Entscheidungsstichwort (Thema)

Anmeldefrist für Restitutionsanträge. Ausschlußfrist. Nachsichtgewährung. Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz. Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Die ausnahmeweise Nachsichtgewährung wegen Versäumung der Ausschlußfrist des § 30 a VermG setzt neben dem staatlichen Fehlverhalten weiter voraus, daß durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck des § 30 a VermG nicht verfehlt wird; dabei ist es unerheblich, ob das staatliche Verschulden bei der für die Entscheidung über den vermögensrechtlichen Anspruch zuständigen Behörde oder einer sonstigen staatlichen Stelle liegt.

Der Einwand, die Revision könne nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, weil Tatsachen, die vorliegen müßten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Fragen sich in einem Revisionsverfahren stellen könnten, von der Vorinstanz nicht festgestellt wurden, kann der Beschwerde dann nicht entgegengehalten werden, wenn die in der Vorinstanz ordnungsgemäß beantragte Sachverhaltsaufklärung nur deswegen unterblieben ist, weil das Tatsachengericht die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage anders als der Beschwerdeführer beantwortet und deswegen die Beweisaufnahme als nicht entscheidungserheblich abgelehnt hat.

Zu den Anforderungen an die Rüge, die mündliche Verhandlung habe unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Verhandlung stattgefunden.

 

Normenkette

VermG § 30a; VwGO §§ 55, 132 Abs. 2 Nr. 1, § 138 Nr. 5; GVG § 169 S. 1

 

Verfahrensgang

VG Gera (Entscheidung vom 21.07.1999; Aktenzeichen 6 K 1573/96 GE)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 21. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Weder liegt die behauptete Divergenz zwischen dem angefochtenen Urteil und Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch kommt der Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Der weiter gerügte Verfahrensverstoß (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht substantiiert dargetan.

1. Der Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) setzt voraus, daß die angefochtene Entscheidung mit einem sie tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht (stRspr, vgl. u.a. Beschluß vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 ≪11≫). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich sämtlicher von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht vor.

a) Die angefochtene Entscheidung weicht nicht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – (BVerwGE 101, 39 = Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 2) im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ab. Vielmehr legt das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung unter ausdrücklichem Hinweis auf das genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts den Rechtssatz zugrunde, daß die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a VermG ausnahmsweise unbeachtlich ist, wenn sie erstens auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Anmelder seine Rechte nicht wahren kann, und wenn zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck des § 30 a VermG nicht verfehlt wird. Entgegen der Ansicht der Beschwerde enthält die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine Einschränkung dahin gehend, daß das zweite Erfordernis nur dann gelte, wenn die Frist aufgrund des Verschuldens einer dritten Behörde versäumt wurde, nicht aber bei einem Verschulden des zuständigen Amts zur Regelung offener Vermögensfragen. Eine derartige Differenzierung läßt sich dem Urteil vom 28. März 1996 nicht entnehmen, so daß das Verwaltungsgericht davon auch nicht abgewichen sein kann.

b) Der weiter von der Beschwerde angeführte Beschluß vom 27. November 1995 – BVerwG 7 B 290.95 – (Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 1) enthält in dem hier interessierenden Zusammenhang lediglich den Hinweis, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Fällen der Versäumung einer Ausschlußfrist die zur Entscheidung berufene Behörde ausnahmsweise durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert sein kann, dem antragstellenden Bürger die Fristversäumung entgegenzuhalten. Diese allgemeine Aussage hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall nicht in Frage gestellt. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Nachsichtgewährung in Betracht kommt, hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung nicht näher ausgeführt, so daß das Verwaltungsgericht mit dem von der Beschwerde angegriffenen Rechtssatz auch nicht von derartigen Ausführungen abgewichen sein kann.

c) Die drei weiteren von der Beschwerde angeführten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts aus den Jahren 1966, 1974 und 1984 beziehen sich sämtlich nicht auf die Fristvorschrift des § 30 a VermG, so daß sie als Maßstab für eine Divergenzrüge von vornherein ausscheiden, zumal das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – (a.a.O. S. 45 bzw. S. 7) klargestellt hat, daß sich die Ausnahmen von der strikten Regelung einer Ausschlußfrist nicht allgemeingültig, sondern nur im Einklang mit dem Regelungsbereich, in dem die Ausschlußfrist wirkt, und im Blick auf die ihr dort zugemessene Funktion bestimmen lassen.

