Tenor

Die Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. März 2007 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Der Antragsteller trägt die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Erinnerungsverfahren auf 165 € festgesetzt.

 

Gründe

Der nach §§ 165, 151 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt erfolglos. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in dem angegriffenen Beschluss vom 12. März 2007 zu Recht entschieden, dass in dem Erinnerungsverfahren (BVerwG 4 KSt 1001.06/4 VR 1005.04) betreffend den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Mai 2006 in der Rechtssache BVerwG 4 VR 1005.04 die außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners zu erstatten sind.

Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern (Satz 1); in gerichtlichen Verfahren kann er die Gebühren in jedem Rechtszug fordern (Satz 2). Hierzu bestimmt § 19 Abs. 1 Satz 1 RVG, dass zu dem Rechtszug auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren gehören, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 RVG eine besondere Angelegenheit ist. Zu den Verfahren, die mit dem Rechtzug zusammenhängen, gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RVG insbesondere Verfahren über die Erinnerung (§ 573 ZPO). Diese Vorschrift kommt hier schon deshalb nicht zum Zuge, weil § 18 Nr. 5 RVG festlegt, dass “jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses richten”, eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 1 RVG ist, soweit sich aus § 16 Nr. 12 RVG nichts anderes ergibt. Letzteres ist nicht der Fall.

§ 18 Nr. 5 RVG ist entgegen dem Vorbringen des Antragsstellers im Wege der berichtigenden Auslegung auf Kostenfestsetzungen des Urkundsbeamten der verwaltungsgerichtlichen Geschäftsstellen zu erstrecken. Das ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

Nach § 164 VwGO setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs (bzw. der jeweiligen Rechtsmittelinstanz) auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Rechtspfleger i.S.d. Rechtspflegergesetzes gibt es bei den Verwaltungsgerichten nicht. Der Begriff des Urkundsbeamten ist nicht beamten- oder dienstrechtlich definiert; er ist ein prozessualer Funktionsbegriff (Stelkens, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 13 Rn. 9 m. w. N.). Die Festsetzung von Gerichts- und Anwaltskosten wird in der Regel Beamten des höheren oder gehobenen Dienstes mit entsprechender Ausbildung übertragen. Funktional betrachtet erfüllt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit der Kostenfestsetzung Aufgaben, die in der ordentlichen Gerichtsbarkeit dem Rechtspfleger zugewiesen sind. Bei der Kostenfestsetzung wird der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle als richterliches Organ tätig und ist deshalb insoweit an Weisungen nicht gebunden (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., 2005, § 164 Rn. 3). Gründe für eine unterschiedliche Kostenerstattungsregelung bei Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungen des Rechtspflegers und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sind nicht erkennbar. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle weist in dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss zu Recht darauf hin, dass bei einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung des § 18 Nr. 5 RVG wesentlich Gleiches ungleich behandelt würde. § 18 Nr. 5 RVG ist daher so zu verstehen, dass auch Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungen des Urkundsbeamten der verwaltungsgerichtlichen Geschäftsstellen erfasst werden (a. A. VG Regensburg, Beschluss vom 11. Juli 2005 – RN 11 S 03.2905 – AGS 2005, 549 = KostRsp. § 18 RVG Nr. 1 mit ablehnender Anmerkung von Lappe und N. Schneider).

Die Gesetzesmaterialien bestätigen dieses Ergebnis. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 15/1971 S. 193) soll § 18 Nr. 5 RVG klar stellen, “das Beschwerde- und Erinnerungsverfahren grundsätzlich eine besondere Angelegenheit bilden”. Ferner heißt es, die vorgeschlagene Regelung entspreche damit dem geltenden Recht für die derzeit im Dritten Abschnitt der BRAGO geregelten Verfahren. In diesem Abschnitt wurden Gebühren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in ähnlichen Verfahren geregelt. Nach § 37 Nr. 7 und § 61 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO war die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten bei Erinnerungen gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zusätzlich zu vergüten. Nach § 114 Abs. 1 BRAGO galten die Vorschriften des Dritten Abschnitts in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit sinngemäß. Der Gesetzesbegründung zu § 18 Nr. 5 RVG kann daher entnommen werden, dass das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten in Erinnerungsverfahren betreffend die Kostenfestsetzung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (§§ 164, 165 VwGO) nicht abschaffen wollte.

Aus der Aufzählung der Gebührentatbestände in Teil 3 des Gebührenverzeichnisses (Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG), den § 18 Nr. 5 RVG in Bezug nimmt, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Gebührentatbestände in Teil 3 erfassen auch Verfahren der “öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten” (so die Teil 3 vorangestellte Überschrift des Gesetzgebers, vgl. ferner Nr. 3103, 3302). In Nr. 3500 des Vergütungsverzeichnisses ist eine Verfahrensgebühr für die Erinnerung von 0,5 vorgesehen.

Einwendungen gegen die rechnerische Richtigkeit der Kostenfestsetzung hat der Antragsteller nicht erhoben.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Dr. Jannasch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1772088

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