Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der Dienststelle im Sinne des § 6 BPersVG. Abordnung Vorübergehende Zuweisung an andere Grenzschutzabteilung innerhalb eines Grenzschutzkommandos keine –. Umsetzung Vorübergehende Zuweisung eines Grenzschutzbeamten an eine andere Dienststelle eines Grenzschutzkommandos als nicht mitbestimmungspflichtige –

 

Leitsatz (amtlich)

Die zeitlich befristete Zuweisung eines Beamten des Bundesgrenzschutzes an eine andere Dienststelle innerhalb eines Grenzschutzkommandos ist keine „Abordnung” und bedarf auch bei Wechsel des Dienstortes nicht der Mitbestimmung des Personalrats (im Anschluß an Beschluß vom 3. Juli 1990 – BVerwG 6 P 10.87 –).

 

Normenkette

BBG § 27; BGSG § 43; BPersVG § 6 Abs. 1, § 76 Abs. 1 Nrn. 4-5, § 85 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Beschluss vom 01.03.1989; Aktenzeichen 17 OVG B 5/88)

VG Hannover (Beschluss vom 22.02.1988; Aktenzeichen PB VG 1/87)

 

Tenor

Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – vom 1. März 1989 und des Verwaltungsgerichts Hannover – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen in Hildesheim – vom 22. Februar 1988 werden aufgehoben.

Der Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Es wird festgestellt, daß die Anordnung des Grenzschutzkommandos Nord, Polizeiobermeister Dörger vom 9. Februar bis 5. Juni 1987 unter Beibehaltung der bisherigen Planstelle von der Grenzschutzabteilung Nord 6 zur Grenzschutzabteilung Nord 2 umzusetzen, der Zustimmung des Bezirkspersonalrats nicht bedurfte.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit Schreiben vom 16. Januar 1987 teilte das Grenzschutzkommando Nord dem Antragsteller, dem bei ihm gebildeten Bezirkspersonalrat, mit, daß beabsichtigt sei, u.a. den bei der Grenzschutzabteilung Nord 6 in Duderstadt tätigen Polizeiobermeister D. für die Zeit vom 16. Februar bis zum 5. Juni 1987 als zusätzlichen Ausbilder für einen Gruppenführerlehrgang zur Grenzschutzabteilung 2 in Uelzen umzusetzen. Der Antragsteller stimmte der beabsichtigten Maßnahme im Hinblick auf den Familienstand des Beamten in Verbindung mit der Entfernung des Heimatortes zum Dienstort Uelzen nicht zu.

Nachdem der Kommandeur des Grenzschutzkommandos mitgeteilt hatte, eine Benachteiligung des Beamten im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG sei nicht zu erkennen, hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt, festzustellen, daß seine Zustimmung zu der gegenüber dem Polizeiobermeister D. getroffenen Anordnung nicht als erteilt gelte.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit der Begründung stattgegeben, es handele sich um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme im Sinne des § 76 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 BPersVG.

Hiergegen hat der Kommandeur des Grenzschutzkommandos Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluß zu ändern und den Antrag abzulehnen sowie festzustellen, daß die Anordnung, den Beamten unter Beibehaltung der bisherigen Planstelle von der Grenzschutzabteilung Nord 6 zur Grenzschutzabteilung Nord 2 umzusetzen, nicht der Zustimmung des Bezirkspersonalrats bedurfte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde und den Gegenantrag im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen: Die Beschwerde und der im Wege einer sachdienlichen Antragsänderung geltend gemachte Gegenantrag seien zwar zulässig, aber unbegründet. Die gegenüber dem Beamten getroffene Anordnung habe der Mitbestimmung des Antragsteilers unterlegen. Allerdings sei der Mitbestimmungstatbestand der Umsetzung (§ 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG) nicht gegeben, denn nur eine auf Dauer angelegte Umsetzung sei mitbestimmungspflichtig. Eine Umsetzung bedeute außerdem die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes innerhalb derselben Dienststelle. Hier sei der vorübergehende Einsatz des Beamten jedoch mit einem Wechsel der Dienststelle verbunden gewesen, so daß sich die Maßnahme trotz ihrer anderen Bezeichnung der Sache nach personalvertretungsrechtlich als Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten im Sinne des § 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG darstelle. Dem stehe nicht entgegen, daß Grenzschutzabteilungen keine organisationsrechtliche Selbständigkeit besäßen. Es genüge, daß ein Wechsel zu einer anderen Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne des § 6 BPersVG vorliege. Das sei hier der Fall gewesen. Die als Außenstellen des Grenzschutzkommandos eingerichteten Grenzschutzabteilungen seien als Dienststellen im Sinne von § 6 BPersVG anzusehen. Zu der als Abordnung zu qualifizierenden Maßnahme gegenüber dem Beamten gelte die Zustimmung des Antragstellers nicht als erteilt, denn er habe sie gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG mit beachtlichen Gründen verweigert.

Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 1) die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt, was in der Formel des vorliegenden Beschlusses entschieden worden ist. Er hat geltend gemacht, bei der umstrittenen Maßnahme handele es sich um eine mitbestimmungsfreie „Umsetzung” im Sinne des § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG.

Der Antragsteller verteidigt den angegriffenen Beschluß und tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen. Er macht im wesentlichen geltend, es handele sich um eine Umsetzung für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten, die wie eine Abordnung gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG beteiligungspflichtig sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts sowie zur Zurückweisung des Antrags des Antragstellers und zu der vom Beteiligten zu 1) begehrten Feststellung.

Zwar ist mit dem Beschwerdegericht davon auszugehen, daß es sich bei der umstrittenen Maßnahme nicht um eine Einsatzregelung im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG handelt, bei der eine Beteiligung der Personalvertretung nicht stattfindet, und daß auch keine nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG mitbestimmungspflichtige Umsetzung vorliegt. Nicht gefolgt werden kann aber der Auffassung, die vom Beteiligten zu 1) angeordnete Umsetzung des Beamten D. für die Zeit vom 9. bzw. 16. Februar bis zum 5. Juni 1907 sei zwar wegen ihrer Befristung nicht nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 mitbestimmungspflichtig, es handele sich aber um eine nach § 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG mitbestimmungspflichtige Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten.

Dazu ist im einzelnen zu bemerken: Der Einsatz des Polizeiobermeisters D. bei der Grenzschutzabteilung 2 in Uelzen vom 9. bzw. 16. Februar bis 5. Juni 1987 war eine Umsetzung. Soweit das Beschwerdegericht davon ausgeht, eine Umsetzung innerhalb der Dienststelle, die mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist, sei nur dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie auf Dauer angelegt sei, ist ihm zu folgen. Dies ergibt sich aus der in § 76 Abs. 1 Nr. 4 ebenso wie in § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG vorgenommenen Gleichstellung der Umsetzung innerhalb der Dienststelle mit der Versetzung zu einer anderen Dienststelle (vgl. Altvater u.a., BPersVG, 3. Aufl., § 75 Rdnr. 18; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rdnr. 63; Fischer/Goeres in Fürst, GKÖD V, K § 75 Rz 39 und 21 b). Angesichts dieser Gleichstellung ist aus rechtssystematischen Gründen davon auszugehen, daß der Begriff der Umsetzung zwar nach dem Beamtenrecht bestimmt wird, daß die Voraussetzungen für die Mitbestimmungspflicht nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz im gegebenen Zusammenhang enger auszulegen sind, als dies nach beamtenrechtlichen Grundsätzen der Fall ist. Der Gesetzgeber will ersichtlich nicht schon jede kurzfristige Änderung des zugewiesenen Dienstpostens, auch wenn sie mit einem vorübergehenden Wechsel des Dienstortes verbunden ist, der Mitbestimmung unterwerfen. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die nur vorübergehende „Umsetzung” löse zwar das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung noch nicht aus, es sei aber angezeigt, die Personalvertretung – ähnlich wie bei einer Abordnung – dann zu beteiligen, wenn diese Umsetzung über den Zeitraum von drei Monaten hinausgehe (vgl. Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., § 75 Rn. 21; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 75 Rn. 59), fehlt es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage. Während etwa § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW die Mitbestimmung des Personalrats sowohl bei der Versetzung zu einer anderen Dienststelle als auch bei der Umsetzung innerhalb der Dienststelle „für eine Dauer von mehr als drei Monaten” sowie dann vorschreibt, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist, fehlt es im Bundespersonalvertretungsrecht an einer solchen Regelung für zeitlich befristete Umsetzungen. Es erscheint nicht angängig, die in §§ 75 Abs. 1 Nr. 4, 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG für Abordnungen für eine Dauer von mehr als drei Monaten vorgesehene Mitbestimmungspflicht auf von vornherein befristete Umsetzungen innerhalb der Dienststelle auszudehnen. Eine solche Erweiterung der Mitbestimmungsbefugnisse – etwa nach dem Muster der Regelung Nordrhein-Westfalens – muß dem Bundesgesetzgeber überlassen bleiben, falls er hierfür ein Bedürfnis sieht.

Die hier vom Beteiligten zu 1) angeordnete Beschäftigung des Beamten D. für die Dauer von etwa dreieinhalb Monaten bei einer anderen Grenzschutzabteilung innerhalb des Grenzschutzkommandos Nord war deshalb entgegen der anscheinend zunächst vom Beteiligten zu 1) vertretenen Auffassung nicht nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG mitbestimmungspflichtig.