2. Dem Rechtsstreit kommt auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beschwerde bezeichnet die Frage als grundsätzlich bedeutsam,

ob die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a VermG ausnahmsweise unbeachtlich ist, wenn sie auf ein Fehlverhalten der zur Entscheidung berufenen Behörde bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Anmelder seine Rechte nicht wahren kann, ohne daß es darauf ankommt, ob durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck des § 30 a VermG verfehlt wird.

Hinsichtlich dieser Frage besteht kein Klärungsbedarf. Vielmehr setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. außer dem Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – a.a.O. auch Beschluß vom 25. März 1998 – BVerwG 7 B 36.98 – Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 5 S. 10 ≪11≫ sowie Beschlüsse vom 14. April 1998 – BVerwG 8 B 21.98 –, vom 22. Dezember 1998 – BVerwG 8 B 250.98 –, vom 26. Januar 1999 – BVerwG 8 B 208.98 –, vom 1. Juni 1999 – BVerwG 8 B 126.99 – und vom 16. Juni 1999 – BVerwG 8 B 144.99 – jeweils n.V.) die ausnahmeweise Nachsichtgewährung wegen Versäumung der Ausschlußfrist des § 30 a VermG neben dem staatlichen Fehlverhalten weiter voraus, daß durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck des § 30 a VermG nicht verfehlt wird. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 28.95 – (a.a.O. S. 46 bzw. S. 8) im einzelnen mit dem Sinn und Zweck der Ausschlußfrist begründet. Dafür war es ersichtlich unerheblich, ob das staatliche Verschulden bei der für die Entscheidung über den vermögensrechtlichen Anspruch zuständigen Behörde oder einer sonstigen staatlichen Stelle liegt. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, daß durch die dargestellte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus verfassungsrechtlicher Sicht Härtefällen ausreichend Rechnung getragen wird (BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Oktober 1998 – 1 BvR 1730/98 – ZOV 1999, 23 = VIZ 1999, 146 und der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Januar 2000 – 1 BvR 1398/99 – BA S. 12). Inwiefern ein darüber hinausgehender Klärungsbedarf bestehen sollte, wird von der Beschwerde nicht dargelegt.

Die Revision könnte im übrigen auch dann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn man das Vorbringen der Beschwerde dahin gehend verstehen wollte, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob die zweite Voraussetzung für die Nachsichtgewährung ausnahmsweise dann entfalle, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde durch ihr pflichtwidriges Verhalten bewußt die rechtzeitige Antragstellung habe verhindern wollen; denn einen solchen Sachverhalt hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Sind aber Tatsachen, die vorliegen müßten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Fragen sich in einem Revisionsverfahren stellen könnten, von der Vorinstanz nicht festgestellt worden, so kann die Revision im Hinblick auf diese Fragen nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 30. Juni 1992 – BVerwG 5 B 99.92 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43 und vom 5. September 1996 – BVerwG 9 B 387.96 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12 S. 18 ≪19 f.≫). Dieser Einwand kann der Beschwerde zwar dann nicht entgegengehalten werden, wenn die in der Vorinstanz ordnungsgemäß beantragte Sachverhaltsaufklärung nur deswegen unterblieben ist, weil das Tatsachengericht die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage anders als der Beschwerdeführer beantwortet und deswegen die Beweisaufnahme als nicht entscheidungserheblich abgelehnt hat. In einem solchen Fall könnte nämlich der Beschwerdeführer auch nicht erfolgreich einen Verfahrensmangel wegen unterbliebener Sachverhaltsaufklärung geltend machen, weil es auch in diesem Zusammenhang allein auf die materielle Rechtsansicht des Tatsachengerichts ankommt, selbst wenn diese unzutreffend sein sollte. Ist dagegen die Aufklärung des Sachverhalts aus anderen Gründen als der materiellen Rechtsansicht des Tatsachengerichts unterblieben, ohne daß dies erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen wird, verbleibt es wegen der Vorschrift des § 137 Abs. 2 VwGO bei dem dargelegten Grundsatz (vgl. auch Pietzner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: März 1999, § 132 Rn. 44). So liegt der Fall hier. Das Verwaltungsgericht hat ausweislich der Sitzungsniederschrift die Beweisanträge der Kläger mit der Begründung abgelehnt, daß es sich zum einen nicht um entscheidungserhebliche Tatsachen handele und zum anderen um Ausforschungsanträge. Auch die zweite Begründung war hier geeignet, die Zurückweisung der Beweisanträge selbständig zu tragen. Schon die Formulierung der Beweisanträge enthielt keine eindeutigen Tatsachenbehauptungen, sondern lediglich Fragen. Aber auch wenn man davon absieht, konnte das Verwaltungsgericht die Anträge zurückweisen, weil die – unterstellten – Behauptungen ohne jede nähere Substantiierung – gleichsam „ins Blaue” hinein – erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurden. So fehlt es insbesondere an näheren Angaben darüber, wem und zu welchem Zeitpunkt genau die Akteneinsicht verweigert wurde und aus welchem Grunde diese nicht vor Ablauf der Antragsfrist doch noch erreicht werden konnte. Weiter lassen sich dem Vorbringen der Kläger keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, worauf sie die Behauptung stützen wollten, die Aktenverweigerung habe dem Ziel gedient, eine rechtzeitige Antragstellung durch die Kläger zu verhindern.

3. Die Beschwerde kann schließlich auch nicht wegen der erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg haben.

a) Die Beschwerde hat nicht substantiiert dargetan, daß bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Verhandlung „öffentlich” im Sinne von § 55 VwGO in Verbindung mit § 169 Satz 1 GVG, wenn sie in Räumen stattfindet, die während der Dauer der Verhandlung grundsätzlich jedermann zugänglich sind. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn die Eingangstür des Gerichtsgebäudes verschlossen ist, Zuhörer sich aber mit Hilfe einer Klingel Einlaß verschaffen können (Beschlüsse vom 23. November 1989 – BVerwG 6 C 29.88 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 91 S. 37 ≪38 f.≫ und vom 25. Juni 1998 – BVerwG 7 B 120.98 – Buchholz 300 § 169 GVG Nr. 9 S. 3; vgl. auch Beschluß vom 22. April 1988 – BVerwG 4 ER 202.88 – Buchholz 300 § 169 GVG Nr. 5 S. 1 ≪2 f.≫). Unerheblich ist daher das Vorbringen der Beschwerde, die innere der beiden Eingangstüren zum Gericht sei verschlossen gewesen und habe nur durch einen elektrischen Türöffner aus der Pförtnerloge geöffnet werden können. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang auch, wenn die Pförtnerloge vorübergehend unbesetzt war und der Besucher deswegen einige wenige Minuten warten mußte, bis auf sein Klingeln hin ein Mitarbeiter des Gerichts erschien. Erheblich wäre daher nur die weitergehende Behauptung der Beschwerde, der Pförtner habe Auskunft darüber verlangt, in welchem Verfahren der Besucher das Gerichtsgebäude betreten möchte, was er in diesem Verfahren wolle und welche Rolle er im Prozeß spiele und ob er schließlich eine Ladung zum Termin vorweisen könne, da außer den Bediensteten des Gerichts nur die Prozeßbeteiligten das Gerichtsgebäude betreten dürften und er dies überprüfen müsse. Insofern ist der Beschwerde einzuräumen, daß die Vorschriften über die Öffentlichkeit dann nicht mehr gewahrt wären, wenn der Pförtner nur Verfahrensbeteiligten Zugang gewährte. Ein solcher Sachverhalt ist aber nicht substantiiert dargetan. Der Präsident des Verwaltungsgerichts hat in einer dienstlichen Stellungnahme ausgeführt, es sei in der Vergangenheit wiederholt vorgekommen, daß Personen das Gericht betreten hätten, die sich aus Unbeholfenheit in dem mehrgeschossigen Gebäude nicht zurechtgefunden hätten. Die Wachtmeister seien deshalb mit seiner Billigung dazu übergegangen, ihnen unbekannte Personen auf ihr Begehren anzusprechen. Dies geschehe aber weisungsgemäß in keinem Fall zu Kontrollzwecken, sondern ausschließlich in der Absicht, den Besuchern die Orientierung im Hause zu erleichtern. Es bestehe auch eine eindeutige Weisung, daß der Zugang in keinem Fall von der Beantwortung der gestellten Fragen abhängig gemacht werde. Die mit den Aufgaben der Wachtmeisterei beauftragten Mitarbeiter des Gerichts, die beide am Tag der mündlichen Verhandlung in der vorliegenden Sache im Dienst gewesen seien, hätten auf getrennte Befragung dem Präsidenten gegenüber erklärt, daß ihnen die dienstliche Anweisung, den Zugang zu den Sitzungssälen während der Sitzung zu gewährleisten, bekannt sei. Auf Nachfrage hätten beide erklärt, daß es einen Streit über die Zugangsberechtigung nicht gegeben habe, der – wie von der Beschwerde behauptet – mit der Ankündigung geendet habe, den Zutritt durch Einschaltung des Präsidenten zu erzwingen. Wenn die Beschwerdeführer, denen die dienstliche Stellungnahme des Präsidenten des Verwaltungsgerichts zur Kenntnis und Stellungnahme zugeleitet worden ist, dennoch an ihrer gegenteiligen Schilderung des Vorfalls festhalten wollten, hätten sie diesen durch nähere Angaben dazu substantiieren müssen, welche Person genau die behaupteten Äußerungen an der Eingangstür gemacht haben soll. Statt dessen hat die Beschwerde lediglich vorgetragen, es bleibe bei dem bisherigen Vortrag. Der Präsident des Verwaltungsgerichts habe den gerügten Sachverhalt weitgehend eingeräumt. Auch wenn man von der Sachverhaltsvariante des Präsidenten des Verwaltungsgerichts ausgehe, läge bereits eine Verletzung der Öffentlichkeit der Verhandlung vor. Dies ist aber – wie ausgeführt – nicht der Fall.

Es kommt hinzu, daß tatsächliche Hindernisse, durch die Zuhörern der Zugang zum Sitzungssaal verwehrt wird, nur dann einen erheblichen Verstoß gegen die Öffentlichkeit des Verfahrens darstellen, wenn sie von dem (erkennenden) Gericht bemerkt werden oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten bemerkt werden können (Urteil vom 26. März 1981 – BVerwG 5 C 89.79 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 31 S. 1 f., Beschluß vom 18. Januar 1984 – BVerwG 9 CB 444.81 – NJW 1985, 448; BGH, Urteile vom 10. Juni 1966 – 4 StR 72/66 – NJW 1966, 1570 und vom 18. Dezember 1968 – 3 StR 297/68 – NJW 1969, 756 ≪757 f.≫). Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Prozeßbevollmächtigte der Kläger zwar in der Verhandlung das Fehlen der Öffentlichkeit mit der Begründung gerügt, die zweite Eingangstür sei verschlossen und könne nur vom Pförtner geöffnet werden, man müsse dem Pförtner vor dem Öffnen der Tür den Zweck des Besuches bei Gericht erklären, erst dann werde die Tür geöffnet. Ob darüber hinaus gegenüber dem Gericht auch mitgeteilt wurde, der Pförtner vertrete die Ansicht, nur Prozeßbeteiligte hätten Zutritt zum Gericht, läßt sich der protokollierten Erklärung jedenfalls nicht entnehmen. Auch insoweit hätte die Beschwerde ihr Vorbringen näher substantiieren müssen, zumal die Behauptung in der Beschwerdebegründung, die Kammer habe das beanstandete Verfahren als übliche Praxis beim dortigen Verwaltungsgericht bezeichnet, gegen die auch keine Bedenken aus der Sicht der Kammer bestünden, in der dienstlichen Stellungnahme des Richters am Verwaltungsgericht L. in dieser Form bestritten wurde. Richtig sei nur, daß das Gericht erklärt habe, es sei üblich, daß die Eingangstür nur auf Knopfdruck aus der Wachtmeisterei geöffnet werden könne.

b) Die von der Beschwerde weiter erhobene Verfahrensrüge bezüglich der unterbliebenen Beweisaufnahme kann – wie bereits oben zu 2. ausgeführt – keinen Erfolg haben, weil die behaupteten Tatsachen nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 13, 14 GKG.

 

Unterschriften

Sailer, Golze, Postier

 

Fundstellen

Haufe-Index 566808

NJW 2001, 698

BVerwGE, 61

NVwZ 2000, 1298

ZAP-Ost 2000, 302

NJ 2000, 440

SGb 2001, 73

BayVBl. 2000, 600

OVS 2000, 228

ThürVBl. 2000, 235

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