt und in Betrieb genommen.

Mit Schreiben vom 11. Februar 1970 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg der Beigeladenen mit, die beiden von ihr nach § 45 Abs. 2 Satz 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung – LuftVZO – angezeigten Bauvorhaben stellten keine wesentliche Erweiterung oder Änderung der Anlage oder des Betriebs des Flughafens dar und seien deshalb nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG genehmigungspflichtig.

Im Jahre 1971 erweiterte die Beigeladene das Vorfeld um rund 2,5 ha nach Osten. Der neu angelegte Teil des Vorfeldes schließt sich unmittelbar nördlich an die 1970 errichtete Rollbahn 2 (Süd) an.

Mit Schreiben vom 4. Mai 1971 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg der Beigeladenen mit, auch die Vorfelderweiterung sei keine wesentliche Änderung des Flughafens und bedürfe deshalb keiner luftverkehrsrechtlichen Genehmigung.

Die Klägerin hat Klage erhoben, mit der sie – zuletzt – beantragt hat:

1. die Bescheide des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11. Februar 1970 und vom 4. Mai 1971 insoweit aufzuheben, als darin entschieden worden ist, daß für den Bau der Rollbahn E…, der Rollbahn 2 (Süd) und die Erweiterung des Vorfeldes eine Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG nicht erforderlich sei;

2. den Beklagten zu verurteilen, für die genannten Baumaßnahmen ein Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG und ein Planfeststellungsverfahren nach den §§ 8 ff. LuftVG durchzuführen;

3. den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen die Ingebrauchnahme der Rollbahn E…, der Rollbahn 2 (Süd) und der Vorfelderweiterung zu untersagen;

4. hilfsweise, für den Fall der Unzulässigkeit der Anträge Ziff. 1 und 2, festzustellen, daß die Anlage der Rollbahn E… und der Vorfelderweiterung eines Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens bedurft hätte.

Zur Begründung ihrer Anträge hat die Klägerin im ersten und im zweiten Rechtszug im wesentlichen vorgetragen:

Es verletze ihre Planungshoheit, daß die neuen Anlagen des Flughafens hergestellt und in Betrieb genommen worden seien, ohne daß zuvor ein luftverkehrsrechtliches Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden sei. Durch die Baumaßnahmen werde die Kapazität der Start- und Landebahn wesentlich vergrößert. Das werde eine erhöhte Lärmbelästigung für die Bewohner der Anliegergemeinden zur Folge haben. Um den neuen Schnellabrollweg E… benutzen zu können, müßten die von Osten, der Hauptanflugrichtung, her anfliegenden Strahltriebflugzeuge zur Verkürzung des Bremsweges in verstärktem Umfang die sogenannte Schubumkehr anwenden, die eine extreme Lärmbelastung hervorrufe. In einem durchzuführenden luftverkehrsrechtlichen Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren müsse sie – die Klägerin – beteiligt werden. Sie könne dort, wenn schon die Genehmigung erteilt werde, jedenfalls darauf hinwirken, daß die erhöhte Lärm- und Abgasbelästigung durch entsprechende Auflagen reduziert werde.

Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben im wesentlichen vorgetragen:

Die Schreiben des Innenministeriums seien keine Verwaltungsakte. Die Anfechtungsklage sei deshalb unzulässig. Die Leistungsklage auf Durchführung eines Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahrens sei unbegründet. Der Schnellabrollweg E… und die neue Rollbahn 2 (Süd) seien innerhalb des schon vorhandenen Rollfeldes angelegt worden und nicht als eine erhebliche Vergrößerung der Flughafenanlagen anzusehen. Das gelte auch für die Vorfelderweiterung; denn die Erweiterungsflächen seien in unbefestigtem Zustand auch schon vorher zum Abstellen von Flugzeugen benutzt worden. Es treffe auch nicht zu, daß die Baumaßnahmen eine erhebliche Erhöhung des Lärmpegels zur Folge hätten; die Bauleitplanung der Klägerin werde durch sie nicht beeinflußt. Der Bau des Schnellabrollweges E… und der Rollbahn 2 (Süd) sowie die Erweiterung des Vorfeldes hätten deshalb keiner Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG bedurft. Aus diesem Grunde sei auch kein Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Jedenfalls handele es sich um einen Fall von unwesentlicher Bedeutung im Sinne von § 8 Abs. 2 LuftVG, weil durch den Ausbau des Flughafens Rechte anderer nicht beeinflußt worden seien.

Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11. Februar 1970 und vom 4. Mai 1971 insoweit aufgehoben, als darin entschieden worden ist, daß für den Bau des Schnellabrollwegs E…, der Rollbahn 2 (Süd) und die Erweiterung des Vorfeldes keine Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG erforderlich sei. Es hat den Beklagten ferner verurteilt, für diese Bauarbeiten ein Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG und ein Planfeststellungsverfahren nach den §§ 8 ff. LuftVG durchzuführen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Auf die gegen dieses Urteil eingelegten Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen hat das Berufungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert; es hat den Bescheid des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11. Februar 1970 nur insoweit aufgehoben, als darin entschieden worden ist, daß der Bau des Schnellabrollwegs E… keine wesentliche Erweiterung oder Änderung der Anlage oder des Betriebs des Flughafens darstelle und deshalb nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG genehmigungspflichtig sei. Im übrigen hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und die Berufungen zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist im wesentlichen wie folgt begründet:

Die Anfechtungsklage gegen die Mitteilungen des Innenministeriums vom 11. Februar 1970 und vom 4. Mai 1971 sei zulässig. Solche Mitteilungen der Luftverkehrsbehörde seien als Verwaltungsakte zu qualifizieren, die für alle Beteiligten verbindlich regelten, daß kein Genehmigungsverfahren und demzufolge auch kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werde. Die Klägerin könne auch geltend machen, in ihrem Selbstverwaltungsrecht und der daraus abgeleiteten Planungshoheit insoweit verletzt zu sein, als das Innenministerium entschieden habe, daß ein Genehmigungsverfahren für den Bau des Schnellabrollwegs E… nicht erforderlich sei. Denn damit sei ihr jede Möglichkeit einer Mitwirkung genommen worden. Allerdings werde nicht durch jede wesentliche Änderung oder Erweiterung eines Flughafens die Planungshoheit einer Gemeinde berührt. Die Betroffenheit einer Gemeinde könne sich aber aus erhöhten Lärmimmissionen ergeben, soweit sie diesen im Rahmen ihrer Planungshoheit Rechnung tragen müsse. Das sei bezüglich des Ausbaues des Schnellabrollwegs E… der Fall. Er stelle eine wesentliche Änderung der Anlage des Flughafens dar; denn er führe zu einer bedeutsamen Umlenkung des rollenden Verkehrs und habe dadurch erhebliche Auswirkungen auf die Landebewegungen. Seit der Inbetriebnahme des Schnellabrollweges E… verließen alle Kleinflugzeuge und etwa die Hälfte der Großflugzeuge die Start- und Landebahn nach einer Landung von Osten her über die Rollbahn E…. In bezug auf die Großflugzeuge sei dies zumindest ein gewichtiges Indiz dafür, daß sie seit der Öffnung des Schnellabrollweges E… beim Abbremsen nach der Landung verstärkt von der lärmintensiven Schubumkehr Gebrauch machten. Da die Entscheidung des Piloten über die Einleitung der Schubumkehr neben anderen Faktoren auch durch die Länge der Landebahn beeinflußt werde und etwa die Hälfte der von Osten her landenden Strahltriebflugzeuge mit der verkürzten Landebahn zum Schnellabrollweg E… auskämen, müsse die neue Abrollmöglichkeit jedenfalls statistisch als ein komponentkausaler Faktor der Einleitung von Schubumkehr in Rechnung gestellt werden. Durch die vermehrte Anwendung von Schubumkehr entstehe am Boden vermehrt und verstärkt Lärm. Das wirke sich insbesondere auf den Ortsteil Bernhausen aus, für den der Flughafen Stuttgart eine beherrschende Lage besitze. Eine besonders kritische Zone sei das mittlere Drittel der Start- und Landebahn, das an der Bebauung mit einem kürzesten Abstand von nur 400 m entlanggeführt sei. Für Baumaßnahmen am Flughafen, die zur Folge hätten, daß hier verstärkt Lärm entstehe oder entstehen könne, könne nicht angenommen werden, daß sie ohne Einfluß auf die Bauleitplanung der Klägerin blieben; sie seien daher nach dem Luftverkehrsgesetz genehmigungspflichtig. Demgegenüber seien der Ausbau der Rollbahn 2 (Süd) und die Erweiterung des Vorfeldes keine wesentliche Änderung oder Erweiterung des Flughafens. Sie hätten insbesondere keine wesentliche Kapazitätserweiterung zur Folge. Deshalb sei für sie auch keine luftverkehrsrechtliche Genehmigung erforderlich. Insoweit habe das Verwaltungsgericht die Schreiben des Innenministeriums vom 11. Februar 1970 und vom 4. Mai 1971 zu Unrecht aufgehoben. Die Leistungsklage auf Durchführung eines Genehmigungsverfahrens für den Ausbau des Schnellabrollwegs E… sei zwar zulässig, aber im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Zeit unbegründet. Die Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG dürfe nur auf Antrag erteilt werden. Der Beklagte könne deshalb ein Genehmigungsverfahren nur einleiten und durchführen, wenn der Unternehmer einen Genehmigungsantrag gestellt habe. Daran fehle es hier. Die Klage auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens sei ebenfalls unbegründet. Eine Anlage, die mangels Genehmigung schon nach § 6 LuftVG nicht angelegt und betrieben werden dürfe, sei nicht planfeststellungsfähig. Die Leistungsklage auf Durchführung eines Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahrens für den Bau der Rollbahn 2 (Süd) und für die Vorfelderweiterung sei unbegründet, weil es sich insoweit um nicht genehmigungspflichtige und daher auch nicht planfeststellungspflichtige Maßnahmen handele. Über die Feststellungsklage sei nicht zu entscheiden gewesen. Sie sei nur hilfsweise für den Fall erhoben worden, daß die Anfechtungsklage gegen die Schreiben des Innenministeriums als unzulässig abgewiesen werden sollte.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Er rügt die Verletzung des materiellen Bundesrechts und legt unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens dar, daß durch die angefochtenen Mitteilungen des Innenministeriums an die Beigeladene, soweit diese Mitteilungen überhaupt als Verwaltungsakte gewertet werden könnten, jedenfalls nicht in die Rechte der Klägerin eingegriffen werde. Der Beklagte stellt den Antrag, unter Änderung des Berufungsurteils und des erstinstanzlichen Urteils, soweit dieses in der Berufungsinstanz bestätigt worden ist, die Klage vollen Umfangs abzuweisen. Einen damit übereinstimmenden Antrag stellt auch die Beigeladene.

Die Klägerin tritt der Revision entgegen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO auf der Verletzung von Bundesrecht.

Gegenstand des Rechtsstreits ist im Revisionsverfahren nur noch das Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11. Februar 1970, und dieses auch nur noch insoweit, als darin die Mitteilung enthalten ist, der Neubau der Rollbahn E… (Schnellabrollweg E…) sei nicht genehmigungspflichtig nach § 6 Abs. 4 Satz 2 des Luftverkehrsgesetzes in seiner hier maßgebenden Fassung vom 4. November 1968 (BGBl. I S. 1113) – LuftVG –. Die Anfechtungsklage der Klägerin, mit der sie die Aufhebung der Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11. Februar 1970 und vom 4. Mai 1971 begehrt hatte, soweit in diesen Schreiben eine luftverkehrsrechtliche Genehmigungspflicht für den Bau der Rollbahn 2 (Süd) und die Vorfelderweiterung verneint wird, hat das Berufungsgericht ebenso abgewiesen wie die Leistungsklage auf Verurteilung des Beklagten zur Durchführung eines Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahrens. Die Klägerin hat insoweit keine Revision oder Anschlußrevision eingelegt; in diesem Umfang ist das Berufungsurteil rechtskräftig.

Soweit das Berufungsurteil danach der Prüfung in der Revisionsinstanz unterliegt, ist es mit seinen es tragenden Erwägungen frei von Rechtsfehlern. Es beruht in seinem Ausgangspunkt auf der Annahme, das von der Klägerin angefochtene Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11. Februar 1970 sei ein (feststellender) Verwaltungsakt und daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 42 VwGO anfechtbar. Dem ist beizupflichten.