Dem Beschwerdegericht kann nicht gefolgt werden, soweit es meint, bei der umstrittenen Maßnahme handele es sich um eine nach § 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG mitbestimmungspflichtige Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten. Wie der Senat in seinem Beschluß vom 3. Juli 1990 – BVerwG 6 P 10.87 – (Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 18 = PersV 1990, 540) für den Fall einer aus disziplinarischen Gründen auf Dauer angelegten – wenn auch wegen Fehlens der für erforderlich gehaltenen Zustimmung des Personalrats mehrfach befristeten – Umsetzung eines Grenzschutzbeamten zu einer anderen Einheit innerhalb eines Grenzschutzkommandos ohne Wechsel des Dienstortes näher ausgeführt hat, ist der Mitbestimmungstatbestand des § 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG nur dann gegeben, wenn dem Beamten vorübergehend eine neue Tätigkeit bei „einer anderen Dienststelle” desselben oder eines anderen Dienstherrn übertragen wird (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BBG). Die Abordnung unterscheidet sich von der Umsetzung dadurch, daß sie mit einem Dienststellenwechsel verbunden ist. Für den Begriff der Dienststelle im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 BBG ist nicht der personalvertretungsrechtliche Dienststellenbegriff in § 6 BPersVG maßgebend.

Für die Frage, ob der Beamte im Sinne des § 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG „abgeordnet” wird, kommt es somit auf das für ihn geltende Statusrecht und den verwaltungsorganisatorischen Aufbau der Dienststelle an, der er angehört. Eine Abordnung zu einer anderen Dienststelle liegt nicht schon deshalb vor, weil diese Dienststelle – wie hier die Grenzschutzabteilung Nord 2 – personalvertretungsrechtlich möglicherweise als eigene Dienststelle im Sinne von § 6 Abs. 1 BPersVG anzusehen ist und demgemäß auch einen eigenen Personalrat hat (vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG). Zutreffend hat die Rechtsbeschwerde darauf hingewiesen, daß es sich bei den Grenzschutzabteilungen eines Grenzschutzkommandos organisations- und haushaltsrechtlich lediglich um Außenstellen des Grenzschutzkommandos handelt. Die vorübergehende Zuweisung einer anderen Aufgabe an einen Beamten innerhalb des Grenzschutzkommandos Nord ist deshalb nicht als mitbestimmungspflichtige Abordnung, sondern als Umsetzung einzustufen, die bei einer von vornherein vorgesehenen Befristung auch dann nicht mitbestimmungspflichtig ist, wenn sie mit einem vorübergehenden Wechsel des Dienstorts verbunden ist. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergibt sich dies aus § 43 BGSG, wonach u.a. die Grenzschutzkommandos Mittelbehörden und die ihnen nachgeordneten Grenzschutzämter Unterbehörden sind. Den Grenzschutzkommandos obliegt in funktioneller Hinsicht insbesondere im Bereich des Beamtenrechts unmittelbar die Durchführung von Verwaltungsaufgaben. Nach dem im genannten Beschluß des Senats vom 3. Juli 1990 erwähnten Erlaß des Bundesministers des Innern vom 5. September 1984 – P III 3 – 660215/8 – ist u.a. die Befugnis, Beamte zu versetzen, abzuordnen oder umzusetzen, ausschließlich den Mittelbehörden übertragen. Die Verbände und Einheiten, wie z.B. die Grenzschutzabteilungen, sind also nicht berechtigt, die ihnen zugewiesenen Beamten zu versetzen oder ihnen andere Dienstposten zu übertragen. Bei den Abteilungen eines Grenzschutzkommandos handelt es sich mithin nicht um nachgeordnete Behörden, sondern um unselbständige Organisationseinheiten, denen wesentliche personal- und organisationsrechtliche Befugnisse fehlen. Die Anordnung der vorübergehenden Beschäftigung bei einer anderen Grenzschutzabteilung innerhalb eines Grenzschutzkommandos kann daher nicht als „Abordnung” an eine andere Dienststelle, sondern nur als „Umsetzung” qualifiziert werden, die nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG auch bei Wechsel des Dienstorts wegen ihrer Befristung nicht der Mitbestimmung des Antragstellers unterlag.

Nach alledem war der Antrag des Antragstellers unter Aufhebung der Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen. Dem Gegenantrag des Beteiligten zu 1), den das Beschwerdegericht mit Recht als sachdienliche Antragsänderung angesehen und für den es sinngemäß auch ein Rechtsschutzinteresse bejaht hat, war stattzugeben, da das vom Antragsteller geltend gemachte Mitbestimmungsrecht auch nicht aus anderen Gründen gegeben war.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Dr. Niehues, Nettesheim, Ernst, Albers, Dr. Vogelgesang

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1214353

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge