Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OVG (Aktenzeichen 2 L 160/98)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. April 2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 279,54 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor.

1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde meint, eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache ergebe sich daraus, dass die Beklagte mit ihrer Zweitwohnungssteuersatzung – ZWStS – auch solche Zweitwohnungsinhaber zur Steuer veranlage, die ihre Zweitwohnung im Veranlagungszeitraum nicht tatsächlich genutzt hätten, sondern lediglich hätten nutzen können. Dies ermöglicht die Zulassung der Revision nicht, weil die damit aufgeworfene Problemstellung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist. So hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 10. Oktober 1995 (BVerwGE 99, 303 ff.) in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 1995 – 1 BvR 1800/94 u.a. – ≪NVwZ 1996, S. 57 f.≫) ausdrücklich entschieden, die Erfüllung eines einschlägigen Zweitwohnungssteuertatbestandes setze nicht die tatsächliche Nutzung durch den Wohnungsinhaber voraus, vielmehr genüge hierfür, wenn dieser die Zweitwohnung auch für den eigenen oder seiner Angehörigen Lebensbedarf „vorhalte”, d.h. sich die Möglichkeit der Eigennutzung offen halte. Dies deckt sich im Übrigen mit der Begriffsbestimmung, die das Bundesverwaltungsgericht von Beginn an der Zweitwohnungssteuer als einer Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG gegeben hat. Es handelt sich danach um eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (vgl. BVerwGE 58, 230 ff.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf neben der Hauptwohnung ist in diesem Zusammenhang ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Ebenso geklärt ist, dass allein aus dem Leerstand einer Zweitwohnung noch nicht unwiderleglich geschlossen werden kann, es handele sich um das zweitwohnungssteuerpflichtige Vorhalten der Wohnung für Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs (vgl. auch insoweit BVerwGE 99, 303 ≪306≫). Zusätzlicher Klärungsbedarf besteht danach insoweit nicht.

2. Auch nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kann die Revision nicht zugelassen werden.

a) Die Beschwerde rügt zunächst eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juni 1995 (a.a.O.) und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1999 (BVerwGE 109, 188 ff.). Sie nennt als abstrakten Rechtssatz aus diesen Entscheidungen die Aussage, zur Zahlung einer Zweitwohnungssteuer sei nicht schon verpflichtet, wer eine Wohnung im Gebiet der Gemeinde nur zur Gewinnerzielung an wechselnde Feriengäste vermiete und im Übrigen leerstehen lasse, weil er keine weiteren Mieter finde. Als dem widersprechend benennt die Beschwerdeführerin aus dem angefochtenen Urteil den Satz, zur Zahlung einer Zweitwohnungssteuer sei auch verpflichtet, wer eine Wohnung im Gebiet der Gemeinde nicht nur zur Gewinnerzielung an wechselnde Feriengäste vermiete, sondern im Übrigen leerstehen lasse, weil er keine weiteren Mieter finde. Damit kann eine Divergenz schon deswegen nicht begründet werden, weil sich der genannte Satz in dem Urteil der Vorinstanz nicht findet. Soweit daneben als abweichend die Aussage des Oberverwaltungsgerichts angeführt wird, die Erfüllung des Steuertatbestandes setze nicht die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch den Wohnungsinhaber voraus, sondern es genüge, wenn dieser die Zweitwohnung auch für den eigenen Lebensbedarf oder den seiner Angehörigen vorhalte, d.h. sich die Möglichkeit einer Eigennutzung offen halte, ist diese Passage in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (S. 8, 3. Absatz) enthalten, doch ist nicht ersichtlich, inwiefern er von den zitierten Aussagen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts abweichen sollte.