Allerdings hat der Beklagte in den Vorinstanzen mit Recht geltend gemacht, daß sich diese Folgerung aus dem Wortlaut des Luftverkehrsgesetzes nicht ohne weiteres herleiten läßt. Dieses enthält in der Tat keine ausdrückliche Regelung über das Verfahren in jenen Fällen, in denen der Flughafenunternehmer gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 28. November 1968 (BGBl. I S. 1263) – LuftVZO – eine beabsichtigte bauliche oder betriebliche Erweiterung oder Änderung des Flughafens anzeigt und es nach Ansicht der Genehmigungsbehörde wegen nur unwesentlicher Bedeutung der geplanten Maßnahmen einer luftverkehrsrechtlichen Genehmigung nicht bedarf. Indessen ergibt sich aus dem Zweck des grundsätzlichen Genehmigungserfordernisses sowie aus dem Zusammenhang der das Genehmigungs- und der das Planfeststellungsverfahren betreffenden Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes, daß die Genehmigungsbehörde sowohl befugt als auch gehalten ist, auf eine nach § 45 Abs. 2 Satz 1 LuftVZO erstattete Anzeige des Flughafenunternehmers verbindlich darüber zu entscheiden, ob für die beabsichtigte Erweiterung oder Änderung ein Genehmigungsverfahren durchzuführen oder ob ein solches Verfahren nicht erforderlich ist.

Bauliche und betriebliche Erweiterungen und Änderungen eines Flughafens können nicht nur für den Flughafenunternehmer selbst, sondern auch für die Auswirkungen des Flughafens auf seine räumliche Umgebung, die Sicherheit des Luftverkehrs sowie die von der Luftfahrt ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung von erheblicher Tragweite sein. Sie können damit diejenigen öffentlichen und privaten Belange, deren Schutz das luftverkehrsrechtliche Genehmigungsverfahren dient, der Sache und der Intensität nach ebenso berühren wie die Neuanlage und die erstmalige Inbetriebnahme eines Flughafens. Deshalb entspricht es dem – auch durch die insoweit einheitliche Bußgeldvorschrift des § 58 Abs. 1 Nr. 3 LuftVG unterstrichenen – Zweck des luftverkehrsrechtlichen Genehmigungserfordernisses, daß Erweiterungen und Änderungen mit solchen Auswirkungen nicht anders als die Neuanlage und die erstmalige Inbetriebnahme eines Flughafens vor ihrer Ausführung einer Genehmigung bedürfen. Daraus ergibt sich notwendig, daß die Frage, ob eine angezeigte Erweiterung oder Änderung der Genehmigungspflicht unterliegt oder wegen unwesentlicher Bedeutung von der Genehmigungspflicht ausgenommen ist, nach dem vom Gesetz mit dem Genehmigungserfordernis erstrebten Ziel nicht offenbleiben darf, sondern vor der Ausführung der geplanten Maßnahmen von der Genehmigungsbehörde verbindlich geklärt werden muß.

Dem Fehlen einer dahin gehenden ausdrücklichen Regelung kann angesichts dieser Interessenlage keine maßgebende Bedeutung zukommen. Das gilt auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG. Sie enthält zwar für das Planfeststellungsverfahren eine ausdrückliche Ermächtigung der Planfeststellungsbehörde, die Entscheidung darüber zu treffen, ob bei Änderungen oder Erweiterungen der Flughafenanlage von unwesentlicher Bedeutung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVG eine Planfeststellung unterbleiben kann. Sie läßt aber nicht den Schluß zu, daß es, da das Gesetz eine entsprechende Ermächtigung zum Anwendungsbereich des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG für die Genehmigungsbehörde nicht ausspricht, an der hier vorausgesetzten Entscheidungsbefugnis der Genehmigungsbehörde fehle. Denn die Ermächtigung des § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG betrifft innerhalb der Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde eine Entscheidung, die das Genehmigungsverfahren in vergleichbarer Weise in Wirklichkeit nicht kennt.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ist die Planfeststellungsbehörde ermächtigt, bei Änderungen oder Erweiterungen der Flughafenanlage von unwesentlicher Bedeutung nach ihrem Ermessen darüber zu entscheiden, ob eine Planfeststellung (dennoch) durchzuführen ist oder ob von ihr ausnahmsweise abgesehen werden kann. Eine derartige Ermessensentscheidung ist im Genehmigungsverfahren nicht vorgesehen; zu einer solchen Ermessensentscheidung ist die Genehmigungsbehörde daher auch nicht befugt. Liegt im Sinne der für die Genehmigung maßgebenden Vorschriften keine wesentliche bauliche oder betriebliche Erweiterung oder Änderung vor, so entfällt die luftverkehrsrechtliche Genehmigungspflicht vielmehr von Gesetzes wegen. Der Genehmigungsbehörde obliegt es im Rahmen ihrer Zuständigkeit daher lediglich, nicht nach ihrem Ermessen, sondern in gesetzesgebundener Weise darüber zu entscheiden, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Genehmigung gegeben sind.

Diese ihre Entscheidung trifft die Genehmigungsbehörde als eine mit Außenwirkung versehene öffentlich-rechtliche Regelung eines Einzelfalles, mithin durch einen Verwaltungsakt (im Sinne jetzt des § 35 Satz 1 VwVfG). Für den Flughafenunternehmer stellt diese Entscheidung verbindlich klar, ob die von ihm geplante Maßnahme einer luftverkehrsrechtlichen Zulassung bedarf und daß er – bejahendenfalls – vor ihrer Verwirklichung nach Maßgabe des § 40 LuftVZO eine Genehmigung herbeiführen muß, wobei die Genehmigungsbehörde gemäß § 41 LuftVZO die Unterlagen zu bestimmen hat, die von dem Unternehmer mit seinem Genehmigungsantrag einzureichen sind. Für die von der geplanten Erweiterung oder Änderung potentiell betroffenen Dritten, insbesondere die Gemeinden und Gemeindeverbände, wird mit der Entscheidung der Genehmigungsbehörde zugleich auch über die Möglichkeit entschieden, die ihnen in einem Genehmigungsverfahren etwa zustehenden Mitwirkungsrechte wahrzunehmen und – soweit sie durch die Genehmigungsentscheidung im Rechtssinne beschwert sein können – gegen sie mit Rechtsbehelfen vorzugehen. Für alle Beteiligten hat die Entscheidung der Genehmigungsbehörde vorgreifliche Wirkung in bezug auf die Fälle, in denen die Erweiterung oder Änderung eines Flughafens außer einer Genehmigung auch einer Planfeststellung bedarf. Denn wenn die Genehmigungsbehörde die Genehmigung einer angezeigten Erweiterung oder Änderung des Flughafens nicht für erforderlich hält, so schließt sie damit zugleich auch die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens aus, für das das Vorliegen einer rechtswirksamen Genehmigung vorausgesetzt ist (vgl. dazu Urteil vom 22. März 1974 – BVerwG IV C 42.73 – in Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 6 S. 17 [24/25]). Aus alledem ergibt sich, daß die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über die Notwendigkeit einer Genehmigung bei geplanten baulichen oder betrieblichen Erweiterungen oder Änderungen eines Flughafens sowohl gegenüber dem Flughafenunternehmer als auch gegenüber den durch Erweiterungen oder Änderungen des Flughafens potentiell Betroffenen unmittelbare Rechtswirkungen hat und daher vom Berufungsgericht mit Recht als Verwaltungsakt angesehen worden ist (vgl. – für die Entscheidung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 LuftVG – Urteil vom 8. Oktober 1976 – BVerwG VII C 24.73 – in Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 S. 1 [4]).

Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß die Klägerin in einer den Anforderungen des § 42 Abs. 2 VwGO für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage genügenden Weise geltend gemacht hat, durch die hier angefochtene Entscheidung des Innenministeriums Baden-Württemberg in ihren Rechten verletzt zu sein. Diese ihre Rechtsschutzbehauptung würde unter dem Gesichtspunkt des § 42 Abs. 2 VwGO für die Zulässigkeit der Klage nur dann nicht ausreichen, wenn sie in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht in dem Sinne unschlüssig wäre, daß die von der Klägerin als verletzt behaupteten Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihr zustehen können (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Urteil vom 13. Juli 1973 – BVerwG VII C 6.72 – in BVerwGE 44, 1 [3]; Beschluß vom 13. Juni 1977 – BVerwG IV B 13.77 – in BVerwGE 54, 99 [100]). Davon kann hier nicht die Rede sein. Wie der erkennende Senat wiederholt entschieden hat, steht den Gemeinden und Gemeindeverbänden, die von der Anlage und dem Betrieb eines Flughafens mit möglicher Auswirkung auf ihre eigene Planungshoheit berührt werden können, ein subjektives Recht auf Beteiligung an einem den Flughafen betreffenden luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren zu. Das gilt sowohl für die Fälle, in denen die luftverkehrsrechtliche Zulassung eines Vorhabens allein und abschließend durch eine Genehmigung geschieht (vgl. dazu Urteil vom 14. Februar 1969 – BVerwG IV C 82.66 – in Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 2), als auch in den Fällen, in denen die luftverkehrsrechtliche Zulassung außer von einer Genehmigung auch noch von einer Planfeststellung abhängt (Urteil vom 7. Juli 1978 – BVerwG 4 C 79.76 u. a. – in BVerwGE 56, 110 [136] sowie Urteil vom 11. Dezember 1978 – BVerwG 4 C 13.78 – in Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 8 S. 1 [4]). Darauf kann sich die Klägerin, auf deren Gemarkung das Gelände des Flughafens der Beigeladenen zu einem großen Teil liegt, stützen, wenn sie mit ihrer Rechtsschutzbehauptung geltend macht, ihr werde durch die das Genehmigungserfordernis zu Unrecht verneinende Entscheidung des Innenministeriums die verfahrensrechtliche Rechtsposition rechtswidrig vorenthalten, die ihr in einem Genehmigungsverfahren zur Wahrnehmung ihrer materiellen Interessen eingeräumt wäre.

Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, daß die danach zulässige Anfechtungsklage auch begründet ist.

Das nach der zuvor angeführten Rechtsprechung des erkennenden Senats den Gemeinden und den Gemeindeverbänden in einem luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren zustehende subjektive Recht auf Beteiligung räumt ihnen im Sinne des Drittschutzes eine formelle Rechtsposition im Verwaltungsverfahren ein. Insoweit gehört es zu jenen Verfahrensregelungen, die nicht nur der Ordnung des Verfahrensablaufs dienen, sondern dem betroffenen Dritten in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, nämlich selbständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren, sei es im Sinne eines Anspruchs auf die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens überhaupt, sei es im Sinne eines Anspruchs auf die ordnungsgemäße Beteiligung an einem anderweitig eingeleiteten Verwaltungsverfahren (vgl. dazu Urteil vom 14. Dezember 1973 – BVerwG IV C 50.71 – in BVerwGE 44, 235 [239]; Urteil vom 11. Dezember 1978 – BVerwG 4 C 13.78 – a. a. O.). Das derart verselbständigte Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände auf Beteiligung am luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren kann demnach nicht nur dadurch verletzt sein, daß ihnen die nach Lage der Dinge gebotene Beteiligung an einem von der Genehmigungsbehörde durchgeführten Genehmigungsverfahren vorenthalten oder verkürzt wird, sondern ebenso auch dadurch, daß die Genehmigungsbehörde eine objektiv genehmigungspflichtige Maßnahme rechtswidrig für nicht genehmigungsbedürftig erklärt und die Gemeinde oder den Gemeindeverband auf diese Weise von der Möglichkeit ausschließt, ihre durch das Beteiligungsrecht geschützten materiellen Interessen in dem gebotenen Genehmigungsverfahren geltend zu machen.

Im Sinne der zuletzt genannten Alternative ist hier das Beteiligungsrecht der Klägerin verletzt worden: Entgegen der in dem Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 11. Februar 1970 enthaltenen Auffassung bedarf der von der Beigeladenen angezeigte Neubau der Rollbahn E… einer luftverkehrsrechtlichen Genehmigung; in dem daher erforderlichen Genehmigungsverfahren steht der Klägerin ein Beteiligungsrecht zu.