b) Die Beschwerde zitiert das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1999 (a.a.O.) weiter mit den Rechtssätzen, wenn eingangs des Steuerjahres eindeutig feststehe, dass eine Eigennutzungsmöglichkeit nur einen erheblich geringeren zeitlichen Umfang haben könne, sei das Festhalten an dem Jahresbetrag als Bemessungsgröße für diesen Aufwand unangemessen. Lediglich dann, wenn in Fällen der Mischnutzung zu Beginn des Veranlagungszeitraumes die Dauer der Eigennutzungsmöglichkeit offen sei, bleibe eine Typisierung der Bemessungsgrundlage vertretbar, die auf den Jahreszeitraum als Besteuerungsgrundlage abhebe. Dem wird als widersprechend die Aussage des Berufungsurteils (S. 10 unten) gegenübergestellt, eine Zuordnung nach dem Verhältnis der Vermietungstage und der Tage der Eigennutzung scheide schon deshalb aus, weil der Steuertatbestand den konsumtiven Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf auch ohne tatsächliche Inanspruchnahme der Zweitwohnung erfasse, mit anderen Worten, weil das Vorhalten der Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf zwar – einerseits – für die Zeiträume der Fremdvermietung auszuschließen, aber von der Zeitspanne der tatsächlichen Eigennutzung – andererseits – unabhängig sei. Auch hier ist ein Widerspruch zu der vorgenannten Aussage des Bundesverwaltungsgerichts nicht erkennbar. Vielmehr geht es dem Oberverwaltungsgericht in der fraglichen Passage allein um die Zuordnung vermietungsfreier und auch sonst ungenutzter Tage in Fällen der Mischnutzung einer Zweitwohnung. Dabei stehen die Ausführungen im Zusammenhang mit den Erörterungen des angefochtenen Urteils zum Steuermaßstab des Verfügbarkeitsgrades, durch dessen Einführung die Beklagte der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1999 Rechnung getragen hat.

c) Die Beschwerde hebt als abstrakten Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 65, 325 ff.) die Aussage hervor, das Wesen der Aufwandsteuer schließe es aber aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten ferneren Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen. Maßgeblich dürfe allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Ergänzend wird die Aussage aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1999 (a.a.O.) zitiert, eine Regelung, die das Halten einer weiteren Wohnung für andere Zwecke als der persönlichen Lebensführung der Zweitwohnungssteuer unterwerfe, verstoße gegen Bundesverfassungsrecht. Die Zweitwohnungssteuer sei als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar werde. Mit der Behauptung der Divergenz wird dem die Aussage des angefochtenen Urteils gegenübergestellt, die Erfüllung des Steuertatbestandes setze nicht die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch den Wohnungsinhaber voraus, sondern es genüge, wenn dieser die Zweitwohnung auch für den eigenen Lebensbedarf oder den seiner Angehörigen vorhalte, d.h. sich die Möglichkeit der Eigennutzung offen halte. Eine Divergenz liegt darin nicht. Das angefochtene Urteil befindet sich vielmehr in Übereinstimmung mit den in Anspruch genommenen rechtsgrundsätzlichen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. Nochmals ist darauf hinzuweisen, dass der Gegenstand der Zweitwohnungssteuer in dem Aufwand besteht, der in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird. Er entsteht auch dann, wenn eine Zweitwohnung nicht tatsächlich genutzt, sondern für eine persönliche Nutzung vorgehalten wird, also für Zwecke der persönlichen Lebensführung genutzt werden kann.

d) Auch eine Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 2000 – BVerwG 11 C 12.99 – (zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmt) ist nicht zu verzeichnen. Die Beschwerde bezeichnet auch hier die bereits zuvor unter 2. c) wiedergegebene Passage aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts. Sie zitiert als damit im Widerspruch stehend folgende Passage aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 2000:

„Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (BVerfGE 16, 64 ≪74≫; 49, 343 ≪354≫; 65, 325 ≪346≫). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung, die keinen besonderen Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG darstellt (BVerwG, Urteil vom 29. November 1991 – BVerwG 8 C 107.89 – Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17), unterscheidet, andererseits aber keineswegs eine besonders aufwendige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt. Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Daran kann folglich auch beim Kläger angeknüpft werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (so ausdrücklich BVerfGE 65, 325 ≪347/348≫).”

Wiederum liegt ein Widerspruch in den genannten Rechtssätzen nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Storost, Kipp, Vallendar

 

Fundstellen

Dokument-Index HI565742

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