Das Berufungsgericht beantwortet die Frage, ob die Erweiterung oder Änderung von Anlage oder Betrieb eines Flughafens einer Genehmigung bedarf, in Anwendung der auch in dem angefochtenen Schreiben des Innenministeriums herangezogenen Vorschrift des § 6 Absatz 4 Satz 2 LuftVG. Das ist im Ergebnis richtig. Allerdings ist zu beachten, daß § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG – nimmt man ihn allein nach seinem Wortlaut – nicht das Erfordernis einer (Änderungs-)Genehmigung für wesentliche Erweiterungen und Änderungen zu enthalten scheint, sondern allein die Anordnung, daß bei wesentlichen Erweiterungen oder Änderungen die früher erteilte Genehmigung zu ändern sei. Diese Wortfassung beruht jedoch offensichtlich auf der redaktionellen Anknüpfung des Satzes 2 an den – in einem anderen Zusammenhang stehenden – Satz 1 des Absatzes 4 von § 6 LuftVG:

Die in Satz 1 angeordnete Anpassung der Genehmigung an abweichende Festsetzungen einer späteren Planfeststellung hat ihren Grund in der Zweistufigkeit des luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens für die sowohl genehmigungsals auch planfeststellungspflichtigen Flugplätze. Insoweit steht in der Tat eine lediglich nachvollziehende Änderung der in der ersten Verfahrensstufe erteilten Genehmigung zur Rede, wenn in der zweiten Stufe der Planfeststellung eine von der Genehmigung materiell abweichende Entscheidung getroffen wird. Die dadurch erreichte Einheitlichkeit der zweistufigen Zulassungsentscheidung mag entsprechend auch im Verhältnis zwischen der ursprünglichen Genehmigung und der Genehmigung einer Erweiterung oder Änderung von Bedeutung sein. Sie schöpft aber als Regelungsziel den § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG nicht aus. Er setzt vielmehr für die angeordnete Änderung der ursprünglichen Genehmigung die Notwendigkeit einer Zulassung von wesentlichen Erweiterungen und Änderungen der Anlage und des Betriebs eines Flughafens durch eine (Änderungs-)Genehmigung von eigenem sachlichen Entscheidungsgehalt sowie die Erteilung einer solchen Genehmigung in einem eigenen (Änderungs-)Genehmigungsverfahren voraus (insoweit in prinzipieller Übereinstimmung zum Beispiel mit § 15 Abs. 1 Satz 1 BImSchG und §§ 2 Abs. 2 und 9 Abs. 2 PBefG). Das ist von erheblicher Tragweite. Eine (Änderungs-)Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG stellt sich für die wesentliche Erweiterung oder Änderung als die Genehmigung nach § 6 Abs. 1 LuftVG dar mit der Folge, daß sie sowohl in ihrem verwaltungsverfahrensrechtlichen Entstehungsvorgang als auch in ihren materiellen Voraussetzungen den für die Genehmigung maßgebenden Vorschriften unterliegt, soweit nicht ausdrücklich anderes geregelt ist.

Im Sinne der so verstandenen Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG wird mit dem von der Beigeladenen geplanten (und inzwischen ausgeführten) Neubau der Rollbahn E… die Anlage und der Betrieb des Flughafens wesentlich geändert (wobei die hier unerhebliche Frage vernachlässigt werden kann, ob dem in der Vorschrift daneben verwendeten Merkmal “erweitert” eine eigenständige Bedeutung neben dem Merkmal “geändert” zukommen kann). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – BImSchG –, nach der in einer mit § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG vergleichbaren Weise die “wesentliche Änderung” einer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtigen Anlage einer (Änderungs-)Genehmigung bedarf, hängt die Genehmigungspflicht nicht davon ab, ob die durch das Genehmigungserfordernis geschützten Belange tatsächlich berührt sind, sondern ausschließlich davon, ob eine Berührung dieser Belange in Betracht kommt. Wesentlich sind Änderungen bereits immer dann, wenn sie – bezogen auf die hinter dem Genehmigungserfordernis stehenden Schutzgüter – nach ihrer Art oder nach ihrem Umfang zu einer erneuten Prüfung Anlaß geben, d. h., wenn sie sozusagen die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen; und das eben trifft zu, sobald jene Belange in rechtserheblicher Weise berührt sein können (vgl. Urteil vom 11. Februar 1977 – BVerwG IV C 9.75 – in Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 2 S. 1 [6]; ebenso, zu § 29 BBauG, Urteil vom 11. Februar 1977 – BVerwG IV C 8.75 – in Buchholz 406.11 § 29 BBauG Nr. 21 S. 7 [10]).

Für den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG kann im Grundsätzlichen nichts anderes gelten. Das bedeutet, daß die Änderung von Anlage oder Betrieb eines Flugplatzes immer dann wesentlich ist, wenn durch sie die für das luftverkehrsrechtliche Genehmigungserfordernis maßgebenden Belange, namentlich also die in § 6 Abs. 2 und 3 LuftVG genannten Belange, in rechtserheblicher Weise berührt werden oder auch nur berührt werden können.

Daß dies im vorliegenden Fall für die Rollbahn E… zutrifft, kann nach den mit Revisionsrügen nicht im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO angegriffenen und für das Bundesverwaltungsgericht daher verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Zweifeln unterliegen. Danach führt der Neubau der Rollbahn E… zu einer bedeutsamen Umlenkung des rollenden Verkehrs mit erheblichen Auswirkungen auf die Landebewegungen. Seinetwegen muß insbesondere mit der vermehrten Anwendung der lärmintensiven Schubumkehr gerechnet werden, durch die eine vermehrte und verstärkte Lärmentwicklung am Boden entsteht, besonders auf dem Mittelstück der Start- und Landebahn, das an der Bebauung des Ortsteils Bernhausen mit einem kürzesten Abstand von rund 400 m entlanggeführt ist.

Daraus hat das Berufungsgericht zu Recht geschlossen, daß durch den Neubau der Rollbahn E… (jedenfalls) der für das luftverkehrsrechtliche Genehmigungserfordernis erhebliche Belang des Schutzes der Umgebung vor Fluglärm in beachtlicher Weise berührt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, daß das Merkmal “Schutz vor Fluglärm” erst durch § 15 Nr. 1 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBl. I S. 282), also erst nach dem Erlaß des hier angefochtenen Verwaltungsakts, in § 6 Abs. 2 LuftVG aufgenommen worden ist. Denn der Schutz der Umgebung des Flughafens vor Fluglärm war auch schon vor dieser Gesetzesänderung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens als ein die öffentliche Sicherheit und Ordnung berührender Belang zu berücksichtigen. Das ergibt sich, von allem anderen abgesehen, aus dem seit der Neufassung vom 28. November 1968 unverändert gebliebenen § 40 Abs. 1 Nr. 10 LuftVZO. Danach ist im Genehmigungsverfahren das Gutachten eines technischen Sachverständigen über das Ausmaß des Lärms, der in der Umgebung des Flughafens zu erwarten ist, und eines medizinischen Sachverständigen über die Auswirkung dieses Lärms auf die Bevölkerung einzuholen, was die Pflicht der Genehmigungsbehörde selbstverständlich einschließt, diese Gutachten bei der Genehmigungsentscheidung zu würdigen.

Der angefochtene Bescheid des Innenministeriums Baden-Württemberg hat das Genehmigungserfordernis für den Bau der Rollbahn E… daher zu Unrecht verneint. Die Revision des Beklagten war demnach zurückzuweisen. Dementsprechend konnte auch der mit dem Begehren des Beklagten übereinstimmende Antrag der Beigeladenen keinen Erfolg haben. Dabei ist entsprechend der Klarstellung der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, der die Klägerin nicht entgegengetreten ist, davon auszugehen, daß die Beigeladene keine Anschlußrevision eingelegt, sondern ihren Antrag innerhalb der Revision des Beklagten gestellt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.

 

Unterschriften

Isendahl, Prof. Dr. Weyreuther, Dr. Korbmacher, Prof. Dr. Schlichter, Dr. Niehues

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2090827

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